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Generationswechsel steht an

„Wie voi seid‘s?“: Ein Blick hinter die Kulissen des Erdgas-Speichers in Schmidhausen

In der Mengenregulierung prüfen (von links) Betriebsleiter Josef Frank und Porenspeicher-Experte Marc Kurella, wie viel Gas in den Porenspeicher gepresst wird. Derzeit sind es 40000 Kubikmeter pro Stunde.
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In der Mengenregulierung prüfen (von links) Betriebsleiter Josef Frank und Porenspeicher-Experte Marc Kurella, wie viel Gas in den Porenspeicher gepresst wird. Derzeit sind es 40000 Kubikmeter pro Stunde.

„Wie voi seid‘s?“ Seit 41 Jahren arbeitet Josef Frank am Erdgasspeicher der Storengy Deutschland Betrieb GmbH in Schmidhausen. Doch noch nie wurde ihm diese Frage gestellt. Und noch nie war seine Tätigkeit so gefragt wie heute. Wie viel Gas in den Porenspeichern im Untergrund von Eming, Tattenhausen, Ametsbichel und Schmidhausen lagert, hat er jetzt den OVB-Heimatzeitungen erklärt.

Tuntenhausen – Seit dem Krieg in der Ukraine, den Sanktionen gegen Russland und der Angst vor Gasknappheit und Blackout wird Josef Frank immer wieder gefragt: „Wie voi seid‘s?“ War in den ersten Monaten nach Kriegsbeginn noch nicht klar, ob der Speicher bis zum Winter voll werden würde, kann er die Menschen heute beruhigen: „Ja, wir sind voll, zu 90 Prozent.“

Bis November sind 95 Prozent erreicht

Bis November den gesetzlich vorgeschriebenen Füllstand von 95 Prozent zu erreichen, ist in Schmidhausen kein Problem. Storengy vermarktet hier Speicherkapazität, lagert entsprechend dem Bedarf der Energieversorger Erdgas ein und aus. Das kommt jetzt vor allem aus Norwegen sowie von LNG-Terminals in Frankreich und Holland.

Die Gasmotoren laufen auf Hochtouren, pressen stündlich 40.000 Kubikmeter Erdgas in die unterirdischen Speicher. „Momentan wird so viel Gas nach Deutschland geliefert, dass unsere Speicher randvoll und nur in Schmidhausen noch Kapazitäten frei sind“, erläutert Bergbauingenieur Marc Kurella, Bereichsleiter für Porenspeicher bei Storengy Deutschland.

Wie unterirdische Poren gefüllt werden

In Schmidhausen ist vor Jahrmillionen ein natürlicher Porenspeicher entstanden. 1972 wurde das Vorkommen entdeckt, bis 1982 Erdgas gefördert. Seit 40 Jahren werden die ehemaligen Lagerstätten als Speicher genutzt. Seitdem ist auch Josef Frank in Schmidhausen tätig. „Das Erdgas wird im Gasverdichter komprimiert, unter hohem Druck über Leitungen und sieben Bohrungen in den Porenspeicher gepresst und dort eingelagert“, erklärt er.

Die Bohrung A 5 ist eine von insgesamt sieben Förderbohrungen zum unterirdischen Speicher. Sie befindet sich im Wald zwischen Schmidhausen und Filzenklas.

Die Lagerstätte befindet sich in einer Tiefe von etwa 1000 Metern, reicht von Emling im Norden über Ametsbichl im Süden und Tattenhausen im Osten bis nach Schmidhausen im Westen. Frank und sein sechsköpfiges Team sorgen dafür, dass im Sommer ein- und im Winter ausgelagert werden kann. Für sie ist das seit vielen Jahren gelebter Alltag. Von größerem gesellschaftlichem Interesse ist es in diesem Winter zum ersten Mal.

„Unser Arbeitsgasvolumen beträgt 154 Millionen Kubikmeter – so viel Erdgas können wir ein- und auslagern“, informiert der Betriebsleiter. Erhöhen lässt sich die Speicherkapazität nicht, denn „der Druck der natürlichen Lagerstätte darf nie überschritten werden“, erklärt Kurella.

Der Erdgasspeicher funktioniert vollautomatisch. In der zentralen Leitwarte in Hannover wird die Anlage an 365 Tagen rund um die Uhr überwacht. Doch neben automatisierten Einrichtungen geben vor allem die Menschen vor Ort wirkliche Sicherheit. „Jede Bohrung, jede Leitung und jede Sonde wird täglich geprüft“, erklärt Betriebsleiter Frank.

Generationswechsel steht jetzt bevor

Er und seine Kollegen haben fast ihr ganzes Arbeitsleben am Erdgasspeicher in Schmidhausen verbracht. Sie kennen die Anlage genau, wissen jedes Geräusch zu deuten, pflegen und warten die Maschinen oder weisen die Servicemonteure der Hersteller ein. Sie haben über Jahrzehnte Erfahrungen gesammelt und so dafür gesorgt, dass es noch nie einen Störfall gab.

Nun steht ein Generationswechsel an: In den nächsten Jahren erreichen fast alle Kollegen das Rentenalter. Als Erster geht Betriebsleiter Josef Frank von Bord – schon am 1. April 2023. „Wir suchen an all unseren Speicherstandorten Fachkräfte, akut aber vor allem hier in Schmidhausen“, macht Marc Kurella klar. Denn das umfassende Wissen, das sich das Team um Betriebsleiter Frank über die Jahre angeeignet hat, darf nicht „in Rente gehen“. Es soll weitergegeben werden an die junge Generation.

Frank hat den Beruf eines Maschinenschlossers erlernt, ehe er mit 21 Jahren als Förderarbeiter in den Ölfeldern von Aßling und Höhenrain begann und 1981 schließlich nach Schmidhausen kam. „Die Arbeit ist sehr vielseitig“, beschreibt er, reiche von der Wartung der Anlage über die Prüfung von Druckbehältern, Motoren, Verdichtern oder Nebenaggregaten. „Um das Gesamtsystem zu verstehen, braucht man Wissen aus Bereichen der Physik und der Geologie, hat es beispielsweise mit Hydraulik, Pneumatik, Regel- und Verfahrenstechnik oder Druckverhältnissen zu tun“, beschreibt Frank.

Hochkomplexes Gesamtsystem

„Nur eine Kleinigkeit könnte zum Erliegen des Gesamtsystems führen, denn wir arbeiten hier mit Gashochdruck und einem explosiven Gemisch. Da muss man jeden Schritt genau überlegen und planen. Das macht es so herausfordernd“, umreißt Kurella die Verantwortung der Anlagenführer.

Das Herzstück der Erdgaseinlagerung ist der 16-Zylinder-Gasmotor (links). Mit 1500 PS treibt er den Verdichter (rechts) an, der das Erdgas von 45 auf etwa 130 bar komprimiert und in den unterirdischen Porenspeicher presst.

„Die beste Voraussetzung für diese Tätigkeit“, so meint der Betriebsleiter, „wäre eine Ausbildung zum Mechatroniker, denn zur Mechanik kommt in einer modernen Anlage auch Elektrotechnik hinzu.“ Bewerben könnten sich bei Storengy natürlich auch Frauen, betont Marc Kurella, denn: „Wir haben bisher an keinem unserer sechs Speicherstandorte eine Kollegin im technischen Bereich.“

Josef Frank freut sich auf seine Rente und wird „seinen“ Erdgasspeicher trotzdem nicht ganz loslassen: „Auf meiner Radtour werde ich schon ab und an mal vorbeischauen, schließlich sind über die Jahre aus Kollegen auch Freunde geworden.“

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