Was hinter dem Gesinnungswandel in Traunstein steckt
Nach Schwarzbau-Vorwurf gegen „Pohlig“: Stadtrat lenkt ein - und ist plötzlich begeistert
Eigentlich geht es nur um den Bau eines Parkplatzes, der im Nachhinein genehmigt werden soll: Zuletzt bekam die Firma Pohlig noch Schwarzbau-Vorwürfe zu hören, doch nun durfte Gründerenkel Kurt Pohlig im Traunsteiner Stadtrat sprechen - und alles sieht anders aus.
Traunstein - Der Parkplatz nördlich der Pohlig-Gebäude nahe der Chiemseestraße in Traunstein ist schon angelegt - im Nachhinein sollte das der Stadtrat jetzt absegnen. Eine heikle Geschichte. „Schwarzbau“ hieß es in der September-Sitzung deshalb noch und das Thema wurde vertagt. Am Donnerstag (24. November) durfte dann Gründerenkel Kurt Pohlig selbst Stellung nehmen. Das Ergebnis: Der Parkplatz ist genehmigt. Zwar gab es Gegenstimmen, aber überwiegend war der Stadtrat voll des Lobes. Oberbürgermeister Christian Hümmer (CSU) sprach von einem „Musterbeispiel“. Wie kommt‘s?
Neue Parkplätze für Pohlig: Debatte im Stadtrat Traunstein
„Ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich notwendig“, fasste es Stadtrat Simon Schreiber (CSU) zusammen, der beim letzten Mal noch scharf Kritik übte. Die 190 Parkplätze entstehen zwar in der Ebene, werden aber allesamt mit PV-Anlagen überdacht - „als Beitrag zum Traunsteiner Klimaplan“, wie es Kurt Pohlig ausdrückte. Die Fläche wird außerdem großteils nicht versiegelt, sondern das Regenwasser kann versickern. Außerdem habe man bei Wonneberg selbst 4000 Quadratmeter Ausgleichsfläche gekauft, die zusätzlich ökologisch aufgewertet werden soll.
Kurt Pohlig machte den Stadträten auch nochmal deutlich, welch wirtschaftliches Schwergewicht die Firma für Orthopädietechnik inzwischen ist. Die Mitarbeiterzahl in der Traunsteiner Zentrale verdreifachte sich seit der Jahrtausendwende auf jetzt 480. Mittlerweile gibt es sieben weitere Niederlassungen, unter anderem in Köln, München oder Wien. „Und die Produktion für alle Orte haben wir inzwischen in Traunstein gebündelt“, so Pohlig. Durch das Wachstum habe in Traunstein seit Jahren schlicht „Parkplatznot“ geherrscht.
Oberbürgermeister Hümmer lobte die „unglaubliche unternehmerische Lebensleistung“ der Firma, die 1920 in Traunstein gegründet wurde. Man solle stolz auf Pohlig sein, denn wenn Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen weg seien, „haben wir alle verloren“, so Hümmer. Auch Robert Sattler (SPD) zollte dem Unternehmen seinen ausdrücklichen Respekt und Hans Zillner (CSU) fand die doppelte Nutzung der Stellplätze mit PV-Anlagen „hervorragend“: „Genau sowas wollen wir sehen.“
Drei Gegenstimmen gab es trotzdem: von Valentin Rausch, Patrick Nepper (beide Grüne) und Susanne Deckert (Initiative Traunstein). Nepper hätte wegen des Flächenverbrauchs von 6000 Quadratmetern lieber ein Parkdeck oder eine Tiefgarage gesehen. Schon in der September-Sitzung kritisierten das viele. „Wurde ein Parkdeck überhaupt geprüft?“, fragte Thomas Stadler (Grüne). „Ihr Unternehmen könnte jetzt mit Beispiel vorangehen“, so Nepper. Weil es sich um ein Erbpacht-Grundstück handle sei das aber kompliziert, so Bernd Illguth von der Planungsfirma Hinterschwepfinger. Ein Parkdeck hätte außerdem drei bis vier Stockwerke hoch werden müssen.
Der Firma Pohlig bleibt der drohende Rückbau des Parkplatzes durch die Zustimmung jetzt also erspart. Doch eines gab Simon Steiner (Traunsteiner Liste) der Allgemeinheit dann doch noch mit auf den Weg: „Auch wenn es der Not geschuldet war, genehmigt war es nicht. Und in Zukunft wird es auch nicht mehr so leicht sein, die Wiesen mit Parkplätzen zuzuhauen.“
xe

