So ist die Situation
Razzia an Inzeller Hotel: Was passiert mit den betrogenen Flüchtlingen und 25.000 Euro?
Rund 100 Kriegsflüchtlinge, zwei Verhaftungen und 25.000 Euro: Nach dem Großeinsatz der Polizei in einem Inzeller Hotel laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Wie es jetzt mit den Flüchtlingen weitergeht und ob das gefundene Geld zur Überführung der Verdächtigen beitragen kann.
Inzell – Am 11. Januar fand im Inzeller Hotel Gastager ab den frühen Morgenstunden eine Großrazzia statt. Dabei wurden die Räumlichkeiten des Hotels untersucht und zwei Personen mit dem dringenden Tatverdacht auf Betrug und Wucher in einem besonders schweren Fall festgenommen. Der 41-jährige Pächter des Hotels sowie seine 28-jährige Komplizin sollen nach Angaben der Staatsanwaltschaft Traunstein einige Hotelzimmer an ukrainische Flüchtlinge vermietet haben. Dabei sollen sie die Notsituation der Geflüchteten ausgenutzt und das Jobcenter betrogen haben.
„Ukrainische Geflüchtete können Bürgergeld im Jobcenter oder Leistungen nach dem SGB XII beantragen“, sagt Michael Reithmeier, Pressesprecher des Landratsamtes Traunstein. „Damit erhalten sie auch Leistungen zur Begleichung von anfallenden Miet- oder Wohnnebenkosten.“ Der Pächter des Hotels habe laut Staatsanwaltschaft Traunstein Zimmer an Geflüchtete vermietet und die Mietkosten direkt vom Jobcenter bekommen.
Etwa 100 Mietverträge für 27 Zimmer
Bei dem Großeinsatz war festgestellt worden, dass 27 Zimmer von Flüchtlingen belegt waren. „In den 20 bis 30 Quadratmeter großen Zimmern waren zwischen zwei und fünf Personen untergebracht“, so Oberstaatsanwalt Dr. Rainer Vietze. Der Pächter stellte nach aktuellen Erkenntnissen an jeden Bewohner Einzelmietverträge aus, wodurch er demnach für jedes Zimmer das Zwei- bis Fünffache des normalen Mietpreises abkassieren konnte. Die Staatsanwaltschaft geht von ungefähr 100 Mietverträgen aus.
„Aus Sicht des Jobcenters bleiben die bestehenden Mietverträge vorerst gültig“, teilt der Pressesprecher Michael Reithmeier mit, „auch wenn der Vermieter aufgrund eines Haftbefehls wegen ‚Wucher‘ festgenommen wurde.“ Demnach können die Geflüchteten auch vorerst in ihren Hotelzimmern bleiben. Ukrainische Kriegsflüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis können grundsätzlich ihren Wohnsitz frei wählen. Falls sie keine Unterkunft finden, können sie sich bei der Erstaufnahmestelle in Traunstein melden, damit keine Obdachlosigkeit droht.
2.100 Kriegsflüchtlinge im Landkreis Traunstein untergebracht
Aktuell sind laut Landratsamt etwa 2.100 Flüchtlinge aus der Ukraine im Landkreis Traunstein untergebracht. „Bis zum jetzigen Zeitpunkt (Mittwoch, 24. Januar) hat sich seit dem Großeinsatz der Polizei kein Ukrainer aus dem betreffenden Hotel bei der Erstaufnahmestelle am Kreiswehrersatzamt gemeldet, um eine neue Unterkunft zu beantragen“, so Reithmeier. Beim Hotel selbst ist niemand zu erreichen, noch lassen sich aktuell Hotelzimmer buchen. Dies dürfte wohl auch vorerst während der laufenden Ermittlungen so bleiben.
„Zahlreiche Einzelmietverträge wurden bei dem Einsatz sichergestellt“, berichtet Oberstaatsanwalt Vietze. Diese werden zusammen mit Zeugenaussagen nun ausgewertet, um das Vorgehen der beiden Verhafteten ergründen zu können. Pächter und Komplizin sitzen weiterhin in Untersuchungshaft. Trotz eines, in diesen Fällen üblichen, „Beschleunigungsgebotes“ vonseiten der Staatsanwaltschaft, dürften laut Vietze die Ermittlungen „noch länger dauern“. Obwohl die Unschuldsvermutung gilt, geht die Staatsanwaltschaft aufgrund des dringenden Tatverdachtes von einer Verurteilung des Duos aus.
25.000 Euro in bar gefunden
Dazu könnten auch die Funde in den durchsuchten Räumlichkeiten der Verhafteten beitragen. Wie die Staatsanwaltschaft jetzt bekannt gab, wurden 25.000 Euro in bar sichergestellt, die sich der Komplizin des Pächters zuordnen lassen. Die 28-Jährige soll nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft kostenfrei in dem Hotel gewohnt haben und für ihr betrügerisches Mitwirken vom Pächter entlohnt worden sein. Ob und inwieweit das gefundene Bargeld mit den Machenschaften des Duos zusammenhängt, kann aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht preisgegeben werden.