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Prozess gegen 35 Jahre alten Waldkraiburger

Opfer der Messerattacke vor Gericht: Psychisch erledigt und von Narben gezeichnet

Die Polizei hatte den Tatort nach der Messerattacke auf einen30-Jährigen aus Waldkraiburg abgesperrt. Der Tatverdächtige konnte zwei Stunden später auf einem Firmengelände festgenommen werden.
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Der Tatort nach der Messerattacke auf einen 30-Jährigen aus Waldkraiburg.

Ein 30-Jähriger war mit dem Radl auf dem Weg in die Arbeit, bis ihm plötzlich der Weg versperrt wurde – dann eskalierte der Streit und ein Messer wurde gezogen: nur knapp überlebt der Mann die Attacke. Nun äußerte sich der Geschädigte vor Gericht, der von den Folgeschäden gezeichnet ist.

Update, 17:54 Uhr – Psychisch erledigt und von Narben gezeichnet

Ein völlig aufgelöster und psychisch erledigter Mann sitzt jetzt vor dem Traunsteiner Landgericht. Es ist jener Waldkraiburger, der ziemlich genau vor einem Jahr, am Abend des 29. Juni 2022, Opfer einer Messerattacke wurde. Seit jenem Tag ist er arbeitsunfähig, immer wieder in den verschiedensten Kliniken und in Traumatherapie. „Mit der Psyche geht es immer weiter runter“, berichtet der 31-Jährige. Ihm werden Depressionen und eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert, er leidet an Alpträumen und unter starken Schmerzen an den Narben. Während seiner Aussage bricht er immer wieder in Tränen aus, braucht eine Pause.

Schon seit 2015 habe er außer einem flüchtigen Gruß auf der Straße keinen Kontakt mehr zum Angeklagten gehabt. „Ich wollte mich von dieser Gesellschaft fernhalten und nach vorne schauen“, so der Geschädigte. Denn der Angeklagte hat seit rund 20 Jahren schwere Drogenprobleme und war wegen verschiedenster Verbrechen immer wieder im Gefängnis. „Erzähl! Warum hast Du das gemacht?“, schaut der schwer gebeutelte Mann in Richtung der Anklagebank. Doch als der 35-Jährige antworten will, bremst ihn sein Verteidiger ein. Das Motiv der Tat bleibt weiterhin unklar.

Der Mann zieht vor Gericht sein T-Shirt hoch: Der Rücken ist übersät mit Einstichstellen, über den Bauch zieht sich eine lange Narbe – dort musste ihm in einer Notoperation die Milz entnommen werden. Die Attacke des Angeklagten, als er mit dem Rad in die Arbeit wollte, sei so schnell gegangen. Er habe sich kaum wehren können und der 35-Jährige hätte unvermittelt mit dem Messer zugestochen. Der Angeklagte selbst schilderte dagegen, eine Rangelei sei der Messerattacke vorangegangen. Im Wesentlichen hat er die Tat gestanden.

25.000 Euro seien dem Geschädigten über den Täter-Opfer-Ausgleich zugesichert worden, 5000 davon flossen bereits. Doch der Geschädigte wird in naher Zukunft wieder zur psychischen Behandlung in ein Krankenhaus müssen. Der Angeklagte versucht eine Entschuldigung: „Ich weiß nicht, wie ich es wiedergutmachen soll. Ich bin nur froh, dass Du noch am Leben bist. Man sticht nicht in einen Menschen rein wie in ein Tier“, so der Waldkraiburger. Die Frage des Gerichts, ob das Opfer der Messerattacke die Entschuldigung annimmt, bleibt unbeantwortet.

Der Prozess wird am Donnerstag (22. Juni) fortgesetzt. 

Update, 16.56 Uhr – „Hilfe, ich bin niedergestochen worden“

Nun sagen jene Zeugen am Traunsteiner Landgericht aus, die dem Opfer, damals 30 Jahre alt, als Erstes zur Hilfe kamen. „Hilfe-Schreie hört man in dieser Gegend öfters, da hab ich mir noch nichts gedacht“, sagt ein Nachbar, dessen Haus rund 25 Meter vom Tatort im Waldkraiburger Norden entfernt ist. Doch als er dann „Hilfe, ich bin niedergestochen worden“ hörte, machte sich der Mann sofort auf den Weg.

„Er war komplett blutüberströmt, das T-Shirt aufgerissen und er hat wie im Schock Telefonnummern von Angehörigen aufgezählt, die wir informieren sollten“, so der Nachbar. Ein weiterer Zeuge, der in der Nachbarschaft wohnt, beschreibt, wie er die Szenerie wahrnahm: „Er lehnte am Altglascontainer, das Radl lag daneben. Und er hat gleich gesagt, dass er niedergestochen wurde.“ Auf dem ganzen Oberkörper seien Stichverletzungen zu sehen gewesen. „Ich hab mich nicht getraut, ihn anzulangen“, gibt der Zeuge zu. Immer wieder habe der Geschädigte versucht aufzustehen, doch es fehlte ihm wohl die Kraft - „wie bei einem Betrunkenen“. 

Die Polizei war beim Eintreffen dagegen schon bald schlauer: „Blutspuckenderweise hat mir der Geschädigte gesagt, dass der Angeklagte der Täter ist“, so einer der Beamten. Er kenne den Waldkraiburger auf der Anklagebank schon einige Jahre. „Da wussten wir, dass wir Vorsicht walten lassen müssen.“ Gereizte Stimmung oder Sticheleien bei Durchsuchungen seien bei dem 35-Jährigen „Standard“ gewesen - „aber ich habe auch schon mehr als einmal erlebt, dass er völlig durchgedreht ist und beispielsweise das ganze Stockwerk seines Wohnhauses zerlegt hat.“ Jede Menge Drogen habe man beim Angeklagten immer wieder sichergestellt.

Was der Polizei am Tatort auch klar wurde: Der Angeklagte war flüchtig und noch mit dem Messer unterwegs. „Allein, wenn ich weiß, wir haben einen Einsatz und der Angeklagte ist irgendwie beteiligt, hol‘ ich sicherheitshalber immer eine zweite Streife dazu.“ Mülleimer, Gullydeckel, Tiefgaragen... alles habe man in der Umgebung nach der Tatwaffe absuchen lassen und das Stadtgebiet mit Zivilkräften der Polizei bestreifen lassen.

Nun steht die Zeugenaussage des Opfers an.

Update, 14:57 Uhr – Seit 16 Jahren süchtig

Schon mit 14 jeden Tag Haschisch und Marihuana („durchs Zeitungen austragen finanziert“), ab 17 Speed und Ecstasy, dann Kokain, Crystal Meth und Schmerzmittel – das war der Beginn der Drogenkarriere des Angeklagten, wie er es dem Traunsteiner Landgericht erzählt. Dazu gesellten sich später eine Heroinsucht und in der Zeit vor der Tat „mindestens zehn Bier am Tag“.

Die Biographie des Angeklagten lässt in tiefe Abgründe blicken. Eigentlich sei er in gutem Elternhaus aufgewachsen und ist den beiden dankbar. Auch ein sehr guter Sportler sei er früher gewesen – „und mit den Drogen hab ich mir alles verbaut. Jetzt bin ich heroinabhängig und will nur noch davon wegkommen.“ Therapien seien zuletzt nach Angaben des 35-Jährigen an der Finanzierung gescheitert.

„Sich immer wieder Geld für Rauschgift zu besorgen und damit nicht auffallen“, sei schlimm, so der Angeklagte. Wegen der Sucht habe er den qualifizierten Hauptschulabschluss nicht geschafft, dafür beging er auch schon Raubüberfälle auf Tankstellen oder einen Supermarkt. Auf der Vorstrafenliste des Waldkraiburgers stehen Sachbeschädigung, Erpressung, Raub, Beleidigung, Körperverletzung, Nötigung, Drogenbesitz, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und ein missachtetes Waffenverbot. Noch immer hat der Mann 14.000 Euro an Gerichtskosten nicht gezahlt.

Nach der letzten Haft sei er ein Jahr abstinent gewesen, habe Sport gemacht – doch traf dann wieder die falschen Freunde, nahm Rauschgift: „Mein größter Wunsch ist es, drogenfrei zu leben.“
Der Waldkraiburger hat die Tat bereits im Wesentlichen gestanden: Am 29. Juni 2022 stach er einen Bekannten nieder, der mit dem Rad auf dem Weg in die Arbeit war. Das Leben des Geschädigten konnte nur dank einer Not-Operation gerettet werden. Die Tat spielte sich im Waldkraiburger Norden, nahe der Schichtstraße, ab.

Nun werden die ersten Zeugen geladen – auch der Geschädigte selbst wird heute noch aussagen.

Update, 13 Uhr – „Das war der größte Fehler meines Lebens“

Schon von Beginn an hat der Angeklagte immer wieder Tränen in den Augen: „Ich bin nie strafrechtlich in Erscheinung getreten, bis ich in die falschen Kreise gekommen bin und Drogen konsumiert habe“ – doch dazu später mehr. Rauschgift beherrschte wohl weite Teile des Lebens des Angeklagten. Auch an jenem 29. Juni habe er über den ganzen Tag Bier getrunken („mindestens zehn“) und Medikamente genommen.

In groben Zügen ist der Waldkraiburger geständig. „Ich bin zufällig auf der Straße auf den Geschädigten getroffen. Wir hatten eh schon kein gutes Verhältnis, es gab Beleidigungen und Provokationen.“ Dann sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen, „und ich hab aus heute unerklärlicher Sicht das Messer gezogen und zugestochen“, so der 35-Jährige. Er wisse nicht mehr, wie oft er zugestochen habe und wohin genau. „Ich wollte mich wehren und ihn verletzen, aber ihn nicht töten“, beteuert der Angeklagte.

„Das war der größte Fehler meines Lebens“, schließt er mit seiner kurzen Einlassung zur Tat. An dem Tag sei er auf Fentanyl-Entzug und gereizt gewesen. Mehr will er auf Anraten seines Verteidigers David Mühlberger nicht zur Tat sagen. Jedoch wird er sich ausführlich zu seiner Vergangenheit, seiner ellenlangen Vorstrafenliste und seiner Drogensucht äußern. Der Waldkraiburger geriet schon früh auf die schiefe Bahn...

Update, 11.13 Uhr - Prozess gegen mutmaßlichen Messerstecher beginnt

Der Prozess gegen einen 35-jährigen Waldkraiburger ist eröffnet – er steht ab heute wegen versuchten Totschlags vor Gericht. Einem Bekannten soll er immer wieder ein Messer in den Oberkörper gerammt haben. Nur dank einer Not-Operation hat er überlebt. Rund 15 Akten stapeln sich auf dem Tisch des Vorsitzenden Richters Volker Ziegler. Staatsanwalt Thomas Langwieder beginnt mit der Verlesung der Anklage. Jetzt wird klar, worum genau es gehen soll.

Am 29. Juni 2022 gegen 21.50 Uhr soll der Angeklagte an der Schichtstraße in Waldkraiburg auf den Bekannten getroffen sein. Er wollte gerade mit dem Rad in die Arbeit. Der Angeklagte habe ihm dann den Weg versperrt, brachte ihn zum Anhalten, beleidigte ihn. „Im Anschluss packte er den Geschädigten und zog ihn vom Fahrrad“, so Staatsanwalt Langwieder. Nach einem Gerangel sei das Messer des 35-Jährigen ins Spiel gekommen, Klingenlänge sechs bis sieben Zentimeter.

„Er stach mindestens 14-mal auf den Oberkörper des Geschädigten ein, um diesen zu töten“, so der Staatsanwalt. Immer wieder sei fast die ganze Klinge im Körper seines Kontrahenten verschwunden – von einem „wuchtigen Zustechen“ ist in der Anklage die Rede. Der Waldkraiburger habe so lange zugestochen, bis der Geschädigte stark blutend am Boden lag. Milz und Lunge seien stark verletzt worden. Als ein Anwohner „was ist da los?“ gerufen habe, sei der Angeklagte verschwunden. In einem nahen Industriegebiet habe sich der 35-Jährige dann versteckt.

Der Bekannte des Angeklagten musste derweil notoperiert werden. Die Milz musste entfernt werden, weil sich die Blutungen nicht stillen ließen. „Ohne die ärztliche Hilfe wäre der Geschädigte binnen kürzester Zeit verstorben.“ Die Anklage lautet nicht nur auf versuchten Totschlag, sondern auch auf gefährliche Körperverletzung. Und noch ein weiteres Delikt wird ihm heute zum Vorwurf gemacht: Am 17. August 2022 soll der Mann einen anderen Bekannten auf dem Mühldorfer Kino-Parkplatz beleidigt, geschlagen und ihm das Schienbein gebrochen haben. 

Vorbericht

Waldkraiburg/Traunstein - Mindestens 14 Messerstiche in den Oberkörper sind es, die die Staatsanwaltschaft auflistet und einem 35-Jährigen aus Waldkraiburg zum Vorwurf macht: Am Abend des 29. Juni 2022 war ein 30 Jahre alter Mann in der Waldkraiburger Schichtstraße mit dem Fahrrad unterwegs in die Arbeit. Dann soll der Angeklagte ihm den Weg versperrt und ihn beleidigt haben. In Tötungsabsicht hat der Waldkraiburger danach sein Messer immer wieder in den Oberkörper des Geschädigten gerammt, so die Staatsanwaltschaft.

Ab Montag (19. Juni) wird die Bluttat vor dem Traunsteiner Landgericht verhandelt. Prozessbeginn ist um 8.30 Uhr. Der 30-jährige Geschädigte überlebte laut Staatsanwaltschaft nur dank einer Not-Operation. Denn durch die Messerstiche wurden auch innere Organe schwer verletzt, ohne ärztliches Eingreifen wäre der Blutverlust wohl zu groß gewesen. Der Täter sei nach der Messerattacke geflüchtet und konnte erst zwei Stunden später von der Polizei aufgespürt werden.

Dem Angeklagten aus Waldkraiburg wird versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Weitere Prozesstage sind für den 22. und 28. Juni vorgesehen, am 18. Juli könnte das Urteil fallen. innsalzach24.de berichtet aktuell aus dem Gerichtssaal.

xe

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