Hoftafeln zeigen Dorfgeschichte
Der Dokumentar der Schlechinger Geschichte: Über einen Mann mit einer besonderen Passion
72 Hoftafeln zeigen nun die Dorfgeschichte des Bergsteigerdorfes Schleching. Das Werk des Heimatpflegers Hartmut Rihl ist beendet - aber wohl niemals vollständig.
Schleching – Der Schlechinger Heimatpfleger Hartmut Rihl ist weit über die Grenzen des kleinen Bergsteigerdorfes hinaus bekannt. Meilensteine seines Wirkens waren Gemeinderatsmitglied (1972-1978), Vorsitzender des Pfarrgemeinderats (1974-1998), örtlicher Beauftragter der Dorferneuerung, dafür erhielt er die „Staatsmedaille für verdiente Bürger im Ländlichen Raum“. Seit 1994 beschäftigt sich Hartmut Rihl intensiv mit der Archäologie des Achentals. Im Jahr 2014 ernannte Bürgermeister Josef Loferer Hartmut Rihl zum Ehrenbürger.
Projekt „Hoftafeln“ wurde 2007 begonnen
Dem Projekt der Hoftafeln nahm sich das „wandelnde Gedächtnis Schlechings“, wie er liebevoll genannt wird, im Jahr 2007 an. „Ich habe im ersten Schritt alle historisch relevanten Gebäude unseres Dorfes definiert und dann rund einhundert Familien und Hausbesitzer angeschrieben und angefragt, ob Interesse an einer Hoftafel besteht“. Die Kosten in Höhe von 100 Euro je Tafel teilten sich die Hausbesitzer und das Amt für ländliche Entwicklung im Rahmen der Dorferneuerung. Die Dokumentation übernahm Hartmut Rihl ehrenamtlich.
„Aus heutiger Sicht war es eine Sisyphusarbeit – ich habe damals jede Information handschriftlich aus den mir zur Verfügung stehenden Quellen übertragen“, sagt Rihl. Und das zu einer Zeit, in der dem Heimatforscher weder ein Fotokopierer noch andere technische Hilfsmittel zur Verfügung standen. Hinter jeder einzelnen Tafel stecken ebenso mühevolle wie aufwendige Recherchen.
Ganze Tage hat der Ortsheimatpfleger bereits als junger Lehrer in den staatlichen Archiven des Freistaates in München, in Pfarrämtern, Klöstern und Kirchen- Archiven verbracht, um die Geschichte seines Dorfes aufzuarbeiten. Und um aus Urkunden, Kirchenbüchern oder Matrikeln, aus Grundbüchern, historischen Katasteraufzeichnungen und vielen anderen Dokumenten zu ermitteln, welche Geschichte sich in den Wohnhäusern und Höfen und welche Schicksale sich hinter den Fassaden verbergen. Als eine der wichtigen Quellen dienten dem Heimatforscher die Verzeichnisse über Besitzrechte der Grundherrschaft und die Abgaberegister und Steuerlisten über zu erbringende Leistungen.
Hoftafeln geben Einblick in die wechselhafte Geschichte des Dorfes
Die Hoftafeln sind 52 Zentimeter in der Breite und rund 44 Zentimeter in der Höhe. Einheitlich in einem beigen Farbton auf wetterfeste Platten gedruckt und über das gesamte Gebiet der 1875-Seelen zählenden Gemeinde Schleching im oberbayerischen Chiemgau verstreut. Derzeit sind es 72 mit äußerster Akribie fein säuberlich beschriftete Schilder, die Einblick in die wechselhafte Geschichte des Dorfes im Südosten Bayerns an der Grenze zu Tirol geben.
In Schleching, wo auch heute noch viele eingesessenen Familien im Dorf nicht mit dem offiziellen Nachnamen, sondern oft mit dem Namen ihres Hauses angesprochen werden, erzählen die Tafeln vom Schicksal der historischen Gebäude und der Menschen, die im Laufe der Jahrhunderte dort ein Zuhause gefunden hatten und deren Nachfahren zum Teil auch heute noch dort leben. Es sind Zeugnisse einer bewegten Geschichte, die bis ins Jahr 1135 zurückgeht, als die Ortschaft an der Tiroler Ache erstmals urkundlich erwähnt wurde.
Werk ist „wohl niemals vollständig“
Rund fünfzehn Jahre nach Beginn des Projektes ist die Arbeit abgeschlossen. „Es gibt durchaus noch Gebäude im Dorf, die wir gerne mit einer Hoftafel aufgenommen hätten“, so der Ortsheimatpfleger. Aber es gäbe auch immer wieder Hausbesitzer, die keinen Wert darauf legten, die Geschichte ihres Gebäudes öffentlich dokumentieren zu lassen. Auch wenn es zu bedauern ist, müsse er damit leben, dass sein Werk wohl niemals vollständig werde.