Alte Luftaufnahmen zeigen hunderte Einschläge
Sie fiel am 25. April 1945: Die Geschichte hinter der jüngsten Traunsteiner Fliegerbombe
Es war der letzte von vier Luftangriffen, der am 25. April 1945 auf Traunstein geflogen wurde - vorrangiges Ziel: ein Umspannwerk nahe der Chiemseestraße. Der Blindgänger vom Donnerstag tauchte nur wenige Meter daneben auf. Wir beleuchten die Geschichte zu den Bombardierungen und zeigen aufschlussreiche Luftbilder mit hunderten Bombenkratern vom Tag des Angriffs.
Traunstein - 56 Bomber der US-Army waren es, die am 25. April 1945 Kurs auf Traunstein nahmen. Ein weiterer Luftangriff stand der Stadt bevor. Und es sollte der letzte sein. Acht Tage später wurde Traunstein im Zweiten Weltkrieg kampflos den Amerikanern übergeben. Mit großer Wahrscheinlichkeit dürfte es ein Blindgänger jenes letzten Luftangriffs gewesen sein, der am Donnerstag (17. August) nahe der Chiemseestraße gefunden wurde. Denn das vorrangige Ziel der Bomber befand sich nur einen Steinwurf vom Fundort entfernt: ein Umspannwerk, das später an derselben Stelle wieder errichtet wurde.
Luftaufnahmen von jenem 25. April 1945 hat Christian Focke chiemgau24.de zur Verfügung gestellt. Der Traunsteiner Geschichtsexperte bekam sie vor zwei Jahren von einer US-Veteranengruppe. Die Bilder zeigen überraschend scharf die hunderten Einschläge rund um die Chiemseestraße und die Wegscheid in Traunstein. Ein zweites Bild vom gleichen Tag wurde genau dann gemacht, als die Bomben entlang der Chiemseestraße einschlugen. Die Bebauung verschwindet dort unter den Staubwolken. Nicht nur am vorigen Donnerstag, auch im September 2020 wurden zuletzt zwei Blindgänger an der Chiemseestraße gefunden.
Zehn Meter Durchmesser und fünf Meter Tiefe hatten die meisten der Bombentrichter. Doch natürlich traf es am 25. April 1945 nicht nur das Umspannwerk selbst. Die Bomber warfen ihre zerstörerische Last gewöhnlicherweise aus etwa 6000 Metern Höhe ab. Auch etliche Häuser wurden getroffen. Elf Tote hatte Traunstein an dem Tag zu verzeichnen - wesentlich weniger als Städte in der Umgebung: Auch Freilassing, Bad Reichenhall, Salzburg und Hallein wurden am 25. April 1945 von den US-Fliegern angegriffen. Bad Reichenhall meldete damals 200 Tote, Freilassing 76.
Warum der Traunsteiner Bahnhof schon zuvor ausgeschaltet wurde
Den schwersten Luftangriff hatte Traunstein damals schon hinter sich. Genau eine Woche zuvor, am 18. April 1945, wurde die Stadt noch wesentlich härter getroffen. Die US-Bomber hatten da vor allem den Bahnhof als Ziel. Die Luftaufnahmen zeigen das Bahnhofsareal bereits schwer zerstört. Über den Traunsteiner Bahnhof liefen damals die Lieferungen aus der Heeresmunitionsanstalt bei St. Georgen und aus der Gasmunitionsfabrik Hörpolding. Der Luftangriff am 18. April 1945 verlief in vier Wellen und dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Über 100 Traunsteiner kamen ums Leben.
Bei den Luftangriffen auf Traunstein wurden 38 Hauptgebäude völlig oder schwer beschädigt. Trotzdem: 90 Prozent der 3233 Wohnungen in der Stadt galten zum Kriegsende als „nicht reparaturbedürftig“. Am 3. Mai 1945 wurde Traunstein kampflos an die US-Armee übergeben. Doch noch am selben Tag erschossen SS-Männer 61 KZ-Häftlinge bei Wüstenreit, nordwestlich von Lauter. Sie kamen ursprünglich aus dem Konzentrationslager Flossenbürg nahe Weide in der Oberpfalz und wurden in einem sogenannten Todesmarsch über die Lande getrieben.
Um die 15 Prozent aller Weltkriegsbomben Blindgänger
Allein fünf Blindgänger wurden in den letzten Jahren in Traunstein gefunden. Auch vorige Woche, am 9. August, tauchte eine Bombe ohne Zünder an der Rupertistraße auf. Wie viele noch unter der Erde liegen, weiß niemand. „Seriöse Zahlen darüber, wie viele Bombenblindgänger sich noch im Boden befinden gibt es für Bayern nicht“, so eine Sprecherin des Bayerischen Innenministeriums gegenüber chiemgau24.de. Diplom-Geograph Michael Huber schätzt, dass zehn bis 20 Prozent aller abgeworfenen Bomben Blindgänger waren. Viele seien wohl aber schon kurz nach den Luftangriffen geräumt worden.
Zwei Sprengmeister starben: Entschärfung in Salzburg ging 2003 schief
63 Blindgänger waren es, die beispielsweise 2020 in ganz Bayern gefunden wurden. Fast immer gehen die Entschärfungen dabei reibungslos über die Bühne. Ein tragischer Unfall ereignete sich aber am 17. Juli 2003 im Salzburger Ortsteil Schallmoos: Eine 240-Kilo-Bombe detonierte, zwei Sprengmeister kamen dabei ums Leben, zwei weitere Personen wurden schwer verletzt. 2011 explodierte eine Weltkriegsbombe in München-Unterföhring in den Isarauen unbemerkt. Und 2006 wurde eine unbemerkte Bombe wohl durch Bauarbeiten bei Aschaffenburg zur Detonation gebracht, ein Arbeiter verlor sein Leben.
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