Süßes aus dem Chiemgau
Sterne-Restaurant und Weltmeister-Titel: Die Rottauerin Birgit Kunkel verrät ihr Pralinen-Geheimnis
Im malerischen Rottau vermutet man guten Speck, vielleicht auch Most. Aber dass dort Pralinen und Marmeladen auf höchstem Niveau produziert werden - das wissen die wenigsten. Die OVB-Heimatzeitungen haben sich auf eine kulinarische Spurensuche begeben.
Grassau – Eigentlich ist Birgit Kunkels Sohn schuld. 2016 besuchte er die achte Klasse der Waldorfschule und brauchte eine Projektarbeit für den Unterricht. Und kam auf das Thema Pralinen. Heute, sechs Jahre später, mag ihr Sohn zwar immer noch Schokolade. Aber für Birgit Kunkel aus Rottau hat sich viel verändert.
Birgit Kunkel stellt Pralinen her. Und was für welche – die ehemalige Mitarbeiterin im Marketing bei Apple bemalt ihre süßen Stückchen von Hand und beliefert die Spitzengastronomie unter dem Markennamen „Gut Gilg“.
Zwar habe gutes Essen schon immer eine Rolle in ihrem Leben gespielt, erzählt die 62-Jährige im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. „Aber Schokolade hat damals keine so große Rolle gespielt“, sagt Kunkel. Sie fängt jedoch schnell Feuer für die süße Masse, als sie mit ihrem Sohn einen Pralinenkurs macht.
Schokolade nie heißer als 40 Grad
Es folgen weitere Fortbildungen, eigenes Ausprobieren. Um die Pralinen legal verkaufen zu dürfen, legt sie 2019 sogar bei der Industrie- und Handelskammer München eine Prüfung ab.
Heute verfügt sie über professionelles Equipment, das in einem Seitenraum ihrer privaten Küche in Grassau untergebracht ist. In dem unscheinbaren Raum steht unter anderem ein Gerät, das Schokolade temperiert. „Das ist ganz wichtig: Nie mehr als 40 Grad Celsius!“, sagt die Patissière. Sie nutze fast ausschließlich Rohstoffe in Bioqualität. Da kann es schon mal sein, dass die Haselnüsse aus der Türkei durchfallen: „Die aus dem Piemont sind einfach besser!“
Kunkels Anspruch ist nicht nur geschmacklicher Natur, sondern auch optischer. Ihre Pralinen als kleine Kunstwerke zu bezeichnen, ist fast eine Untertreibung: Zuerst fällt einem der Glanz auf. Denn Kunkels Pralinen sehen alle anders aus und sind kunstvoll bemalt.
„Es hängt sehr stark davon ab, welchen Pinsel ich benutze“, sagt die Rottauerin. Ein grober Pinsel ergibt Rillen, teils nutze sie auch eine Art Schwamm am Stil. „Ich probier mich da so durch, manchmal schneide ich mir auch selbst etwas zu“, erzählt Kunkel.
Doch ihre Pralinen sehen nicht nur schön aus. Man schmeckt, dass nur beste Zutaten für die Füllung gewählt werden. Doch es liegt nicht nur daran: „Meine Pralinen sind nicht so süß wie andere.“ Tatsächlich sind ihre Pralinen nicht schwer, sondern leicht und sehr geschmacksintensiv.
Das Geheimnis: Olivenöl
In ihnen verbirgt sich außerdem ein Geheimnis. Denn Birgit Kunkel benutzt keine Sahne, sondern Olivenöl. Wer jetzt an den intensiven Geschmack von sattem trüben Olivenöl denkt, der liegt falsch: Man schmeckt es nicht, selbst wenn man es weiß. „Der Vorteil liegt in der Haltbarkeit“, sagt die Pralinenkünstlerin. Denn im Unterschied zu sahnehaltigen Pralinen, die bei richtiger Haltung nur drei Wochen halten, können Kunkels Pralinen bis zu zwei Monate gelagert werden.
Pralinen für „Das Achental“
1200 Pralinen liefert Kunkel dem Resort „Das Achental“ in Grassau jeden Monat in zwei Chargen. Drei bis vier Tage braucht sie, um eine Charge anzufertigen. Das Hotel habe auch die Möglichkeiten, die Pralinen bestmöglich zu lagern: „Es braucht eine Kühlung, die möglichst wenig Restfeuchte hat.“ Kunkel hat sich deshalb einen Pralinenkühlschrank angeschafft – von Weinkühlschränken für Pralinen rät sie eher ab wegen der Feuchtigkeit. Außerdem verkauft sie an Privatpersonen.
Wer als Laie schon mal Pralinen gemacht hat, ist schnell mal entnervt. Da klebt die Schokolade in den Formen, die Füllung zerfließt und die Deko misslingt völlig. Schweißgebadet lassen viele Hobbyköche dann den Kochlöffel fahren. Das kennt auch Kunkel.
„Also selbst wenn was misslingt – es schmeckt ja trotzdem gut“, sagt die Pralinenköchin. Mit der Zeit habe sie einfach viel gelernt: „Einfach üben!“
Von der Amateurin zur Weltmeisterin
Dass Übung den Meister macht, gilt nicht nur für Pralinen, sondern auch für Marmelade, das zweite Standbein der Rottauerin. Für diese ist sie sogar Weltmeisterin geworden: Beim internationalen Dalemain Wettbewerb für Marmeladen wurde ihre Grapefruit & Limequat-Marmelade mit Gold ausgezeichnet. Zudem hat sie Silber für ihre Konfitüre aus Sevilla-Orangen bekommen sowie die Sorte Zitrone und Jasmin. Bronze erhielt Kunkel für Orange und Rotwein sowie „Orange& Udzungwa“.
