Prozess gegen Drogenbande aus Altötting
Eindringlich und überzeugend: Der Verteidiger schließt sein Plädoyer
Im Prozess gegen vier Drogendealer aus dem Landkreis Altötting wird heute (23. August) der Verteidiger des Angeklagten aus Kastl plädieren. Zehn Jahre Freiheitsstrafe forderte der Staatsanwalt für ihn und ein weiteres Mitglied der vermeintlichen „Bande“. Welchen Strafrahmen werden die Anwälte des 26-Jährigen wohl fordern?
Update, 12.52 Uhr - Eindringlich und überzeugend: Der Verteidiger schließt sein Plädoyer
Eindringlich, sachlich und mit unschlagbaren Argumenten legt Dr. Kai Wagler dar, dass der Angeklagte aus Kastl als selbstständiger Verkäufer von Betäubungsmitteln zu verurteilen sei. Ganz klar bekenne sich sein Mandant dazu zwei Kilogramm erhalten und selbständig an seine Kunden verkauft zu haben. Die Preise dafür habe er in Eigenverantwortung festgesetzt, den Preis dafür an den Engelsberger und den Burgkirchner weitergegeben.
Nie habe sein Mandant das Encrochat-Handy in Händen gehalten oder darüber kommuniziert. Der Kastler sei nicht in bandenmäßiges Handeln eingebunden gewesen – auch wenn er eine Adresse für Drogenpakete geliefert habe, und egal inwieweit das Gericht auf die beiden anderen Männer urteilen sollte. Allein in zwei Fällen sei nachweisbar dass der Kastler jeweils zwei Kilogramm Marihuana erhalten habe. Dies sei durch die Aussagen des Engelsbergers belegbar.
„Entweder ich glaube ihm, oder ich glaube ihm nicht“
„Einen Randsatz bezüglich der Aussagen des Angeklagten aus Engelsberg möchte ich noch hinzufügen“, so der Verteidiger bezugnehmend auf das Plädoyer des Staatsanwalts, der die Glaubwürdigkeit des Engelsbergers hervorhob. „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich glaube ihm, dann habe ich einen Abnehmer und einen Lieferanten. Oder ich glaube ihm nicht: Dann muss ich mühsam aus den Chat-Nachrichten herausziehen, wie ich bandenmäßiges Handeln nachweisen will.“
Bei der Bemessung der Strafe bittet Dr. Wagler das umfassende Geständnis seines Mandanten zu beachten. Die Mengen seien zwar erheblich, aber das Gericht solle berücksichtigen, dass es sich bei Marihuana um eine „weiche Droge“ handele. Sein Mandant sei sozial eingebunden und habe eine feste Arbeit.
Die Umstände der Untersuchungshaft während der Corona-Pandemie seien besonders hart gewesen. „Wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen und in zwei Fällen plädiere ich für eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, inklusive der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.“
Zweiter Verteidiger setzt auf Aussagen des Engelsbergers
Dem Plädoyer des Münchner Strafverteidigers kann der zweite Anwalt des Kastlers kaum noch etwas hinzufügen. Jörg Zürner, Fachanwalt für Strafrecht aus Mühldorf pflichtet seinem Kollegen in allen Punkten bei: „Im Unterschied zum Plädoyer des Staatsanwalts ist seines fundierter. Allein die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist keine neue. Ich habe eine aus dem Jahr 2007 mit exakt den gleichen Worten vorliegen.“
Dr. Kai Wagler habe aus Zürners Sicht alle tragenden Gesichtspunkte vorgetragen. Selbst wenn man den Ausführungen des Staatsanwaltes in seinem Plädoyer folge, enthalte sein Satz „die Aussage des Kastler ist am bisherigen Beweisergebnis orientiert“ zwei Dinge. „Erstens, sei es nicht viel wert, was mein Mandant sagt – und das ist sehr subjektiv. Zweitens – und das ist recht objektiv – sei die Aussage meines Mandanten stark am Ergebnis der Beweisaufnahme orientiert. Zusammengefasst: Die Aussage ist also entsprechend der Beweislage.“
Die Beweisaufnahme stütze sich wiederum auf die Aussage des Engelsbergers, welcher man vorbehaltlos folgen könne. Zürner betont, dass sich ihm nicht erschließe, wie sich dann bandenmäßiges Handeln seines Mandanten belegen lasse. „Der Engelsberger hat ausgesagt: Wir haben zu dritt geteilt: Der Burgkirchner, der Garchinger und ich“. Der Kastler sei nicht eingeschlossen gewesen. Er habe völlig eigennützig Handel mit Betäubungsmittel getrieben, und dafür sei er zu verurteilen. Auch im Bezug auf den Strafrahmen stimme er seinem Kollegen Dr. Wagler ohne Einschränkung zu.
Mit dem Ende der Plädoyers unterbricht die vorsitzende Richterin die Verhandlung. Am 30. August werden die Anwälte des Burgkirchner Angeklagten ihre Plädoyers vorbringen.
Update, 11.33 Uhr - Gelungenes Plädoyer: Verteidiger bringt unschlagbare Argumente
Dr. Kai Wagler betont, dass die von seinem Mandanten angemietete Werkstatt ursprünglich nur für das Basteln an Autos benutzt worden sei. Dies sei aus den Threema-Chats der drei Männer belegbar. Als dann die Drogenlieferungen in der Werkstatt geöffnet wurden, durfte der Kastler dies nur in Anwesenheit der Angeklagten aus Burgkirchen und Engelsberg.
Besonders wichtig sei in den Augen Dr. Waglers die Preisgestaltung bei den Drogenein- und verkäufen seines Mandanten. Das Kilogramm Marihuana wurde von dem Engelsberger und dem Burgkirchner für 5200 Euro in Bremen erworben und für 6500 Euro an den Kastler weiterverkauft. Er habe allerdings keinerlei Vorgaben von den beiden Männern bekommen, wann, an wen und in welchen Mengen zu welchem Preis er selbst seine Verkäufe tätigte.
Auch das Risiko habe der Kastler ab Abnahme völlig allein getragen. Der Anwalt zitiert auch Auszüge aus den Chats der Männer, die seine Aussagen eindeutig belegen. „Mein Mandant hat als Käufer agiert und keinerlei Kontakt mit Bremen unterhalten. Das Marihuana hat er zu Festpreisen erworben, er hatte seinen eigenen Kundenstamm und nie Abnehmer von den beiden Männern vermittelt bekommen.“
Wagler: Kastler war kein Bandenmitglied
Der Münchner Strafverteidiger mit Schwerpunkt auf Kapital- und Betäubungsmittelstrafrecht zitiert ruhig und unaufgeregt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2011: An einem bandenmäßigen Handel fehle es, wenn man sich als Käufer und Verkäufer gegenüberstehe und wenn der Handel selbstständig getätigt werde. Wenn Käufe regelmäßig getätigt würden, sei wesentlich die Beurteilung der Risikoverteilung zu berücksichtigen.
Update, 10.05 Uhr - Kein bandenmäßiges Handeltreiben: Plädoyer der Anwälte des Kastler Angeklagten beginnt
Mit etwas Verspätung beginnt der neunte Prozesstag am Landgericht Traunstein. Der Verteidiger des Angeklagten aus Engelsberg legt eine Replik nach dem Plädoyer des Dr. Adam Ahmed ein. Dieser hat am 16. August bei seinem Plädoyer für den Garchinger Angeklagten die Aussagen des Engelsbergers zur Sache grundlegend in Frage gestellt und als unglaubwürdig bezeichnet. Der Verteidiger des 26-Jährigen sagt, sein Mandant habe bereits einen Monat nach der Inhaftierung von sich aus Angaben zur Sache gemacht. Die vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler nimmt dies zur Kenntnis und fordert den Verteidiger des Angeklagten aus Kastl, Dr. Kai Wagler auf, sein Plädoyer zu beginnen.
Der Anwalt beginnt die Fürsprache für seinen Mandanten mit der Betonung dass er sich nicht über die Aussagen des Engelsbergers auslassen wolle. Ganz im Gegenteil: Das Geständnis des Kastells sei voll und ganz in Einklang mit den Aussagen des 26-Jährigen. Der Engelsberger habe stellvertretend für den angeklagten Garchinger gehandelt, als dieser inhaftiert wurde. Er habe das Absatzsystem für die Betäubungsmittel neu organisiert, wobei sein Mandant bloßer Abnehmer für die Drogen gewesen sei.
Es handele sich also nicht um bandenmäßiges Handeln. Der Kastler sei „ins Boot geholt worden“, ja. Aber nicht als Synonym dafür, dass er in eine „Bande“ geholt worden sei. Der Engelsberger habe die Betäubungsmittel in Bremen geordert und das Marihuana sei an einen Bekannten des Kastlers geliefert worden, welcher zwar die Lieferadresse gestellt habe, aber dies nur aus eigenem Interesse: dem selbstständigen Handel mit dem Marihuana.
Der Vorbericht zur Verhandlung am 23. August
Traunstein, Landkreis Altötting – Der neunte Tag im Prozess gegen vier Männer aus Engelsberg, Garching, Kastl und Burgkirchen beginnt. Sie sollen in einem Zeitraum von etwa sechs Monaten Betäubungsmittel für mindestens 200.000 Euro im Landkreis Altötting umgesetzt haben. Staatsanwalt Filipov forderte hohe Freiheitsstrafen für die vier Angeklagten, am höchsten jedoch für den vermeintlichen „Kopf der Bande“, den 39-jährigen Garchinger. Er plädierte für 12 Jahre Freiheitsstrafe, wogegen der Anwalt des Garchingers mit einer Forderung nach Freispruch konterte. Für den 26-jährigen Engelsberger begnügte sich Filipov mit „nur“ sieben Jahren Freiheitsstrafe, wogegen er für die Angeklagten aus Burgkirchen und Kastl jeweils zehn Jahre forderte.
Der 26-jährige Kastler sei bereits wegen anderer Drogendelikten bekannt, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Auch eine Zeugenaussage im Prozess hat dies untermauert. Der Kastler sei von dem Engelsberger und dem Burgkirchner an Bord geholt worden, weil er sich mit dem Drogenhandel besser auskenne als die beiden. In den Threema-Chats der Angeklagten sei klar das Mitspracherecht des 26-jährigen klar belegbar. Weil er erst zum Ende der Beweisaufnahme ein „recht maßgeschneidertes Geständnis“ abgegeben habe, wollte Staatsanwalt Filipov die Einlassung des Kastlers nur in abgeschwächter Form werten. Nach Wunsch des Angeklagten soll die Unterbringung in einer Therapieanstalt in Erwägung gezogen werden. Im Plädoyer für ihren Mandanten werden die Verteidiger des 26-jährigen heute auch den geforderten Strafrahmen erläutern.