„Ich hoffe, dass wir da gut durchkommen“
Wird Bio immer mehr zum Luxus? Wie die Inflation Bio-Landwirte und Händler im Inntal trifft
Explodierende Energiepreise, teurer Sprit und gestiegene Lebenskosten - Bleibt da noch genügend Geld für den Einkauf von Bio-Produkten? Landwirte und Händler aus dem Inntal bekommen die Belastung zu spüren.
Samerberg/Kiefersfelden/Nußdorf - Die Samerbergerin Stephanie Wimmer bemerkte den Wandel, der sich mit den steigenden Lebenskosten einstellte, sofort. Sie ist Leiterin der Rosenheimer Marktschwärmerei, bei der Kunden ihre Lebensmittel direkt bei den Landwirten aus der Region bestellen und einmal pro Woche abholen können. Wimmer hat dadurch sowohl Kontakt zu den Erzeugern als auch zu den Verbrauchern von Bio-Lebensmitteln.
Skepsis bei Kunden und Landwirten
„Ich merke schon, wie viele Leute gerade dazu neigen, ihr Geld auch beim Wocheneinkauf zu sparen“, meint die Organisatorin der Schwärmerei. Die allgemein schwierige Lage führe zu einer gewissen Zurückhaltung bei den Bio-Einkäufen. Aber auch bei den Landwirten selbst macht sich laut Wimmer eine gewisse Skepsis breit. „Sie überprüfen gerade ihre Vertriebswege und machen sich bei weniger Umsatz natürlich Gedanken, was sich noch lohnt.” Die Samerbergerin findet diese Entwicklung vorsichtig ausgedrückt „spannend”, zumal sich die Preise im regionalen Bio-Segment gar nicht so stark verändert hätten. Denn dadurch, dass die Produkte aus der Region kommen, sei die Ware nicht so sehr von steigenden Transportkosten abhängig. „Der Effekt bei den Bio-Lebensmitteln aus der Region geht also gar nicht so stark über die normale Inflation hinaus”, betont Wimmer.
Barbara Maurer, Betreiberin des Bichahofs in Nußdorf, bekam über Umwege zu spüren, wie sich die Einstellung gegenüber Bio-Produkten geändert hat. Denn während die Direktvermarktung auf dem Hof nach wie vor gut funktioniere, kann sie ihr Fleisch aktuell nicht mehr wie bisher an den Bio-Laden Herrmannsdorfer in Grafing verkaufen. „Die Kette verzeichnet dort wohl einen starken Rückgang an Kunden und hat Probleme mit dem Umsatz”, berichtet Maurer.
Die Landwirtin musste daher reagieren, um ihren Betrieb mit 35 Rindern auf einer Nutzfläche von rund 17 Hektar abzusichern. Neben der Direktvermarktung versuche sie deshalb an andere Supermärkte zu verkaufen. Maurer lässt sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen, da sie wisse, dass die Landwirtschaft ein langfristiges Geschäft sei.
So sind laut der Nußdorferin zum Beispiel während der Corona-Pandemie viele Kunden zu ihr auf den Bichahof gekommen. „Da haben sich die Leute richtig gefreut, wieder rauszukommen und einzukaufen.“ Auch jetzt kämen noch einige, um das Fleisch direkt bei ihr zu besorgen. Das besondere Stück zum Festtagsessen wird sich gemäß der Erfahrung von Maurer aber teilweise nicht mehr gegönnt. „Solche Phasen gibt es langfristig gesehen aber immer. Ich hoffe, dass wir da gut durchkommen und es in Zukunft wieder besser wird”, sagt die Landwirtin. Da der Hof bei Maurer ein Nebengewerbe ist, sei sie zum Glück ohnehin nicht ganz so stark betroffen wie andere Erzeuger.
Eine gemischte Reaktion auf die steigenden Kosten bestätigt Franziska Haller, die Geschäftsführerin des Unverpackt-Ladens Herbstkindl in Kiefersfelden. „Bei meiner Stammkundschaft hat das Einkaufen von Bio-Produkten einen hohen Stellenwert“, meint Haller. Einen großen Einbruch erlebe die Keifersfeldenerin daher noch nicht.
Allerdings wird laut Haller an einzelnen Produkten, wie einer Tafel Schokolade, gespart. „Das besondere Zuckerl, das man sich gönnt, wird vielleicht eher weggelassen”, bemerkt die Inhaberin. Genauso wie Wimmer und Maurer, hofft die Filialleiterin aber, dass sich die Lage wieder stabilisiert und die Einstellung gegenüber Bio-Lebensmitteln aufgrund von finanziellen Engpässen nicht dauerhaft in Gefahr gerät.

