Hat er drei Buben aus dem Kreis Rosenheim vergewaltigt?
Prozess gegen Busfahrer: Welche neuen Indizien nun gegen den Waldkraiburger sprechen
Als Busfahrer soll er im Landkreis Rosenheim Kinder kennengelernt und drei Buben vergewaltigt haben - Am zweiten Prozesstag steht die Aussage der leitenden Ermittlerin der Kripo Mühldorf im Mittelpunkt.
Das Wichtigste in Kürze:
- Dem Angeklagten werden dutzende Fälle von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung an drei Buben vorgeworfen.
- Der Angeklagte hat bei Prozessauftakt die Vorwürfe abgestritten und eine „Falle der Eltern“ vermutet.
- Weitere neue Indizien belasten Angeklagten
Update, 15 Uhr - Weitere neue Indizien belasten Angeklagten
Welche Beweise oder klare Indizien wurden im Prozess gegen den Waldkraiburger bisher bekannt, die ihn der Vergewaltigungen überführen könnten? Die Kriminalpolizistin berichtet als Zeugin, dass vom Angeklagten Spermaspuren in den Wohnungen gefunden werden konnten, wo sich die Taten gegen die Kinder ereignet haben sollen. In den Waldstücken wurde man nicht direkt fündig.
Die Handys, sowohl der Kinder, als auch vom Angeklagten, wurden ebenfalls ausgewertet: Hunderte Anrufe zwischen den Buben und dem 56-Jährigen konnten zurückverfolgt werden – obwohl der Mann sein Handy mehrmals auf die Werkseinstellungen zurücksetzte. Sein Whatsapp-Verlauf war dadurch weg. Auch bei jenem Buben, der beim Waldkraiburger erwiesenermaßen zuhause war, war der Whatsapp-Verlauf gelöscht. Die vernommenen Beamten vermuteten, dass das noch kurzerhand geschah, als die Polizei Mitte Juli 2021 beim Angeklagten daheim war und es einige Minuten dauerte, bis auch das Kind vor die Augen der Polizei trat.
Ein weiteres Indiz wurde durch die Ermittlungsbeamten bekannt: In den Vernehmungen wurden die Kinder auch nach besonderen persönlichen Merkmalen am Körper des Angeklagten gefragt. Manche Dinge konnten konkret benannt werden. „Eines der Kinder muss den Angeklagten nackt gesehen haben”, so die Kriminalpolizistin - „oder zumindest nicht vollständig bekleidet”.
Alle beteiligten Eltern der Kinder hätten erst durch die Polizei von den Vorwürfen gegen den 56-Jährigen erfahren – und das, obwohl der Mann bekanntermaßen bei einer Mutter zwischenzeitlich auch einzog und er immer wieder im Kinderzimmer übernachtet haben soll. „Blauäugig und naiv” nennt ein Polizist ihre Einstellung vor Gericht. Zu Prozessbeginn wies der Angeklagte alle Vorwürfe von sich („Alles Lüge”) - daran änderte auch der zweite Verhandlungstag nichts.
„Wir werden die geschädigten Kinder also auch anhören müssen”, so Richterin Heike Will. Der Prozess um die Vergewaltigung dreier Buben aus dem Landkreis Rosenheim wird am 25. Oktober in Traunstein fortgesetzt.
Update, 18. Oktober, 12.45 Uhr - Kripo legt Erkenntnisse vor
Mit einer zentralen Zeugin beginnt der zweite Verhandlungstag am Traunsteiner Landgericht: die Sachbearbeiterin der Kripo Mühldorf. Sie führte die Ermittlungen gegen den 56-Jährigen. Wie kam es überhaupt dazu, dass die Beamten Verdacht gegen ihn hegten? Bei der Waldkraiburger Polizei ging Mitte Juli vorigen Jahres ein Anruf ein. Ein Vater meldete nach einem Streit seinen Sohn als vermisst – und vermutete ihn beim angeklagten Busfahrer und dessen Frau.
Die Frau des Angeklagten habe an der Wohnungstür gegenüber der Polizei zuerst noch geleugnet, dass der 13-Jährige bei ihnen sei – doch die Beamten hätten zufällig den Buben in der Wohnung kurz sehen können. Der Angeklagte und seine Frau meinten dann, das Kind wäre freiwillig bei ihnen, so die Kriminalpolizistin: „Der Junge war nur in Unterhose unterwegs und die Aussagen vom Angeklagten und seiner Frau waren nicht stimmig, drum haben wir nachgehakt, auch beim Kind.“
„Irgendwas passt da nicht“, hatte auch ein Waldkraiburger Polizist das Gefühl, der das Kind seinen Eltern wieder übergab. Nach längerem Gespräch habe der Bub irgendwann ausgepackt. „Das war auch für mich schockierend“, so der Polizist. Nicht nur an diesem Abend, sondern auch mehrfach in den Wochen zuvor seien ihm sexuelle Dinge angetan worden. Er habe Orte und Taten recht genau beschreiben können – und er wisse einen weiteren Buben, dem es genauso ergangen wäre. Die Staatsanwaltschaft ordnete noch in derselben Nacht die Festnahme an.
Und wie reagierte der Angeklagte an jenem Abend? Auf dem Weg in die U-Haft habe er sich erklärt, so die Kriminalpolizistin im Zeugenstand: Der Bub hätte nur wegen familiärer Probleme Zuflucht beim Angeklagten gesucht. Keinem der Kinder habe er etwas Sexuelles angetan, so der Waldkraiburger. Die Buben seien vielmehr beim Busfahren oft auf ihn zugekommen, hätten ihm Probleme anvertraut. „Er konnte es sich nur so erklären, dass ein Komplott der Kinder und Eltern gegen ihn stattfindet“, so die Zeugin der Kripo – also ziemlich genau jene Version, die der Angeklagte auch zum Prozessauftakt schon vertrat.
Vorbericht
Traunstein/Landkreis Rosenheim/Waldkraiburg - „Lüge, alles Lüge“, kommentierte der 56 Jahre alte Angeklagte zum Prozessauftakt vorige Woche die Vorwürfe, die ihm die Staatsanwaltschaft macht: Dutzende Fälle von sexuellem Missbrauch und Vergewaltigungen an drei Buben. Zwei von ihnen seien bei den Taten 13 Jahre alt gewesen, der dritte Bub gerade mal neun Jahre. Als Busfahrer im Landkreis Rosenheim soll der Mann aus Waldkraiburg die Kinder kennengelernt haben, zwischen 2019 und 2021 hat sich der sexuelle Missbrauch abgespielt, so die Staatsanwaltschaft.
Am Dienstag (18. Oktober) wird der Prozess am Landgericht Traunstein fortgesetzt. Neun Prozesstage sind noch vorgesehen, insgesamt stehen rund 40 Zeugen auf der Liste des Gerichts. Der Angeklagte leugnete nicht, die Kinder zu kennen. Einer der Buben habe auch bei ihm und seiner Frau zuhause übernachtet - weil sich das Kind mit seiner Tochter gut verstanden hätte. Er vermutet, dass eine „Falle“ der Eltern hinter den Vorwürfen stecke. „Ich bin nur einfacher Busfahrer“, so der Angeklagte. Eine Mutter hätte ihm schon gedroht, ihn mit den Vergewaltigungs-Vorwürfen „fertigzumachen“.
Der Prozess in Traunstein beginnt um 9.30 Uhr. chiemgau24.de wird aktuell aus dem Gerichtssaal berichten. Angeklagt ist der 56-Jährige wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Mit einem Urteil wird am 6. Dezember gerechnet.
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