Info-Abend im Forum des Campus Chiemgau in Traunstein
Ein Cyber-Sicherheitsnetz für die Region? So soll es funktionieren
Die Gefahr für Unternehmen durch Hackerangriffe und Datenklau nimmt zu. Nun soll ein regional verzweigtes Netzwerk aufgebaut werden, um Betriebe und Verbraucher künftig besser zu schützen.
Traunstein – Nicht nur auf den Schlachtfeldern in der Ukraine tobt der Krieg. Wie dem aktuellen Lagebericht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu entnehmen ist, hat die Bedrohungslage durch Schadsoftware mit Datenverschlüsselung und Erpressung in Unternehmen, Datenraub oder Sextortion-Kampagnen (Erpressung mit Nacktfotos) im letzten Jahr nochmals zugenommen. Um bei IT-Sicherheitsvorfällen gerüstet zu sein, wird derzeit bundesweit ein regional verzweigtes und flächendeckendes Cyber-Sicherheitsnetzwerk (CSN) aufgebaut.
Es dient dazu, kleinen und mittleren Unternehmen sowie Bürgern bei IT-Sicherheitsvorfällen schnell, effizient und kostengünstig Unterstützung anzubieten. Koordinierungsstelle und Ansprechpartner ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Um was es dabei geht, wer dabei Unterstützung bietet und welche Vorteile Firmen davon haben, machte nun ein Informationsabend im Forum des Campus Chiemgau in Traunstein deutlich. Veranstalter waren der Informationskreis der Wirtschaft (IdW) und das bundesweit tätige IT-Unternehmen der FoxGroup in Tittmoning.
Neu eingerichtete Hotline für Betroffene
Als dessen Geschäftsführer und vom BSI zertifizierter Auditteamleiter ist Franz Obermayer von Berufs wegen intensiv mit Cybersicherheit befasst. Durch seine Aufgabe als IdW-Vorsitzender kennt er zudem die zum Teil schwierige Situation mit IT-Attacken in den Unternehmen. Zum Auftakt des Informationsabends stellte er die Details des flächendeckend geplanten Cyber-Sicherheitsnetzwerks vor. Es soll deutschlandweit einheitliche Qualifikationskriterien für die Behandlung von IT-Sicherheitsvorfällen etablieren. Betroffene Verbraucher und Firmen sollen im Fall einer Attacke durch ein „transparentes und aufeinander abgestimmtes Vorgehen“ profitieren.
Als national zentrale Anlaufstelle bei IT-Sicherheitsvorfällen ist die neu eingerichtete Hotline des CSN vorgesehen, an die die regionalen Hotlines angeschlossen sind. Über sie bekommen registrierte Nutzer auch schnell Kontakt zu Experten und IT-Sicherheitsdienstleistern. Ebenso diene die Plattform, wie Obermayer erklärte, zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch mit Krisenfällen.
Seit dem Start des Netzwerks im Herbst 2021 konnten 27 verschiedene Schulungsanbieter 354 Teilnehmer zu Vorfall-Experten weiterqualifizieren. 179 IT-Sicherheitsvorfälle und kleinere Störungen in Unternehmen, darunter fast ein Viertel Phishing-Angriffe, konnten behoben werden. Dazu kommen 118 Problemfälle mit der Netzsicherheit bei Verbrauchern. Aktuell bietet das BSI kostenlose Basiskurse für digitale Ersthelfer an.
Dr. Birgit Seeholzer, Geschäftsführerin der Chiemgau GmbH Wirtschaftsförderung, hielt die Weiterqualifizierung von digitalen IT-Ersthelfern und Notfallexperten gerade vor dem Hintergrund fehlender Fachkräfte sowie einer fortschreitenden Digitalisierung und einer zunehmenden Bedrohungslage in Unternehmen, Organisationen und Bildungseinrichtungen wie Schulen geboten. Sie sah im Aufbau eines regionalen CSN einen „wichtigen Baustein für die Wirtschaftsregion“.
Passende Reaktionin Krisenfällen
Franz Obermayer gab praxisnah Einblicke in den passwortgeschützten, nicht öffentlich zugänglichen Teil des Internets, das sogenannte Deep Web, sowie in das Darknet. In Ersterem werden etwa Daten des Bank- und Gesundheitswesens oder der Wissenschaft ausgetauscht. Die Vorzüge des Darknets liegen im anonymisierten Surfen mittels Tor-Browser, sodass sich dort mittlerweile ein Marktplatz für illegale Dienstleistungen aller Art etabliert hat. Franz Obermayer ergänzte jedoch, dass das Darknet in autoritären Staaten andererseits als Plattform auch einen wichtigen Beitrag zur Meinungsfreiheit leiste.
In der Diskussion ging es um die passende Reaktion in Krisenfällen, beispielsweise das Zahlen von Lösegeld oder das Abschalten von Servern, die Wirksamkeit von Versicherungen gegen Cyberattacken, die Entwicklung neuer Bedrohungslagen durch russische Hacker, das Risikomanagement bei Energieversorgern und die Gefahren durch gehackte IT-Dienstleister.
