Skilegende wurde nur 72 Jahre
Verstorbene Rosi Mittermaier - darum flogen ihr alle Herzen zu
Rosi Mittermaier - es dürfte kaum jemanden geben, der die im Alter von 72 Jahren Verstorbene nicht ins Herz geschlossen hatte. Das Geheimnis dieser großen öffentlichen Zuneigung war dabei nicht nur der Sport...
Reit im Winkl/Garmisch-Patenkirchen - Allüren? Für Rosi Mittermaier, aufgewachsen in Reit in Winkl im Chiemgau, ein Fremdwort. Sie feierte schon in jungen Jahren unglaubliche Erfolge als Sportlerin und hätte nach ihrem sehr frühen Karriereende mit 25 Jahren wie viele andere auch in Vergessenheit geraten können. Doch ihre Herzlichkeit, ihre Natürlichkeit und ihr Lachen haben sie in den Herzen der Deutschen fest verankert. Wo immer „Gold-Rosi“ auftauchte, flogen ihr die Sympathien zu. Die Ski-Ikone starb jetzt am 4. Januar 2023 im Kreis ihrer Familie.
„Sie war eine Seele von Mensch. Rosi Mittermaier war freundlich und bescheiden, immer hilfsbereit, für jede gute Sache zu haben - ungeachtet der Funktion, in der sie unterstützen konnte. Der Sport hat ihr Werte wie Freundschaft und Fairness vermittelt, und diese Werte hielt sie ihr Leben lang hoch“, sagt Franz Steinle, Präsident des Deutschen Skiverbands.
Mittermaier liebte das Skifahren wie kaum eine andere. „Das reine Skifahren ist für mich immer noch das Schönste, was es gibt und wo mir immer das Herz aufgehen wird“, sagte die Alpin-Ikone einmal. 1976 erreichte sie den Höhepunkt ihrer sportlichen Laufbahn, gewann drei Medaillen bei Olympia, vier bei der WM und den Gesamtweltcup. „Gold-Rosi“ war geboren. „Im olympischen Dorf habe ich Badewannen voll Blumen bekommen. Ich habe dann erst später realisiert, was da alles passiert war“, erinnerte sich Mittermaier 2020.
Plötzlich war sie ein Popstar. Überall wurde „Rosi“ erkannt. Zu viel Trubel für die bodenständige Oberbayerin aus dem beschaulichen Reit im Winkl. „In meinem Elternhaus war ein ganzes Zimmer voll mit Post und Paketen. In einem Monat sind 27 000 Briefe gekommen, das hat uns der Postbote erzählt, der ist total narrisch geworden“, sagte Mittermaier 2020 anlässlich ihres 70. Geburtstags.
Mit 25 Jahren ein Superstar - trotzdem Rückzug ins Private
Auf dem Höhepunkt beendete Mittermaier 1976 mit nur 25 Jahren ihre Karriere. Unbeschwertes Skifahren war einfach nicht mehr möglich. Privat führte sie ein unaufgeregtes Leben, fernab von Glanz und Glamour. Bereut hatte die Oberbayerin diese Entscheidung nie, auch wenn es sich gerade zu Beginn komisch angefühlt hatte. „Ich war auf einmal mit fremden, älteren Menschen wie Firmenchefs auf Messen, in Sporthäusern oder wichtigen Kunden bei Abendessen. Und das weltweit“, erzählte Mittermaier.
Trotz ihrer großen sportlichen Erfolge wollte sich „Gold-Rosi“ nie nur auf die Leistungssportlerin reduzieren lassen. Deutschlands Sportlerin des Jahres 1976 schloss nach ihrem Karriereende zahlreiche Sponsorenverträge ab und baute sich eine eigene Existenz auf. Mittermaier engagierte sich für gesellschaftliche Zwecke, war Schirmherrin der Kinder-Rheuma-Stiftung und wurde 1997 nationale Botschaftern für Sport, Toleranz und Fair Play. Als Werbebotschafterin bereiste die bayerische Frohnatur die Welt.
Mittermaier und Neureuther: Ihr Rezept fürs Eheglück
Fast mehr noch als durch ihr großes wohltätiges Engagement beeindruckte Rosi Mittermaier die Menschen durch ihren Familiensinn. 42 Jahre war sie skandalfrei mit dem ebenfalls ehemaligen Skistar Christian Neureuther (73) verheiratet. In dieser Zeit waren die beiden kaum einen Tag mal nicht zusammen. Das Paar zog mit Sohn Felix Neureuther (38), der sportlich in die Fußstapfen seiner Eltern trat, und Tochter Amelie (41) zwei Kinder groß. Es lebte in und für seinen Heimatort Garmisch-Partenkirchen.
Mindestens einmal am Tag denk ich mir: Mensch, die Rosi, die ist der Wahnsinn.
Bei öffentlichen Auftritten strahlten beide stets eine große Harmonie aus. Ihr Geheimnis ist eigentlich keins. „„Ein Versprechen bricht man nicht. Herrschaft noch a mol, das gilt: zu zweit durch Höhen und Tiefen“, sagte Rosi Mittermaier 2018 der „Bild am Sonntag“. Christian Neureuther ergänzte: „Ich habe sie gesehen – und es war sofort um mich geschehen. Die und keine andere! Mindestens einmal am Tag denk ich mir: Mensch, die Rosi, die ist der Wahnsinn.“
Ein Paar, das zusammen lachen konnte
Das Paar konnte vor allem eins: Miteinander lachen und liebevoll über einander scherzen. Wenn Christian erzählte, wie Rosi sich einst auf einem Flughafen im Ausland verlaufen hatte und dann einfach spontan in das nächste Flugzeug nach München einstieg und heimflog, während alle anderen am Flughafen nach ihr suchten, stand sie dabei und schüttete sich vor Lachen aus. Die Tatsache, dass sie wahnsinnig gerne Witze erzählte, aber meistens die Pointe versemmelte, und alle dann weit mehr lachten, berichteten beide gern.
2021 hatte es ausgesehen, als ob Rosi Mittermaier ihren Mann verlieren würden. Christian Neureuther lag nach einem Zeckenbiss wochenlang im Krankenhaus. Es bestand Lebensgefahr. Damals dachte er: „Wenn ich sterbe, und die Rosi lebt noch, hält sie mir die Hand. Darauf kommt’s an.“ Nun ist seine Frau vor ihm gegangen. Sie starb im Kreise der Familie und bestimmt hat nun Christian ihre Hand gehalten.
Atemberaubende Erfolge und trotzdem bodenständig und zugänglich
Mit der Familie trauert ganz Bayern um die Ski-Ikone. Ministerpräsident Dr. Markus Söder würdigte sie mit folgenden Worten: „Mit tiefer Bestürzung nehmen wir die Nachricht vom Tod von Rosi Mittermaier auf. In ganz Bayern trauern wir um unsere Gold-Rosi, eine Botschafterin unseres Landes in der Welt. Sie war nicht nur erfolgreiche Sportlerin, sondern Vorbild für alle von uns. Ihr Einsatz für ihre Mitmenschen, ihr großes Herz und ihre unvergessliche Zugewandtheit wird uns allen fehlen. Ganz persönlich erinnere ich mich an viele schöne Begegnungen, die immer von Herzenswärme und Engagement für den Nächsten geprägt waren. Sie war ein Musterbeispiel dafür, wie man trotz atemberaubender Erfolge bodenständig und zugänglich bleiben kann. Sie stand in vorbildlicher Weise für die Liebe zur Heimat, Sportsgeist, Toleranz und Fair Play. In Gedanken sind wir bei ihrer Familie. Bayern wird ihr immer ein ehrendes Andenken bewahren.“ (ck, dpa)















