Wahlkreis Traunstein-BGL
Bundestagswahl 2025: Hans Jürgen Reiner (FW) im Steckbrief und zu den wichtigsten Fragen
Bei der Bundestagswahl stehen im Wahlkreis Traunstein-Berchtesgadener Land neun Erststimmenkandidaten zur Wahl. Wir stellen alle Bewerber für das Direktmandat einzeln vor. Dieses Mal: Hans Jürgen Reiner (FW).
Traunstein – Bei der Wahl am 23. Februar 2025 wollen im Wahlkreis Traunstein-Berchtesgadener Land neun Kandidatinnen und Kandidaten direkt nach Berlin – sechs Männer und drei Frauen. Wer die meisten Erststimmen für sich verbucht, ist „drin“. rosenheim24 stellt die Kandidaten einzeln im Steckbrief vor und hat sie mit einigen Kernfragen konfrontiert. Hier sehen Sie die Antworten von Hans Jürgen Reiner (FW).
Steckbrief und politische Schwerpunkte
Hans Jürgen Reiner, 61 Jahre; Wohnort: Berchtesgaden; drei erwachsene Kinder, vier Enkelkinder, Beruf: CxO / Geschäftsführer; Hobbys: Tauchen, Jagd, Motorrad fahren, echte Volksmusik.
Die Kandidatur ist das Ergebnis vieler Überlegungen und Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren gemacht habe. Mit ausschlaggebend sind meine Erfahrungen als Geschäftsführer im Bereich Gesundheitswirtschaft. Nicht nur in diesem Bereich gibt es viele Dinge strukturell anzupacken. Die Politik war bisher zu abstrakt und realitätsfern. Nachdem ich überzeugt, bin, dass es für unsere Gesellschaft wichtig ist, dass sich Praktiker und Leute mit Erfahrung politisch engagieren, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich für den Bundestag kandidieren will.
Mein persönlicher Schwerpunkt liegt zunächst also in der Gesundheitspolitik. Ich war in einigen Unternehmen an vorderster Front in leitender Funktion tätig. Ich weiß also, wo man anpacken muss, damit einerseits die hohe Qualität der Versorgung erhalten bleibt, auch in der Fläche, und andererseits die Kosten nicht weiter explodieren.
Ein wesentlicher Faktor dabei, wie auch in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft, ist die Digitalisierung, bei der wir europaweit derzeit den vorletzten Platz einnehmen.
Die Wirtschaft im Allgemeinen ist mir ein Anliegen – ob Industrie, Handel und Handwerk, Verkehr, ob Dienstleistungen oder Forschung und Entwicklung. Eine florierende Wirtschaft ist nun einmal die Grundlage für unseren Sozialstaat und unseren Wohlstand.
Unser Land ist inzwischen führend beim Aufbau bürokratischer Hemmnisse für Fortschritt und Wachstum, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit massiv behindern. Das muss sich ändern. Wir müssen Bürokratie abbauen und Innovationen fördern!
Ich bin auch für die Verfolgung von Zielen zum Umweltschutz, aber in dem Maße, wie es sinnvoll und vor allem auch bezahlbar ist. In den Umweltschutz kann nur dann investiert werden, wenn auch Geld vorhanden ist. Und wenn wir die Wirtschaft mit Umweltauflagen abwürgen, ist einfach auch kein Geld mehr für den Umweltschutz verfügbar.
Klimawandel und Extremwetter
Klimawandel und Extremwetter mit katastrophalen Folgen für Mensch und Natur sind ein globales Problem. Was können Sie als Abgeordnete bzw. Abgeordneter tun?
Antwort: Diese beiden Themenfelder sind in der Vergangenheit, und ich meine dabei nicht erst die letzten Monate, nicht ernst genug genommen worden. Ich bin der Meinung, dass es hier zu grundlegenden Einschnitten kommt und dass sich das Rad der Zeit einfach nicht zurückdrehen lässt. Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass sich der Klimawandel verhindern lässt.
Als Abgeordneter sehe ich es demnach als meine primäre Aufgabe, den Leuten klar zu sagen, dass wir maximal die Auswirkungen abmildern können, aber den Klimawandel rückgängig machen, das sehe ich nicht als machbar an.
Die jetzt schon sichtbaren Auswirkungen zu bekämpfen, wird eine Mammutaufgabe, die bei jedem anderen Handeln mitgedacht werden muss. Bei jedem Themenfeld muss immer der Gedanke mitschwingen, die Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima so gering wie möglich zu halten. Im Zusammenspiel mit einer dringend erforderlichen anderen Wirtschaftspolitik wird das eine Gratwanderung, die unser aller Kraft fordern wird.
Vor allem wird es die großen Maßnahmen nicht geben, die zum Beispiel die Emission von Treibhausgasen schlagartig reduzieren. Wir müssen, wie in der Kommunalpolitik, kleinteilig denken. Viele kleine Maßnahmen werden uns letztlich viel weiter bringen als große Förderinvestitionen.
Um konkret zu werden: In Deutschland gibt es circa 2000 Rechenzentren. Diese produzieren große Mengen an Abwärme, die in vielen Fällen völlig ungenutzt in die Luft geblasen werden. Wir müssen als Gesetzgeber im Bundestag dafür sorgen, dass jedes Rechenzentrum seine Abwärme zur Weiternutzung abgeben muss. Das ist nur ein kleiner Baustein, aber von diesen Optionen gibt es noch viele.
Migration und Integration
Der Zustrom von Flüchtlingen ist ein großes Thema in Deutschland. Was kann aus Ihrer Sicht bei der Migration und der Integration der Menschen verbessert werden?
Antwort: Es steht für mich außer Frage, dass wir einem ehrlichen, tatsächlich verfolgten Asylbewerber Schutz gewähren, jetzt und auch in Zukunft. Zudem ist es unbestritten, dass wir qualifizierte Facharbeiter brauchen, in vielen Wirtschaftsbereichen, in der Gesundheitswirtschaft ganz besonders, aber nicht nur da.
Menschen, die unsere Verfassung, unsere Werte und Kultur und unsere Demokratie respektieren, sollten wir auch wohlwollend gegenüberstehen. „Brave“ Menschen, die Recht und Gesetz achten, die ihren Beitrag zu unserem Sozialsystem leisten, sollten dementsprechend auch einen Zugang zu unserer Gesellschaft haben. Fest steht aber auch, dass wir diejenigen, die unsere gesellschaftlichen Werte nicht teilen, die gegen Recht und Gesetz verstoßen oder die den Sozialstaat ausnutzen, wieder nach Hause schicken müssen. Konsequent und ohne Wenn und Aber.
Deutschland braucht Zuwanderung, damit wir unseren Wohlstand halten können. In diesem Kontext sind Menschen aus anderen Ländern dauerhaft willkommen. Früher gab es die sogenannten „Gastarbeiter“, vor allem aus südlichen Ländern wie Italien und der Türkei. Viele von diesen Menschen sind hier in Deutschland sesshaft geworden und sind aus unserer Mitte nicht wegzudenken. Diese Menschen bereichern unsere Gesellschaft.
Entscheidend ist für mich der Wille des Einzelnen, sich bei uns einzugliedern und zum friedlichen Gemeinwesen beizutragen. Wer das nicht will, der darf auch kein Bleiberecht bei uns haben.
Inflation und Wohlstandsverlust
Ob Heizungsrechnung, Miete oder frisches Gemüse – alles wird teurer. Immer mehr Menschen können sich das nicht mehr leisten. Wie lassen sich Inflation und Wohlstandsverlust stoppen?
Antwort: Ich denke, dass man zur Beantwortung dieser Frage etwas vorher ansetzen sollte. Jeder spricht in Deutschland vom Wirtschaftswachstum. Alles soll mehr und besser werden. Damit geht aber automatisch immer eine Preissteigerung einher. Die Europäische Zentralbank jetzt und die Deutsche Bundesbank früher haben immer eine Inflation von rund zwei Prozent angestrebt. Von diesen Werten sind wir nicht so weit weg.
Der starke Inflationsanstieg vor zwei Jahren war zu einem großen Teil dem Ukraine-Krieg und seinen Auswirkungen zuzuschreiben. Dazu kamen noch viele Konzerne, die durch Preissteigerungen einen erheblichen Gewinnsprung machen wollten.
Die Inflation per se ist in einem vernünftigen Maß aus meiner Sicht nicht das Problem. Ich sehe das Problem eher darin, dass wir langsam, aber sicher unseren Wohlstand verlieren. Immer mehr Arbeitnehmer wollen bei gleichen oder steigenden Löhnen weniger arbeiten und leisten. Das wird so nicht funktionieren. Irgendwer muss das Geld erwirtschaften, das man für sich beansprucht.
Hier müssen wir ansetzen. Wir müssen wieder Bewusstsein schaffen dafür, dass primär jeder selbst dafür zuständig ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Ruf nach dem Staat kommt schnell und ihm wird viel zu viel nachgegeben. Hilfesuchende sollen auch Hilfe erhalten, keine Frage. Aber der Unterschied zwischen Verdienst und staatlichen Hilfen ist mittlerweile zu klein. Gerade im jetzigen Zeitalter einer viel flexibleren Arbeitswelt durch Homeoffice oder flexiblen Arbeitszeiten kann man schon erwarten, dass man sich selbst um sein Leben kümmert.
Wirtschaft und Arbeitsplätze
Der Status Deutschlands als Exportweltmeister, Wirtschaftsmacht und Industrienation scheint zu wackeln. Was muss man tun, damit Deutschlands Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt und attraktive Arbeitsplätze erhalten beziehungseise schaffen kann?
Antwort: Neudeutsch würde man sagen: Wir müssen unser Mindset ändern! Ich kann da nahtlos an die vorherige Frage anknüpfen. Unsere Wirtschaft braucht weniger Vorschriften und mehr öffentliche Unterstützung. Jeder möchte einen tollen Arbeitsplatz, aber bitte keine Firmen auf der Wiese vor unserem Haus. Wir Deutschen sind nicht mehr stolz auf unsere Wirtschaft – egal ob Autoindustrie, Handwerksbetrieb oder touristische Unternehmen. Das hat uns aber groß gemacht. Wenn wir künftig unseren Status behalten wollen, dann müssen wir unsere Gesellschaft ändern.
Vielfach wird so ein Gedankengut auf die Generation „Z“ geschoben. Das ist aber aus meiner Sicht zu einseitig betrachtet. Es betrifft nicht nur die Generation „Z“, sondern alle Gesellschaftsschichten. Arbeiten kann doch auch Spaß machen, erfüllend sein und dem Leben einen Sinn geben. Heutzutage kommt es einem aber oftmals so vor, als ob die Spaßgesellschaft überhand nimmt.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Das Geld muss erst verdient werden, um es auszugeben.
Wichtig sehe ich auch eine bessere Förderung der Wissenschaft. Deutschland verliert an Innovationskraft, nicht nur im Bereich KI, sondern in vielen Teilen. Forschung sichert auf lange Sicht viele hochqualifizierte Arbeitsplätze und bringt uns voran. Leider ist mir dieser Gedanke in der Vergangenheit zu kurz gekommen.
Kein Geld für Rente und Medizin
Jahrzehntelang ist Deutschland für sein Renten- und Gesundheitssystem beneidet worden. Nun sind die Kassen leer und viele Krankenhäuser pleite. Halten Sie an der Krankenhausreform von Karl Lauterbach fest? Welche Änderungen sind notwendig?
Antwort: Wie so oft in der Politik, spielen hier verschiedene Komponenten zusammen. Nicht zuletzt kann auch eine geregelte und gezielte Migration diese Probleme abmildern.
Insbesondere die Rente ist natürlich seit Jahren und Jahrzehnten ein Reizthema. Der berühmte Ausspruch des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm „Die Rente ist sicher!“ ist vielen Menschen noch im Kopf. Doch schon damals war es absehbar, dass wir in ein Problem laufen. Keine Regierung der vergangenen Jahre und Jahrzehnte ist das Problem strukturell angegangen – nicht zuletzt auch, weil man dem Wähler keine Einschnitte zumuten wollte.
Die Politiker sollten endlich aufhören, nur bis zur nächsten Wahl zu denken. So denkt kein Unternehmer und kein Arbeitnehmer – und eine Regierung sollte das auch nicht tun. Letztlich muss man endlich den Mut haben und sagen, dass es so nicht weitergeht.
Die umlagefinanzierte Rente wird sich in den kommenden Jahren dahingehend entwickeln müssen, dass sie nur noch als Basis-Rente gesehen werden kann. Jeder ist, wie schon im Berufsleben, für sich selbst verantwortlich. Dementsprechend muss die private Altersversorgung gestärkt werden. Der Staat kann hier schon unterstützen, zum Beispiel durch eine Förderung der aktiengestützten Rente oder ähnliche Vorhaben. Wichtig ist aber, dass jeder selbst seines Glückes Schmied ist. Wer nicht fürs Alter vorsorgt, der wird auch nur eine Basisrente erhalten.
Im Übrigen sollte der Staat sich selbst verpflichten, die Rückstellungen zur Altersversorgung seiner Beamten auch tatsächlich durchzuführen und nicht zum Lückenstopfen im Haushalt zu verwenden. Selbstständige sollten auch gesetzlich dazu verpflichtet werden, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.
Ihr Thema
Es gibt ein Thema, das hier zu kurz kommt oder in der Liste gänzlich fehlt? Ein Thema, das für Sie jedoch eine große Bedeutung hat? Dann nur zu. Nehmen Sie Stellung zu einem Thema Ihrer Wahl.
Gesundheitsversorgung.
In der vorherigen Frage zu Rente und Medizin wurde das Thema grob angeschnitten, ich möchte aber an dieser Stelle noch genauer darauf eingehen, weil ich seit über 20 Jahren in dieser Branche tätig bin.
Ich bin in vielen Gremien vertreten und in vielen Verbindungen vernetzt. Dadurch konnte ich mir gerade in diesem Bereich einen tiefgreifenden Einblick verschaffen.
So viel ich beurteilen kann, wird die Krankenhausreform des aktuellen Gesundheitsministers die Klinikenlandschaft nachhaltig zerstören und verändern. Große Klinikverbünde werden überleben, doch gerade im ländlichen Raum wird das Kliniksterben nicht gestoppt, sondern beschleunigt.
Wie wollen sich denn die kleinen Landkrankenhäuser spezialisieren? Dazu braucht man auch Spezialisten und die kosten Geld. Gesundheitsminister Lauterbach hat die Weichen falsch gestellt. Immerhin hat er erkannt, dass man gegensteuern muss – nur hier war es falsch, wie gehandelt wurde.
Wir müssen ran an die Fallpauschalen und den Kliniken Raum zum Überleben geben und ihnen nicht einfach die Abteilungen zusperren.
Anmerkung der Redaktion: Die Antworten des Kandidaten/der Kandidatin wurden 1:1 von der Redaktion übernommen, inhaltlich nicht überarbeitet und müssen deswegen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.