Edeka übernimmt Petrusquelle
Dunkle Wolken über dem Betriebsjubiläum: Siegsdorfer Traditions-Unternehmen verkauft
Im kommenden Jahr feiert die Siegsdorfer Petrusquelle ihr 160-jähriges Bestehen. Doch die Stimmung ist gedrückt, seit klar ist, dass der Handelsriese Edeka den Brunnenbetrieb übernimmt.
Siegsdorf – Im kommenden Jahr könnte die traditionsreiche Siegsdorfer Petrusquelle ihr 160. Jubiläum feiern. 1864 wurde das Quellwasser erstmals öffentlich zu Bade- und Trinkkuren verwendet. Zehn Jahre davor war die „Petrusquelle“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden, weil sie am Fuße der ehemaligen Kirche von Untersiegsdorf entspringt, die St. Petrus geweiht war.
Ob der Brunnenbetrieb, der 2008 beim öffentlichen Brunnenfest rund 20.000 Besucher anzog, das Jubiläum feiern wird, ist derzeit noch völlig offen. Die Stimmung ist eher gedrückt.
Beschäftigte sollen übernommen werden
Wie die Hamburger Edeka-Zentrale kürzlich in einer Pressemeldung bekannt gab, übernimmt die zum Lebensmittelkonzern gehörende Sonnländer Getränke GmbH ab 1. April die Siegsdorfer Petrusquelle. Diese gehörte seit 1994 zur Staatlichen Mineralbrunnen AG Bad Brückenau mit Sitz im fränkischen Bad Berneck. Alle 45 Beschäftigten sollen übernommen werden. Ebenso soll die Marke „auch in Zukunft weitergeführt“ werden. Edeka erklärt, die Übernahme diene dazu, die „Unabhängigkeit und Flexibilität“ sowie die Versorgungssicherheit „zum attraktiven Preis“ zu sichern. Sonnländer mit Sitz in Rötha bei Leipzig und 450 Mitarbeitern gehört zu den bundesweit führenden Produzenten von Fruchtsäften, Nektaren und Fruchtsaftgetränken.
Stillschweigen über Kaufpreis
Dass über den Kaufpreis „Stillschweigen vereinbart worden ist“, wie es in der Pressemitteilung heißt, mag nicht verwundern. Laut Geschäftsbericht der Siegsdorfer Petrusquelle waren die Zahlen spätestens seit 2017 rückläufig. So sank die Betriebsleistung zwischen 2017 und 2021 von 8,2 auf 7,4 Millionen Euro und das Jahresergebnis von 155.000 Euro auf minus 229.000 Euro.
Ob der Markenname bleibt, ist unklar
Immer wieder wechselte das Unternehmen den Besitzer. Dazu zählten unter anderem das Hofbräuhaus Traunstein, die Familie des Salzburger Bürgermeisters und Landtagsabgeordneten Ignaz Harrer, die Bayerische Hotelbetriebsgesellschaft oder von 1988 bis 1994 die Löwenbräu-Gruppe.
Die Petrusquelle steht dabei deutlich im Schatten des zweiten Mineralbrunnens in Siegsdorf: den Adelholzener Alpenquellen. Der seit 115 Jahren im Besitz der Kongregation der Barmherzigen Schwestern liegende Betrieb gehört mit 635 Millionen Füllungen und 640 Mitarbeitern inzwischen zur drittstärksten Mineralwassermarke in Deutschland. Im Rahmen des 2021 vorgestellten „Zukunftskonzepts 2040“ sollen Millionen in den Umbau des Standorts fließen. Zudem läuft aktuell das Genehmigungsverfahren zur Verlängerung der im Jahr 2025 auslaufenden Wasserechte. Sie sichern Adelholzener die Entnahme von bis zu einer Million Kubikmeter Wasser aus Tiefenschichten für die Produktion des Mineralbrunnens.
„Keine Sorgen um die Zukunft“
Anders als Adelholzener bezieht die Petrusquelle ihr Wasser aus artesischen Brunnen im Ortszentrum, also Brunnen unterhalb des Grundwasserspiegels, aus denen Wasser von selbst austritt, und setzt eher auf regionalen Vertrieb.
„Keine Sorgen um die Zukunft der Siegsdorfer Petrusquelle“ macht sich derzeit Siegsdorfs Bürgermeister Thomas Kamm. Allerdings sei noch unklar, inwieweit der für den Ort werbewirksame Markenname im künftigen Sortiment bei Edeka auf Dauer weitergeführt wird. Wie er aus Gesprächen mit Vertretern von Sonnländer und der Petrusquelle vor dem Verkauf erfahren habe, will Edeka speziell bei der Vermarktung des Mineralwassers aus Siegsdorf wohl eher auf Einwegverpackungen aus PET setzen und nicht mehr auf Mehrweg oder Glas. Ebenso soll wohl die Süßgetränkelinie weitergeführt werden.
Laut Geschäftsbericht von 2021 erfolgte vor der Übernahme auch eine Lohnabfüllung für den Babynahrungshersteller Hipp. Weder von der Edeka-Zentrale in Hamburg noch vom Staatlichen Mineralbrunnen Bad Brückenau waren trotz mehrfacher Anfrage Auskünfte über die künftige Neupositionierung der Petrusquelle zu erfahren.
Verteilungswettkampf ums Trinkwasser
Wie Edeka in einem Statement dagegen verlauten ließ, steht die Übernahme in Siegsdorf in Zusammenhang mit der „überraschenden einseitigen Kündigung“ der Lieferverträge durch den langjährigen Mineralwasser-Lieferanten der Altmühltaler Mineralbrunnen GmbH. Übergangsweise habe man Wasser aus französischen Brunnen bezogen. Speziell für die Eigenmarke „Gut und Günstig“ seien jedoch „kurze Transportwege von der Quelle zu den Logistikzentren und Märkten“ wichtig.
Nach Medienberichten könnte der Deal allerdings im „Kampf ums Trinkwasser“ erst der Auftakt für weiterreichende Verteilungswettkämpfe sein. Angesichts schrumpfender unterirdischer Wasservorräte in der Klimakrise sichern sich demnach Handels- und Getränkeriesen derzeit bundesweit direkte Zugriffe auf Mineralwasservorkommen, um ihre Geschäfte langfristig abzusichern.