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Stadtmarketing-Geschäftsführer Weiß im Interview

Immer mehr Leerstände? „Lücken schließen nach dem Motto: ‚Das gibt es nur in Traunstein‘“

Hans-Peter Weiß, Geschäftsführer des Stadtmarketing in Traunstein, neben der Bahnhofstraße
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Hans-Peter Weiß, Geschäftsführer des Stadtmarketing in Traunstein, neben der Bahnhofstraße, die derzeit den Verlust traditionsreicher Geschäfte wie Bahr, Witt Weiden oder Zannantonio verkraften muss.

Bahr, Witt Weiden oder Zannantonio schlossen, prominente Geschäftsflächen stehen leer - doch der Schein trügt, meint Stadtmarketing-Geschäftsführer Hans-Peter Weiß. Im Interview analysiert er die konkreten Probleme der Innenstadt, verrät die nächsten Entwicklungen und sieht Traunstein vor allem langfristig im Vorteil.

Traunstein - Verödende Innenstädte? In Traunsteins Bahnhofstraße - eine der besten Lagen der Stadt - könnte man derzeit den Eindruck bekommen: mit Foto Zannantonio, Damenwäsche Ellering, der Kreiller-Filiale für Haushaltswaren und der Modekette Witt Weiden haben in den vergangenen Wochen und Monaten einige angestammte Geschäfte geschlossen. Auch Juwelier Bahr wird im Oktober in der Bahnhofstraße aufhören. Doch die Gründe dahinter sind höchst unterschiedlich.

chiemgau24.de hat die aktuelle Entwicklung zum Anlass genommen, mit Hans-Peter Weiß zu sprechen. Er ist seit Juli Geschäftsführer der Stadtmarketing Traunstein GmbH, kennt die Ursachen und Entwicklungen wie kein Zweiter und weiß, wohin die Reise für die „Einkaufsstadt Traunstein“ geht.

Herr Weiß, wie steht es nach den Schließungen um die Traunsteiner Bahnhofstraße? Insider sprachen bereits davon, dass nicht mehr von einer 1a-Lage, sondern nur noch von einer 1b-Lage die Rede sein kann.
Weiß: Richtig ist, dass sich die Bahnhofstraße momentan wandelt. Als Stadtmarketing wollen wir aktiv mit Handel und Immobilieneigentümern daran arbeiten, dass passende Nachfolgekonzepte entwickelt werden und die Mischung von Sortimenten und Angeboten stimmt. Mit dem Restaurant „Kitchen Arts“ und „Maly´s Laden Ideen und Designs“ ist das ebenso gut gelungen wie beim Wechsel vom Schiller zum Restaurant „Lust“. Für Witt Weiden und Foto Zannantonio gibt es neue Nutzungsideen und für die schmerzliche Lücke beim ehemaligen Kreiller hat sich zwischenzeitlich auch schon eine Lösung gefunden, auch wenn man derzeit davon noch nichts sieht. Die Bahnhofstraße wird für unseren Einzelhandel nach wie vor eine erste Adresse sein.
Wo liegen denn die Gründe für die Geschäftsschließungen?
In den allermeisten Fällen hat es nach unserer Erfahrung in Traunstein weder mit dem Internet, noch mit Corona, noch mit ausbleibenden Umsätzen zu tun. Oft liegt es einfach an einem Generationswechsel bei den Geschäftsinhabern. Oder weil sich kein Nachfolger oder Personal finden lässt. Oder es sind strukturelle Probleme bei den Läden: die Flächen sind zu klein oder zu groß, es gibt bauliche Nachteile.
Was meinen Sie mit „baulichen Nachteilen“? Wie sollte ein attraktiver Laden denn aussehen?
Viel Glas und Licht, ein einladender Eingangsbereich und keine kleinen Gucklöcher als Schaufenster. Daran kann gefeilt werden, wenn es Betreiberwechsel gibt und die Geschäftsflächen leer stehen. Oder nehmen wir die Ludwigstraße: hohe Bordsteine, ein enger Gehsteig. Ich bin wirklich nicht gegen Autos in der Innenstadt, mehr als die Hälfte unserer Besucher kommen aus dem Umland zum Einkaufen in die Stadt. Aber die Ludwigstraße ist abschnittsweise noch sehr auf das Automobil optimiert.
So gesehen wäre die Marienstraße ja auch attraktiv. Sie gilt aber schon lange als Sorgenkind.
Die Zukunft der Marienstraße wird von zwei Dingen abhängen: Wie wird der Neubau genutzt, der gerade entsteht? Und was tut sich in der Folge mit dem leeren, ehemaligen Juhasz-Gebäude auf der anderen Straßenseite? Wir haben größtes Interesse daran, dort mit dem Eigentümer Lösungen zu finden. Erste Gespräche haben schon stattgefunden. Die Größe der Einzelhandelsfläche im Erdgeschoß wäre sehr gefragt und auch für die Stockwerke darüber gäbe es völlig neue Ideen und Ansätze. Wir hoffen sehr, dass die Dinge hier endlich in Bewegung kommen und wir auch diese Lage attraktiv gestalten können.
Wie groß ist denn überhaupt momentan die Nachfrage nach Einzelhandelsflächen in Traunstein? Und was genau wird gesucht?
Ich kann sagen: Die Nachfrage ist größer als das Angebot, das wir in Traunstein haben. Vor allem Flächen zwischen 200 und 500 Quadratmetern werden immer wieder angefragt. Mir blutet dann das Herz, aber in dieser Größenordnung haben wir kaum etwas zur Verfügung. Witt Weiden in der Bahnhofstraße ist das beste Beispiel: 160 Quadratmeter hatten die dort zur Verfügung, das war auf die Dauer zu klein. Laut der Berichterstattung auf chiemgau24.de würde sich Witt Weiden bei einer Fläche von 250 Quadratmetern und mehr in Traunstein gleich wieder einmieten.
Wie würden Sie denn die aktuelle Lage bei den Leerständen in der Innenstadt allgemein bewerten?
In der Innenstadt, also grob gesagt vom Jacklturm bis zum Bahnhof, haben wir momentan sieben bis acht Prozent Leerstand - und das ist im Vergleich niedrig. Andere Städte kämpfen da mit dem Doppelten bzw. werden 15 bis 20 Prozent Leerstand in Innenstädten inzwischen sogar als normal angesehen. Fünf Prozent Leerstand gelten dagegen als gut, damit eine Stadt dynamisch bleiben kann. Aber man sollte die Innenstädte künftig weniger als bisher auf Konsum und Umsatz reduzieren. Es geht immer mehr um eine hohe Aufenthaltsqualität mit Sitzgelegenheiten, Begrünung, Parks, Kultur, Arbeiten und Wohnen.
Hand aufs Herz: Welches Angebot fehlt uns in Traunstein bzw. wovon haben wir zu wenig?
Wenn ich die Leute frage, höre ich immer wieder: internationale Feinkost. Sowas wie früher der „Kasfritz“ in der Maxstraße zum Beispiel. Auch ein Fischgeschäft mit Gastronomie wie damals die Nordsee wird immer wieder genannt. Und wir haben zu wenig Übernachtungsmöglichkeiten. Aber man muss schon auch sagen: in unserer Stadt finden sich so viele verschiedene Sortimente, wie eigentlich erst in Städten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern. Die kleinen, inhabergeführten Geschäfte sind unsere größte Stärke, damit sind wir gesegnet. Und genau solche Läden wünschen sich die meisten Leute auch. 
Was können Sie schon verraten, welche neuen Geschäfte in der näheren Zukunft in Traunstein Fuß fassen?
Es wird neue Gastro-Angebote geben und neue Läden in Richtung Gesundheit, Kinder, Mode und regionale Produkte. Ich kann sagen, dass wir die Lücken mit interessanten Konzepten nach dem Motto „Das gibt es nur in Traunstein“ schließen werden. 
Und wie schaut die langfristige Perspektive für Traunstein aus? Auch wenn Corona überstanden ist, die Konkurrenz aus dem Internet wird ja ein Problem für den lokalen Einzelhandel bleiben.
Mit persönlicher Beratung, attraktiver Warenpräsentation, bestem Service und Sortimenten mit Alleinstellungsmerkmalen wird sich der stationäre Handel auch weiterhin erfolgreich behaupten. Langfristig müssen wir natürlich auch bedenken: Traunstein ist jetzt Hochschulstadt. Mit dem Campus Chiemgau stehen wir vor einer Zeitenwende. Neue Geschäftsideen und Konzepte für eine belebte Innenstadt können dadurch verwirklicht werden und auch das Wohnen im Zentrum könnte wieder mehr und attraktiver werden. Aus Sicht der Traunsteiner Stadtplanung soll der Bahnhof mit seinem Umgriff neben dem Stadtplatz zu einem zweiten Zentrum werden. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass wir vom Strukturwandel in den Wintersportorten im südlichen Landkreis profitieren. Da sehe ich für Traunstein noch deutlich mehr Potenzial bei Städtetourismus und Geschäftsreisenden. 
Herr Weiß, vielen Dank für das Gespräch.

xe

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