Aus dem Marktgemeinderat
Neue Pegelmessungen in Grassau: Wie der Gemeinderat gegen Hochwasser vorgehen will
Der Marktgemeinderat Grassau beschließt Pegelmessstation am Tennbodenbach. Das Ziel ist klar: Man will für das Hochwasser gerüstet sein. Wie das funktionieren soll.
Grassau – Seit Jahren beschäftigt sich der Marktgemeinderat Grassau mit dem Überschwemmungsgebiet Tennbodenbach und mit daraus resultierenden Einschränkungen für Gebäude und für die Landwirtschaft. Nun entschied das Gremium, selbst aktiv Informationen über mögliche Hochwässer mittels Pegelmessstationen zu erfassen.
Laut Bürgermeister Stefan Kattari (SPD) hat das Traunsteiner Wasserwirtschaftsamt (WWA) das Überschwemmungsgebiet jetzt festlegt. Durch die Neuberechnung sei das Überschwemmungsgebiet deutlich geschrumpft. Die „Bergstraßen“, die Straßen, die nach den Bergen benannt wurden, liegen nun nicht mehr im Überschwemmungsbereich, wohl aber noch Teile der Wohnbebauung im Ortszentrum und Oberdorf.
Belastung für Hauseigentümer
Welche Einschränkungen diese Festlegung bedeutet, erklärte Katari anhand eines Bauprojekts im Oberdorf. Wer im Überschwemmungsgebiet baut, müsse einen Überschwemmungskeller bauen, der Wassermassen aufnehmen und geflutet werden könne. Elektroinstallationen, Stromkästen dürfen nicht mehr im Keller verbaut werden. „Für die betroffenen Grundstückseigentümer ist das eine Belastung“, betonte Kattari.
Überschwemmungsgebiete überprüfen
Solche Überschwemmungsgebiete können aber auch überprüft werden. Derzeit liegen dem Wasserwirtschaftsamt hydrologische Modellberechnungen vor, jedoch keine Messdaten. Es sei gut, modellunabhängig die Mengen an Abflusswasser und Regenwasser zu überprüfen, um die Datenlage zu verbessern.
Er hoffe, dass sich die Ergebnisse aus den hydrologischen Modellberechnungen nicht bestätigen. Sollte es dennoch so sein, dann könne dies anhand existierender Messungen begründet werden.
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Der Bürgermeister schlug eine Pegelmessung am Tennbodenbach für die Dauer von mindestens fünf Jahren vor. Über langjährige Messreihen erhalte man verlässliche Daten.
Ein hydrologisches Gutachten sei zwar Standard, weise jedoch auch Unschärfen auf und liefere keine flächendetaillierten Daten, sagte Ingenieur Florian Pfleger. Über Niederschlagsmessungen kann das hydrologische Modell laut dem Experten kalibriert werden. Eine Radarsonde über dem Wasserspiegel misst die Höhen.
Wie Pfleger betonte, laufe dies nicht „gegen das Wasserwirtschaftsamt, sondern ist vielmehr eine Hilfe“. Auch Kattari bestätigte, dass die Behörde eingebunden sei.
Thomas Hoffman (AE) interessierte, inwieweit die erhobenen Daten die Ergebnisse des Wasserwirtschaftsamtes beeinflussen. „Zunächst gar nicht. Sobald aber andere Ergebnisse vorliegen, wird dies dem Amt mitgeteilt“, so Kattari. Der Rathauschef schätzt die Kosten dieser Messung auf rund 26 000 Euro für fünf Jahre.
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Klaus Noichl (CSU) befürwortete die Messung. „Vielleicht kann man dadurch landwirtschaftliche Flächen retten“, hofft er. Kattari erklärte, dass umfangreiche Schutzmaßnahmen auch am Grassauer Bach vorgesehen seien. Es sei eine bewusste Entscheidung, den Marktgemeinderat noch nicht damit zu befassen, denn vorab müsse das Wasserwirtschaftsamt die Landwirte informieren. „Unsere Absicht ist es, mit fundierten Daten für kommenden Diskussionen gewappnet zu sein“, so der Bürgermeister.
Bedenken hatte Dr. Winfried Drost (UGL), er fürchtet, dass sich die Realisierung des Hochwasserschutzes dadurch nach hinten verschiebt. „Messereihen dürfen einen effektiven Hochwasserschutz nicht verzögern“, forderte er mit Hinweis auf das Ahrtal.
Diskussionsgrundlage schaffen
„Wir müssen aber auch einen Blick darauf haben, welche erheblichen Auswirkungen das Hochwasserschutzgebiet auf Grundstückseigentümer und Planungen hat und wir werden die Zustimmung der Landwirte brauchen. Um die Zustimmung zu erreichen, braucht es nicht nur virtuelle Daten, sondern Messwerte“, entgegnete Kattari. Hier sehe er keine Verzögerung.
„Verzögerungen ergeben sich aus dem Nichthandeln des Wasserwirtschaftsamtes“, ergänzte er. „Zeit, die ohnehin verrinnt, nützen wir, um eine bessere Diskussionsgrundlage zu schaffen.“
Mit einer Gegenstimme entschied sich das Gremium dafür, eine Pegelmessstelle am Tennbodenbach installieren zu lassen.