Wiesn-Streiflichter vom Rosenheimer Herbstfest
Dauerrocker, Bierpreis-Schraube und viel Nostalgie: Die neuen Wiesn-Streiflichter
Halbzeit auf der Wiesn - und die Musiker dort spielen ein Pensum herunter, dass selbst Adele und Taylor Swift dagegen blass aussehen. Toll ist auch eine neue WV-Idee: Wer auf Trostpreise verzichtet, kann damit etwas Gutes für Kinder tun. Von denen gibt es eh zu wenig, findet Wiesn-Clown Rudi Balloni.
Andere werden älter, nur er schaut immer gleich aus auf der Wiesn: Herbstfest-Clown Rudi Balloni, der seit 2002 für jeden Kindergeschmack den passenden Luftballon dabei hat. Den Künstlernamen Rudi Balloni trägt der Rosenheimer (66) sogar offiziell im Personalausweis. Wenn keine Wiesn ist, heißt er Rudolf Hanika. Viele Ballone gehen übrigens auf seine Ideen zurück, die dann Hersteller in Italien und Spanien umsetzen.
Derzeit besonders gefragt beim Nachwuchs: Die Haserl vor den Lamas. Platz drei teilen sich Meerjungfrauen, beliebt bei den Mädchen, und Dinosaurier, die eher was für die Buben sind. Insgesamt hat Balloni rund 40 Ballontypen dabei: vom Herzerl bis zum Tiger. Damit ist der Rudi auf der Wiesn am Puls der Zeit. Um gesellschaftliche Trends zu erkennen, braucht er keine Statistiken. „Immer mehr Eltern müssen aufs Geld schauen. Und der Anteil der Kinder ist spürbar geringer geworden, die Geburtenraten sind ja nicht mehr so wie früher“, beobachtet Balloni (zwei Kinder, zwei Enkel). Aber es geht immer weiter für ihn und Ehefrau Irene: Crailsheim bei Stuttgart, dann die Schweiz und Ende des Jahres geht‘s mit dem 100 Jahre alten Karussell nach Altötting.
Das Tamtam um den Konzertsommer mit Taylor Swift und Adele in München war eine wunderbare Sache. Zehn Konzerte in einem Monat – für Adele mag das ein Kraftakt gewesen sein, aber die Karolinenfelder (im Auer) und die Dreder Musi (im Flötzinger) dürfte ein solches Pensum relativ kalt lassen. Denn sie stehen jetzt über zwei Wochen lang pausenlos auf der Bühne, „schbuin den Subbaschdar in da Schick-Schick-Schickeria“, wählen täglich „Rosis Nummer“ oder stürzen sich mit Willy Michls Bobfahrerlied „owe in den Eiskanal“ – „und des ned langsam, sondan schnäi“. Dabei kommen sie im Laufe eines langen Wiesn-Musikmarathons locker auf weit über 100 000 Zuhörer. Als Goldkehlchen im Flötzinger-Festzelt gilt Steffi Hrdina (25) aus Söchtenau, die heute in Raubling wohnt.
Heute ist Halbzeit auf dem Herbstfest – und wer ein Wiesnkenner ist, der weiß, dass am mittleren Wiesn-Samstag so richtig die Post abgeht in den Bierburgen, im Tatzlwurm oder im Prosecco-Stadl. Die einen werden wieder die Luftgitarren auspacken und einen auf Keith Richards machen. Andere singen und gröhlen mit, was die Stimmbänder hergeben. Bei Robbie Williams‘ Schmachtfetzen „Angels“ klingt das in bestem Bavaro-Britisch etwa so: „Änd sruu id ooool – schii offas mi broddäggdschn – a lodd of laaf änd affäggdschn – wäsa ei äm reid or wrong – änd daun sa wodafooool – wäräwa idd mäi täigg mi – wän ei kam tu kol – schi wount forsäigg mi – ei äm laafing äinschls instääd.“
Die Wiesnmass: In 25 Jahren von 9,80 Mark auf 12,70 Euro
Wie viel eine Mass Rosenheimer Wiesnmärzen vor 25 Jahren kostete? 9,80? Richtig geraten! Nur dass es 1999 keine 9,80 Euro waren, sondern 9,80 Mark. Erst 2002 wurde der Euro eingeführt – den viele „Teuro“ nannten, weil mit der neuen Währung die Preise stiegen. Die erste Euro-Wiesn-Mass kostete 2002 5,60 Euro. Danach ging es stetig nach oben – auf 6,80 (2007) und 8,40 Euro (2015). Beim Neustart nach der Corona-Pause 2022 lagen die Preise bei 11,40 (Auer) und 11,80 Euro (Flötzinger), 2024 sind pro Mass 12,70 (Flötzinger) und 12,60 Euro (Auer) fällig.
Tolle WV-Idee: Auf Trostpreis verzichten und damit Kindern helfen
Beim Herbstfest geht es für den Wirtschaftlichen Verband (WV) als Veranstalter nicht nur ums feiern. Es geht auch um Kinderhilfe und soziale Verantwortung. So hat der WV heuer den Schaustellern empfohlen, den Betrag, der sonst für kleine Trostpreise drauf geht, an den Kinderschutzbund Rosenheim zu spenden. 15 Schaustellerbetriebe machen bei der Premiere mit. Die Besucher entscheiden dann selbst, ob sie einen Trostpreis wollen – oder lieber zum Wohle von Kindern verzichten. Die Chips und Wertmarken werden in eine Sammelbox geworfen – und so wächst die Summe täglich.
Der Kinderschutzbund Rosenheim setzt sich seit mehr als 40 Jahren für den Schutz und das Wohlergehen von Kindern in schwierigen Lebenslagen ein. „Wir haben dabei alle Kinder im Blick und erreichen mit unseren präventiven und vielfältigen Angeboten Kinder, Jugendliche und Familien in Stadt und Landkreis Rosenheim“, so Irmgard Bauer, Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins. „Wir sind stolz darauf, dass wir gemeinsam mit den Schaustellern eine so wichtige Organisation unterstützen können“, ergänzt WV-Vize Tobias Tomczyk, hier zu sehen an einer Sammelbox beim „Promitreff“ im Dosenwerfen.
Anna und ihr blinder Papa – einfach großartig!
Mächtig imponiert haben dem Wiesnigel Ignaz die kleine Anna, die jetzt in die vierte Klasse kommt, und ihr blinder Vater aus Aßling. Getroffen hat er die beiden am Wiesnstammtisch des Blindenbunds Rosenheim (BBSB) im Flötzinger-Festzelt. Jedenfalls hat die Anja ihren Papa erst vom Bahnhof quer durch die Innenstadt geführt, dann über die Wiesn, schließlich ins Zelt und am Ende wieder zurück – und das alles ohne einen einzigen Rempler oder „Owandler“. Toll gemacht, Anna! Ihre Mama ist übrigens ebenfalls blind und und berufstätig.
Glubbalparade: Kleine Details machen die Wiesn erst richtig schön
Auch heuer sind es die Kleinigkeiten, die das Herbstfest und die Menschen dort so schön und liebenswert machen. Manche tragen ihr Herz nicht auf der Zunge, sondern auf der Wäscheklammer (Glubbal). Es gibt jede Menge Accessoires und Souvenirstücke - da ist für jeden etwas dabei
Versunken in der Kinderwiesnwelt
Warum Johannes (vier Jahre) und Elisabeth (ein Jahr) wohl die Köpfe zusammenstecken und in ihrer eigenen kleinen Wiesnwelt versinken? In jedem Fall muss es sich um eine spannende Sache handeln. Am liebsten fahren die zwei mit dem Jumbo-Flug und sind allgemein von den vielen bunten Lichtern und den tollen Heliumballons begeistert. Manche Mamas und Papas würden sich für Kinder wie sie Kinderwagenparkplätze an den Zelteingängen wünschen, weil es ab 18 Uhr ein Einfuhrverbot“ für die Wagerl gibt.
Was wäre die Wiesn ohne Nostalgie! Ein Blick 20 Jahre zurück
Wie doch die Zeit vergeht! Ohne etwas Nostalgie wäre die Wiesn nur halb so schön. Auf der Suche von alten Bildern ist der Wiesnigel Ignaz im Archiv fündig geworden – alle Schnappschüsse sind genau 20 Jahre alt und stammen von der Wiesn 2004. Schade, dass einige Protagonisten von damals schon von uns gegangen sind. Aber sie werden unvergessen bleiben.











