Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Erntebilanz: zu Besuch bei Chiemgauer Landwirten

„A gscheids Heu“ gibt es dieses Jahr noch nicht: Fällt die Ernte 2024 ins Wasser?

Collage: links: Der Leiter des Amtes für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten Traunstein, Michael Kaiser, Rechts: Symbolbild Heuernte.
+
Zwischenfazit zur Ernte im Chiemgau: Der Leiter des Amtes für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten Traunstein, Michael Kaiser erklärt bei der Ernte-Pressefahrt, warum das unbeständige Wetter 2024 bislang für die Bauern eine Herausforderung war.

„Schwierig war, dass es doch fast täglich geregnet hat.“ Bei der Ernte-Pressefahrt zieht der Leiter des Amtes für Landwirtschaft Traunstein, Michael Kaiser, eine erste Bilanz. Drei Bauern aus Seeon-Seebruck und Chieming bestätigen: die Zeitfenster zur Heuernte waren knapp. Trotzdem: Nirgendwo wächst das Gras so gut wie bei uns.

Seeon-Seebruck/Chieming – „Gewachsen is guad, aber für die Nerven ist des nichts.“ Josef Freiwang hat einen Milchviehbetrieb in Heimhilgen bei Seeon-Seebruck und bringt es auf den Punkt. Dieses Jahr ist geprägt von ständigen Regenfällen. Das Gras wächst dadurch sehr gut. So früh wie noch nie sei man zum ersten Grasschnitt auf den Wiesen unterwegs gewesen. Bei der Ernte-Pressefahrt lud das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) zu drei Bauernhöfen im Chiemgau. Thema: das heimische Grünfutter.

Während der Ernte-Pressefahrt lud das AELF zu drei Bauernhöfen(von links): Clemens Kronast aus Ischl, Seeon-Seebruck, hat einen Ökobetrieb mit 55 Milchkühen. Martin Maier aus Grilling bei Chieming setzt auf hohe Milchleistung bei seinem Hof mit 60 Rindern. Josef Freiwang hat ebenfalls 60 Kühe, sein Hof steht in Heimhilgen und auch er musste sich mit viel feuchten Wiesen plagen.

„Wir leben in einer gottgesegneten Region“, betont Michael Kaiser, neuer Leiter des AELF. Unsere Wiesen sind offensichtlich saftiger als in weiten Teilen Deutschlands: Das sogenannte Grünland prägt die Kulturlandschaft seit Jahrhunderten. Der Landkreis Traunstein ist bayernweit laut Erhebungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft auf Platz zwei beim Anbau von Feldgras, das Berchtesgadener Land auf Platz acht.

Grünland:

Sammelbegriff für Wiese (Mähnutzung), Weide (unmittelbare Nutzung durch Weidetiere) und Streuwiese (extensive Fläche zur Erzeugung von Einstreu).

Zusammensetzung: Gräser, Kräuter, Hülsenfrüchtler (Leguminosen)

Erntezeitraum: April bis Oktober

„Ohne Wasser geht nichts“ - Wasserknappheit im Landkreis relativ gering

Grün, grüner, am grünsten - Michael Kaiser erklärt, warum: „Ohne Wasser geht nichts.“ Durch die Nähe zu den Bergen sei unsere Region trotz Klimaerwärmung wesentlich weniger von Trockenheit und Dürre betroffen: „Im Landkreis Traunstein haben wir Niederschläge zwischen 700 und fast 1500 Liter pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Bei Würzburg gibt es Gebiete mit nur 400 Liter pro Quadratmeter. Der dortige intensive Ackerbau wird problematisch werden.“

Produktion von Milch - „Sünde, dieses Kapital nicht zu nutzen“

Dank der stabilen Niederschläge prägen im Chiemgau Wiesen und Weiden das Landschaftsbild - und Kühe. Zum allergrößten Teil wird Grünland als Viehfutter verwendet. Und somit sei in der Region die Herstellung von Milch eben naheliegend: „Grünland hat große ökologische Vorteile gegenüber dem Ackerbau, aber auch einen Nachteil: Ich brauche Wiederkäuer zur Verwertung.“ Kaiser geht so weit zu sagen, man würde sich glatt versündigen, dieses Kapital nicht zu nutzen.

Zu Besuch beim Ökobetrieb von Clemens Kronast - 55 Milchkühe, 50 Hektar Grünland. Ein Milchviehbetrieb, typisch für die Region. Allerdings mit relativ viel vorhandener Nutzfläche. Und die muss bewirtschaftet werden. Auch bei Regen. Obwohl Kronast auf Teilflächen auch extensiv - hier steht der Ertrag im Gegensatz zu intensiver Landwirtschaft nicht immer im Vordergrund - wirtschaften kann: Er muss bei jedem Wetter seine Erträge sichern:

Unbeständiges Wetter: Nervenkrieg für unsere Bauern

„Die Zeitfenster waren dieses Jahr zu knapp, es hat ständig geregnet“, erklärt Kronast. Und sein Kollege vom nahegelegenen Bauernhof in Heimhilgen, Josef Freiwang ergänzt: „A gscheids Heu gibts dieses Jahr noch nicht.“ Zwei Probleme stellen sich den Landwirten, wenn das Wetter so unbeständig ist wie dieses Jahr: Je jünger das Gras, desto mehr Nährstoffe sind enthalten. Das ist wichtig, um bei den Kühen eine hohe Milchproduktion zu gewährleisten. Je mehr es regnet, desto schneller wächst das Gras: Dieses Jahr mussten die Bauern also öfter mähen.

„A gscheids Heu“, was ist das? Links sieht man Heu, das zur richtigen Zeit geerntet und getrocknet werden konnte. Grün und nach Selbsttest - wohlriechend. Gute Nährstoffe für die Kühe inklusive. In der Mitte ein Beispiel dafür, wie Heu im besten Fall nicht aussehen sollte. Es kann noch als Einstreu verwendet werden. Rechts: Grassilage.

„Heuer war der erste Schnitt schon im April, weil das Gras einfach schon reif war.“ Bis zu sieben Schnitte könne bei diesem feuchten Wetter ein Bauer in der Saison 2024 hier einfahren. Das ist gut - aber auch, so Kaiser, mit viel Arbeitsaufwand und Kosten verbunden. Zweites Problem: Für Heu braucht es trockene Phasen. Lösung? Unter anderem die sogenannte Silage: Durch Gärung konserviertes, hochwertiges Grünfutter. Und auf Nachfrage erklärt Bauer Freiwang: Das schmeckt den Kühen auch hervorragend.

Erntebilanz Zwischenfazit: Grünland gut, Heu schlecht, Ackerbau durchwachsen,

Wetter, Kosten, Aufwand, Ertrag - in der Landwirtschaft sei immer alles ein Abwägen, ein Kompromiss, so Kaiser. Wie ist das bislang bei uns in der Region 2024 gelungen? Michael Kaiser zieht eine erste, vorsichtige Bilanz. Durch die vielen Niederschläge sei die Heuernte schwierig. Der Ertrag von Grünfutter generell wäre aber gut. Anders sieht das im Ackerbau aus. Auf den ständig feuchten Böden könne man mit schweren Maschinen oft nicht ins Feld fahren, ohne stecken zu bleiben oder Schäden anzurichten.

„Das Getreide ist stärker von Pilzkrankheiten bedroht. Die mechanische Unkrautbekämpfung war erschwert. Das wirkt sich auch auf den Anbau von zum Beispiel Kartoffeln, Sojabohnen oder Mais aus.“ Und Bauer Clemens Kronast bestätigt: Seine Kartoffeln seien dieses Jahr nichts geworden. Zu nass. Die Bilanz der Bauern? „Es war bislang sowohl ein gutes Jahr, weil es so nass war, und ein schlechtes Jahr, weil es nass war.“ Der Spätsommer bringt vielleicht beides in ausgewogenem Maß: Sonne und Regen.

Kommentare