„Dekontamination von Personen“
Große Feuerwehr-Übung in Waging am See
Die Feuerwehren versammelten sich zu einer Großübung im Waginger Gewerbegebiet.
Pressemeldung FF Waging am See im Wortlaut
Ausgangslage war, dass in einem Entsorgungsunternehmen eine chemische Reaktion unter Bildung eines stechendes Gases stattfand. Derartige Einsätze sind zwar relativ selten, stellen die Einsatzkräfte aber in der Realität vor besondere Herausforderungen. Bereits vor über 40 Jahren wurden bei der Waginger Feuerwehr bereits Ausrüstungsgegenstände für Gefahrgut- und Mineralölunfälle beschafft. Seitdem wurden die Geräteschaften immer wieder erweitert und erneuert. Besonders aufgrund des Gefahrgutverkehrs aus dem Bayerischen Chemiedreieck, welcher auf den beiden Staatsstraßen 2104 und 2015 unterwegs ist und bei Gefahrstoffen von örtlichen Betrieben muss die heimische Feuerwehr dafür gerüstet sein.
Um dieses Szenario zu trainieren, fand diese Übung statt. Aufgrund der hohen Anzahl an verunfallten Personen wurde dabei die in der Fachsprache sogenannte “Erweiterte Stufe III (Dekon-P des Bundes) angefordert. Diese Spezialausrüstung wird im Landkreis Traunstein durch die Feuerwehr Stein an der Traun an den Unglücksort gebracht. Den Personalbedarf an Einsatzkräften festzustellen, das Zeitmanagement der Dekontamination zu ermitteln, sowie die Möglichkeit und Grenzen der Dekonstufe 3 zu testen war dann das Ziel dieser Übung.
Nachdem Einsatzleiter und 1. Kommandant Michael Schramke die Lage erkundet hatte, war die Rettung einer bewusslosen Person die Erstmaßnahme. Nach einer sogenannten Sofortdekon konnte diese dann umgehend an den Rettungsdienst übergeben werden. Ein Atemschutzgeräteträger musste kurz darauf aufgrund eines angenommenen Schwindelanfalls ebenfalls über über diese Einrichtung den Gefahrenbereich verlassen. Parellel dazu begann der Aufbau von zwei weiteren Dekontaminationsplätzen der sogenannten Standardstufe 2. Zum einen wurde eine alternative Ausführung einer Dekon-Stelle, bestehend aus mehreren Schaugschläuchen und einer Plane, zum anderen das Dekon-Duschzelt der Waginger Feuerwehr aufgebaut. An dieses Duschzelt wurde im weiteren Verlauf der Übung dann die “Erweiterte Stufe 3” angebaut.
In der Zwischenzeit galt es den Gefahrstoff zu ermitteln. “Mit einer speziellen Messstrategie aus pH-Indikatorpapier, “Polytec I unbekannte Gase” und “Polytec III” konnte der Stoff als Ammoniak identifiziert werden”, so Martin Pöllner, Fachberater für Gefahrgut der Waginger Feuerwehr und Ausarbeiter dieser Übung: “Mit dem Prüfröhrchen Ammoniak wurde dies bestätigt und eine Konzentration von 270 ppm ermittelt.”
Die Kleidung der Gereinigten aus den Dekonplätzen musste luftdicht verpackt, die Personen namentlich erfasst und mit Ersatzkleidung ausgestattet werden. Logistisch war dies durchaus eine Herausfoderung, da die Betroffenen natürlich den Gefahrenbereich schnellstmöglichst verlassen möchten. Auch Verletzte mussten medizinisch versorgt werden. Einsatzkräfte mit leeren Atemschutzflaschen haben auch zwangsläufig den Unglücksort zeitnah zu verlassen.
Um im Anschluss an die Übung ein Feedback zu erhalten, wurde der Ablauf von Übungsbeobachtern der Feuerwehren Traunreut, Übersee und Attel-Reithmering akribisch festgehalten. An der Übung beteiligt waren neben der Waginger Feurwehr die Freiwilligen Feuerwehren aus Gaden, Otting, Petting, Stein an der Traun, Taching am See und Tettenhausen.
Insgesamt mussten 16 Verletzte und 18 Einsatzkräfte gereingt und somit von den Schadstoffen befreit werden. Es erfolgte sowohl eine Trockendekontamination (also das Entkleiden der kontaminierten Oberflächen) sowie eine Nassdekontamination (Abspülen der Schutzanzüge beziehungswiese Duschen) von Verletzten und Einsatzkärften mit allen drei eingesetzten Körperschutzformen. Dabei ist die “Form 1” der Feuerwehrschutzanzug mit Kontaminationsschutzhaube, “Form 2” ein chemisch beständiger Flüssigkeitssschutzanzug und “Form 3” ein gasdichter Chemikalienschutzanzug.
“Nach einer Kontamination mit atomaren, biologischen oder chemischen Gefahrstoffen müssen Personen davon grob gereinigt werden, um eine weitere Verschleppung zu verhindern”, so Martin Pöllner: “Im zivilen Katastrophenfall ist dies Aufgabe der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerkes. Verletzte sind alle Personen, bei denen ein Kontakt mit dem Schadstoff nicht ausgeschlossenwerden kann und Einsatzkräfte mit unzureichender beziehungsweise beschädigter Schutzausrüstung.” Zudem werden anschließend auch die Einsatzkräfte mit kontaminierter Schutzkleidung dekontaminiert.
Verschiedene Stufen der Dekontamination
Bei der Dekontamination gibt es dabei verschiedene Stufen: Stufe 1 wird als “Sofortdekon” bezeichnet, da diese umgehend beim Vorgehen des ersten Trupps in den Gefahrenbereich aufgebaut sein muss. Sie besteht mindestens aus Abspülmöglichkeiten (beispielsweise die Schnellangriffseinrichtungen der Löschfahrzeuge), einer Krankentrage, sowie eines Sanitäts-Rucksackes mit Kleiderschere.
Die Stufe 2 (auch Standardstufe bezeichnet) braucht zusätzlich noch die Möglichkeit, das kontaminierte Abwasser aufzufangen. Die “Erweiterte Stufe 3” besteht dann weiter noch aus einem Auskleidezelt, Duschzelt und Ankleidezelt. Diese Zelte verfügen über eine Stromversorgung, Heizung und einen Warmwasserbereiter, sowie Frisch- und Abwasserbehälter (Pressemitteilung Freiwillige Feuerwehr Waging am See)

