Corona-Infektionsschutzgesetz
Lautstarker Protest im Alten- und Pflegeheim Siegsdorf: „Wir brauchen wieder Normalität“
Kommt durch das neue Corona-Infektionsschutzgesetz noch mehr bürokratische Arbeit für die Beschäftigten in der Pflege? Das befürchten zumindest Pflegemitarbeiter in Siegsdorf und protestieren lautstark.
Siegsdorf – Das im Bundestag vorgestellte, geänderte Infektionsschutzgesetz bringt für die Langzeitpflege-Einrichtungen neue Belastungen mit sich. Während die Corona-Schutzmaßnahmen der Länder weiterhin umgesetzt werden müssen, wird die Refinanzierung künftig an „die epidemische Lage von nationaler Tragweite“ geknüpft oder läuft ganz aus.
Das heißt, dass die Beschäftigten in der Pflege neben ihren eigentlichen Aufgaben noch mehr bürokratische Arbeit erwartet wie etwa das Kontrollieren und Dokumentieren von Test- und Impfnachweisen.
Nach zwei Jahren am Limit ist das Maß voll
Die Pflegeeinrichtungen fordern daher Planungssicherheit in der Pflege durch eine dauerhafte und ausreichende Refinanzierung der angeordneten Hygiene- und Schutzmaßnahmen sowie einheitliche Vorgaben in allen Bundesländern für Zutrittsberechtigungen in Einrichtungen der Langzeitpflege. Das soll der Vermeidung unnötiger Bürokratisierung dienen.
Die Heimleitung, die Mitarbeiter und die Bewohner der „Alten- und Pflegeheim Siegsdorf Betreibergesellschaft mbH“ machten mit Liedern, Gstanzln, Transparenten und Reden auf die Probleme ihrer Einrichtung mit dem geänderten Infektionsschutzgesetz aufmerksam. Der Aktionstag unter dem Motto „Besuch vor der Tür“ geht auf eine Initiative des Verbandes der katholischen Altenhilfe Deutschland e.V. zurück, die viele der mehr als 1 200 angeschlossenen Einrichtungen zur Langzeitpflege mit Kundgebungen unterstützte.
Mit Transparenten und Gesang zum Protest
Zur einstündigen Protestaktion hatten sich ein Großteil der Mitarbeiter und viele Bewohner und Angehörige vor dem Eingangsbereich eingefunden. Sie unterstützten die Aktion mit selbstgemalten Transparenten und Schildern, selbstbewusstem Gesang und lautstarkem Protest, der sich gegen das geplante neue Infektionsschutzgesetz richtet.
Das Maß ist voll
Monika Sandbichler, die Einrichtungsleiterin des Siegsdorfer Alten- und Pflegeheimes, betonte in ihren Erklärungen: „Das Maß ist voll! Während in der Mitte der Gesellschaft Corona keine Rolle mehr zu spielen scheint, erzeugen die geplanten Vorgaben im neuen Infektionsschutzgesetz wieder mehr Bürokratie und belasten unsere Beschäftigten, die ohnehin seit mehr als zwei Jahren am Limit arbeiten.“ Weiter führte sie aus, dass es eine gesamtgesellschaftliche und politisch geförderte Solidarität zur Entlastung der Pflege brauche. Maßgeblich dafür sei eine dauerhafte und sichere Refinanzierung der geforderten Corona-Schutzmaßnahmen. Sandbichlers Fazit: „Mit der heutigen Aktion möchten wir, zusammen mit vielen anderen Einrichtungen, ein klares und lautstarkes Zeichen setzen. Ein neues Infektionsschutzgesetz ohne den bisherigen Rettungsschirm für die Betroffenen kann eigentlich niemand wollen.“
Weniger Bürokratie und mehr Zeit für die eigentlichen Aufgaben
Mit selbstgedichteten Gstanzln machte die engagierte Leiterin, die mit Ziach und Gitarre von ihren Mitarbeitern Maria Gschwandtner und John Kiely unterstützt wurde, auf bestehende und kommende Probleme aufmerksam: „ Wir brauchen wieder Normalität mit Musik, Unterhaltung und Leben in den Häusern und keine unsichtbaren Mauern drumherum“, und forderte: „Weniger Bürokratie, refinanzierte Schutzmaßnahmen und dadurch wieder mehr Zeit für unsere eigentliche Aufgabe – die umfassende Versorgung von Pflegebedürftigen“.
Sie rief die Verantwortlichen aus Politik und Gesellschaft auf, sich dieser Probleme endlich ernsthaft anzunehmen. Die Anwesenden ermunterte sie, sich am Aufruf der Meltl-Stiftung zu beteiligen, um alle Kräfte aus Gesellschaft und Politik mit den Verantwortlichen aus der Langzeitpflege zum fruchtbaren Dialog zusammenzubringen.
Lokale Politiker sangen mit
Dass auch die lokale Politik die Probleme erkannt hat, bewies die Teilnahme von Bezirksrätin Annemarie Funke, Kreisrat Dr. Lothar Seisiger und Siegsdorfs Bürgermeister Thomas Kamm, die sich lautstark an den Liedern beteiligten und auch Zeit für anschließende Gespräche mitbrachten.
Und während Besucher, Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter in Gesprächen die Thematik weiter vertieften, klang die offizielle Aktion mit Liedern und Musik langsam aus.