Am 6. März in Grabenstätt
Uli Borowka spricht über sein Doppelleben als langjähriger Fußballprofi und Alkoholiker
Seit 23 Jahren ist er trocken: Der Ex-Fußballer Uli Borowka spricht am 6. März in Grabenstätt über seine Sucht. Seine Erfahrung bringt er in der Suchtprävention ein. Der Eintritt ist frei.
Grabenstätt – Der ehemalige Profi-Sportler Uli Borowka ist in der Suchtprävention tätig. Am Montag, 6. März, um 19 Uhr gastiert er in der Grabenstätter Schlossökonomie und spricht über sein jahrelanges Doppelleben als Fußballprofi sowie Alkoholiker. Er berichtet über den harten Kampf zurück ins Leben. Der Eintritt ist frei.
Erst nach dem Abschied aus dem Profi-Fußball gelang Borowka im Jahr 2000 der Ausstieg aus der Alkoholsucht – nach viermonatiger stationärer Therapie.
Zweifacher Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger
Borowka gewann den Europapokal der Pokalsieger, ist zweifacher Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger mit dem SV Werder Bremen. Der sechsfache deutsche Nationalspieler sorgte wegen alkoholbedingter Eskapaden und familiärer Probleme oft für Schlagzeilen. In seiner schlimmsten Lebenskrise, in der ihn auch seine Familie verließ, versuchte er, sich das Leben zu nehmen.
Neben der Alkoholsucht ließ Borowka auch seine Medikamenten- und Spielsucht hinter sich. In seinem Vortrag berichtet der 60-jährige gebürtige Sauerländer über seinen Weg zurück ins Leben. Seit seiner Entziehungskur vor 23 Jahren ist er abstinent. 2012 schrieb er die Autobiografie „Volle Pulle. Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker“.
Pro Tag eine Kiste Bier und zwei Flaschen Wodka
Er gründete den Verein „Suchtprävention und Suchthilfe“ und berät Spieler mit Suchtproblemen. Regelmäßig spricht er in Schulen, Firmen, Kliniken oder Gefängnissen über seine Erfahrungen und warnt vor den Folgen von Drogen sowie übermäßigem Konsum von Alkohol und Medikamenten.
Pro Tag trank er einst eine Kiste Bier und zwei Flaschen Wodka. Medikamente nahm er mit Bier und Rotwein zu sich. Borowka war damals 37 Jahre alt und ein körperliches und psychisches Wrack. Mithilfe zweier Vertrauter, darunter sein früherer Teamkollege Christian Hochstätter, fand er den Weg aus der Sucht. „Jeder Tag, an dem ich trocken bin, ist wichtiger als jeder Titel, den ich gewonnen habe.“
Alle gesellschaftlichen Schichten und Berufsgruppen betroffen
Heute sieht sich Borowka selbst als erster Ansprechpartner für Suchtkranke und vermittelt sie an professionelle Anlaufstellen: „Ich bekomme regelmäßig Nachrichten von suchtkranken Menschen, darunter Leistungssportler, Journalisten, Handwerker, Soldaten und Juristen“. Es betreffe alle gesellschaftliche Schichten und Berufsgruppen. Bei Kindern und Jugendlichen seien es besonders die Handy-, Internet- und Spielsucht.
Während Corona hätten sich die Anfragen bei ihm verzehnfacht. Gleichzeitig sei die Unterstützung für seine Arbeit weniger geworden. Politikern und Entscheidungsträgern fehle das Verständnis für „Sucht und Prävention“ und oft auch jegliche Kenntnis, bedauert er. Besonders Kinder und Jugendliche liegen dem dreifachen Familienvater am Herzen. „Dass ich mit meinen 60 Jahren junge Menschen erreiche, macht mich stolz und gibt mir die Kraft weiterzumachen“, sagt Borowka. Er selbst habe schon als junger Profi unter Versagens- und Existenzängsten gelitten. Dies öffentlich zuzugeben wäre unmöglich gewesen. Denn „als härtester Verteidiger der Bundesliga durfte ich keine Gefühle zeigen“, so Borowka.
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„Volle Pulle“ ist nach wie vor sein Lebensmotto, doch nun auf andere Weise. Er ist heilfroh, dass seine Organe keinen Schaden genommen haben. „Andere kommen da deutlich weniger gut weg“, weiß Borowka, der sich nach seinem Vortrag gerne der Diskussion stellt und Fragen beantwortet.
Organisiert hat die Veranstaltung der Grabenstätter Pfarrgemeinderat. Als Veranstalter fungiert die Gemeinde, Kooperationspartner ist die AOK. Alfons Kritten aus Grabenstätt, der den Kontakt mit Borowka herstellte, freut sich, dass auch die Caritas Suchtprävention Traunstein mit im Boot ist. Diese stellt nach dem Vortrag kurz ihre Arbeit in der Suchtberatung und Suchtprävention vor.