Waldkraiburger halbes Jahr nach Urteil wieder angeklagt
Noch mehr Buben missbraucht? Wie der erste Prozess weitere Opfer wachrüttelte
Weil er Buben schwer missbrauchte, wurde ein Waldkraiburger (57) erst im Januar zu langer Haft verurteilt, doch bereits während des Prozesses gab es neue Vorwürfe – ab heute läuft der nächste Prozess: Drei weitere Kinder soll er vergewaltigt haben, darunter auch seinen leiblichen Sohn.
Update, 16.52 Uhr - Noch mehr Buben missbraucht? Wie der erste Prozess weitere Opfer wachrüttelte
Es war der 23. November vorigen Jahres. Die Verhandlung gegen den heute 57-Jährigen wegen schweren Kindesmissbrauchs lief, der Prozesstag wurde beendet, dann kamen wieder Polizisten auf den Angeklagten zu: Es gibt neue Vorwürfe und einen neuen Haftbefehl. Der Waldkraiburger war damals mit einer elektronischen Fußfessel auf freien Fuß, doch dann ging es wieder hinter Gitter. Jetzt berichtet eine Kripo-Beamtin dem Traunsteiner Landgericht, wie es zu den neuen Hinweisen damals kam.
„Der leibliche Sohn des Angeklagten hat in der Zeitung von dem Prozess gelesen und hat dann auch Anzeige bei der Polizeiinspektion Mühldorf erstattet“, so die Kriminalpolizistin. Heute ist der mutmaßlich Geschädigte 37 Jahre alt. „Er meinte, er hätte es bis jetzt niemandem anvertraut und nur mit sich selbst verarbeitet.“ Der Prozess und die Berichterstattung darüber waren für ihn dann aber Anlass genug, sich an die Polizei zu wenden.
Auch wenn die erste Tat rund 30 Jahre zurückliegt, habe er sich daran noch genau erinnern können: „Er erzählte von einer Wohnung über einem Lokal in Töging“, so die Polizistin. Von einer „großen Anzahl“ massiver Übergriffe habe er berichtet, immer wieder in der Wohnung des Angeklagten. Und über den 37-Jährigen kam die Polizei an weitere Namen weiterer Männer, die wohl Opfer des Waldkraiburgers wurden. Auch sie vertrauten sich schließlich der Polizei an.
Ein viertes, mutmaßliches Opfer, das die Kripo ausfindig machen konnte, weigerte sich aber, Angaben zu machen. „Alle leiden noch heute unter dieser Situation. Es fiel ihnen emotional ganz schwer, die Details zu schildern, so als würden sie es nochmal durchleben müssen“, berichtet die Polizistin von den ersten Vernehmungen mit den Geschädigten. Alle Aussagen seien in ihren Augen aber schlüssig gewesen, keiner hätte Belastungseifer gezeigt.
Der Prozess wird am morgigen Mittwoch fortgesetzt. Ein mutmaßliches Missbrauchsopfer wird als Zeuge aussagen.
Update, 14.54 Uhr – Angeklagte schweigt vor Gericht
Traunstein/Waldkraiburg - Nach der Verlesung der Anklage ist jetzt der Angeklagte an der Reihe. Beim letzten Prozess wies er alle Anschuldigungen von sich, beschuldigte gar die Mütter der betroffenen Kinder, ihn belasten zu wollen – heute schweigt er lieber. „Mein Mandant äußert sich nicht zu den Vorwürfen. Zumindest noch nicht zum jetzigen Zeitpunkt“, so Verteidiger Axel Reiter.
Auskunft gibt der 57-Jährige derzeit nur über seine Biografie und seine persönlichen Verhältnisse. Viele Teile davon werden mit seinem Einverständnis aber aus der letzten Verhandlung übernommen – bei der Vorsitzenden Richterin Heike Will sind die Erinnerungen ohnehin noch frisch. Sie führte auch den jüngsten Prozess von Oktober bis Januar gegen den Waldkraiburger.
Zuletzt arbeitete der Angeklagte, wie bereits bekannt war, als Busfahrer im Landkreis Rosenheim. Während der nun angeklagten Taten, die sich zwischen 1992 und 2005 abgespielt haben sollen, hatte er verschiedenste Jobs: Unter anderem in der Elektroindustrie, im Baugewerbe oder in der Gastronomie. In Waldkraiburg war er auch mal Betreiber einer Bar.
Als erste Zeugin im Prozess wird nun eine Kriminalpolizistin erwartet: Sie wird das Traunsteiner Landgericht aufklären, wie man auf die weiteren Fälle kam – und was die mutmaßlichen Opfer gegenüber der Polizei sagten.
Update, 11.27 Uhr – Ehemaliger Busfahrer bereits früher verurteilt
Es ist gerade mal ein halbes Jahr her, dass ein 57 Jahre alter Waldkraiburger schon mal hier saß – genau auf derselben Anklagebank im Verhandlungssaal 136 im Landgericht. Auch die Vorwürfe sind dieselben: schwerer sexueller Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung. Im Januar wurde der Mann zu neun Jahren Haft verurteilt. Die Taten spielten sich zwischen 2019 und 2021 ab. Doch die Justiz bekam weitere Hinweise: Jetzt geht es um angeklagte Missbrauchsfälle von 1992 bis 2005.
Der Mann sitzt genauso ruhig und augenscheinlich entspannt da, wie auch bei der letzten Verhandlung. Damals leugnete er bis zuletzt alle Übergriffe auf Buben, die er als Busfahrer im Landkreis Rosenheim kennenlernte. Diesmal geht es sogar um seinen leiblichen Sohn: Der Waldkraiburger soll ihn viermal vergewaltigt haben, als der Sohn zwischen fünf und zehn Jahre alt war. „Tu es, sonst tu ich Dir weh“, soll er ihm beim ersten Missbrauch gedroht haben. Auch einen Gürtel erwähnt die Staatsanwaltschaft, mit dem er das Kind geschlagen und gefesselt haben soll.
Und es gibt laut Staatsanwaltschaft zwei weitere Opfer: einen Freund seines Sohnes und ein Bub, den er in einem Waldkraiburger Lokal kennenlernte. Bei den mutmaßlichen Taten waren die beiden zehn bzw. elf Jahre alt. Laut Anklage spielten sich alle Taten immer in den Wohnungen und Schlafzimmern des 57-Jährigen ab. Bei allen drei geht es um brutalsten Kindesmissbrauch und Vergewaltigungen auf verschiedene Weise – Details werden wir hier nicht nennen. Auch zusätzliche Gewalt, Würgen, Faustschläge und Drohungen seien immer wieder im Spiel gewesen.
Die Verlesung der Anklageschrift brauchte alleine knapp 20 Minuten – jetzt ist der Angeklagte am Zug.
Vorbericht:
Die Fälle (mutmaßlich) vergewaltigter Buben in und um Waldkraiburg ziehen immer größere Kreise: Ein 57-Jähriger steht ab Dienstag (11. Juli) wegen schweren Kindesmissbrauchs erneut vor dem Traunsteiner Landgericht. Erst im Januar wurde er wegen genau der gleichen Taten schuldig gesprochen - neun Jahre Haft wurden verhängt. Doch die Justiz hat in der Zwischenzeit neue Fälle ermittelt: drei weitere Buben soll der Waldkraiburger vergewaltigt haben, darunter auch seinen leiblichen Sohn.
Insgesamt viermal soll der Mann seinen Sohn vergewaltigt haben, als der zwischen fünf und zehn Jahre alt war. Außerdem soll er das Kind dazu auch teils bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen und ihm mit dem Tod bedroht haben. Laut Staatsanwaltschaft spielten sich die Taten in den Jahren 1992 bis 1998 ab. Ein Freund seines Sohnes soll ebenfalls durch den Waldkraiburger zum Missbrauchsopfer geworden sein. Zehn Jahre alt sei der Bub gewesen, als er vergewaltigt worden sein soll. Bei ihm zählt die Anklage insgesamt fünf Übergriffe auf.
Elf neue Fälle von schwerem Kindesmissbrauch?
Der dritte Fall erinnert noch mehr an die Taten im jüngsten Prozess gegen den 57-Jährigen: Einen Elfjährigen lernte er laut Staatsanwaltschaft in der Öffentlichkeit, in einem Waldkraiburger Lokal, kennen und erschlich sich sein Vertrauen. Sogar die Vaterrolle habe der Angeklagte eingenommen - als der Bub schließlich bei dem Mann daheim übernachtete: immer wieder Vergewaltigungen, Missbrauch und Würgen, so die Anklage. Die missbrauchten Kinder im jüngsten Prozess lernte der Mann teilweise durch seine Arbeit als Busfahrer im Landkreis Rosenheim kennen.
Beim letzten Mal stritt er bis zuletzt alles ab - ohne Erfolg
Man darf gespannt sein, wie der Waldkraiburger diesmal zu den Vorwürfen steht. Als er zuletzt vor Gericht stand, leugnete er die Taten bis zuletzt. Die Verteidigung forderte Freispruch. „Lüge! Alles Lüge“, hieß es damals. „Ich bin nur meiner Arbeit nachgegangen und habe keine Kinder angefasst.“ Seine Erklärung für die Vorwürfe: die Eltern der missbrauchten Kinder hätten sich gegen ihn verschworen und wollten ihm eine Falle stellen. Das Gericht sah es anders und verurteilte den Waldkraiburger zu neun Jahren Haft.
Angeklagt ist der 57-Jährige jetzt erneut wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Insgesamt neun Verhandlungstage sind vorgesehen. Mit einem Urteil wird in der vierten Augustwoche gerechnet. Der Prozess beginnt am Dienstag um 9.30 Uhr vor dem Traunsteiner Landgericht.
innsalzach24.de wird aktuell von der Verhandlung berichten.
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