Schicksal selbst in die Hand nehmen
Weltkrebstag: So haben Priener Reha-Patientinnen die schreckliche Krankheit erlebt
„Sie haben Krebs.“ Die Diagnose kann einem den Boden unter den Füßen wegziehen. Dabei hat die Medizin riesige Fortschritte gemacht. Zum Weltkrebstag, 4. Februar, haben die OVB-Heimatzeitungen mit Reha-Patientinnen gesprochen. Ihre Schilderungen machen Hoffnung.
Prien – Manuela Frankenberg war gerade zum dritten Mal in der Onkologie der Irmingardklinik in Prien – diesmal war es fast ein „Wellness-Urlaub“ für sie. 2019 war das ganz anders. Damals kam die heute 59-Jährige nach einer Brust-Bestrahlungs-Therapie an den Chiemsee. Sie ist ein lebender Beweis dafür, wie wichtig die regelmäßige Vorsorge sein kann. Bei einer solchen Untersuchung war damals die Krebs-Diagnose gestellt worden, bevor sich die Krankheit weiter im Körper ausbreiten konnte und eine OP oder Chemotherapie notwendig wurde. „Mir geht es gut, ich gelte als geheilt“, sagt Frankenberg heute.
„Ich wollte keine Panik auslösen“
Die ehrenamtliche Bürgermeisterin der 620-Seelen-Gemeinde Saara in Thüringen war 2019 der Diagnose pragmatisch gegenübergetreten, nur ihre Schwester und ihr Schwager waren zunächst eingeweiht, ihr Mann und die Kinder nicht. Sie wollte keine Panik auslösen, erinnert sie sich im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Zu ihrer persönlichen Strategie gehörte es auch, sich während der vierwöchigen Bestrahlungszeit nicht krankschreiben zu lassen. Die 59-Jährige weiß selbst, dass das eher die Ausnahme ist, aber: „Jeder Fall ist anders.“
Mitleid könne helfen, könne einen aber auch runterziehen, erklärt sie ihre Entscheidung, die Familie vorerst nicht einzuweihen. Vor ein paar Wochen habe sie sich auch in einer Weihnachtsfeier für Senioren in ihrer Gemeinde „geoutet“ – und ist immer noch erstaunt über den vielen Zuspruch und das Verständnis, mit den die Bürger ihrer Gemeinde reagiert hätten.
Positive Erinnerungen
Die erste Reha in Prien ist der parteilosen Kommunalpolitikerin noch in positiver Erinnerung. Die Zeit für sich selbst habe ihr ebenso gut getan wie die Gespräche mit ihrer Tischgemeinschaft beim Essen im Speisesaal.
Frauen, die auch eine Krebsdiagnose bekommen, empfiehlt die Thüringerin, auf die innere Einstellung zu schauen und danach zu handeln.
Während Frankenberg nicht lange zögerte, bevor sie sich mit einer Behandlung dem Krebs entgegenstellte, hat eine 55-jährige Münchenerin die Diagnose ganz anders in Erinnerung. „Mit hat es den Teppich unter den Füßen weggezogen“, erinnert sich die Frau, die ihren Namen nicht öffentlich machen möchte, im Interview mit der Redaktion. 2017 wurde bei ihr Lymphdrüsenkrebs festgestellt.
„Das Schwierigste ist die Entscheidung: Was mache ich, wem glaube ich?“, hat sie den Abwägungsprozess ärztlicher Ratschläge in Erinnerung. Am Ende müsse man sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. „Man muss die Schritte selber gehen“, hat die 55-Jährige gelernt. Das war dann auch ihr Credo, als die Krankheit 2021 zurückkam. Wieder begab sie sich in Chemotherapie und danach zum zweiten Mal in die Irmingardklinik zur Reha. „Ich war dankbar, dass ich mich um nichts kümmern musste“, erzählte sie nach der Entlassung am Telefon dankbar, weil ihr Ärzte und Therapeuten in Prien ein individuell maßgeschneidertes Erholungsprogramm zusammengestellt hatten. Besonders das abwechslungsreiche Sportprogramm und die Zeit in der Natur am Chiemsee hätten ihr gut getan, so die Münchenerin.
Heute fühle sie sich wieder gut und engagiere sich mit den Tücken der Erkrankung.
„Sehr zufrieden“, ist nach dem Reha-Aufenthalt in der Onkologie am Chiemsee auch eine 66-Jährige aus der Oberpfalz, die ihren Namen in Zusammenhang mit der Brustkrebs-Erkrankung auch nicht öffentlich machen möchte. Weil sie die Diagnose nach zwölf Jahren zum zweiten Mal bekam und zu diesem Zeitpunkt „überhaupt nicht damit gerechnet hatte“, war sie erst mal geschockt.
Bei der regelmäßigen Nachsorge war die erneute Erkrankung entdeckt und sofort mit Chemo und Bestrahlungen behandelt worden. Vom ersten Mal wusste sie, dass ihr unangenehme, aber auszuhaltende Zeiten bevorstehen. Damals war sie zunächst vor einem Berg aus 1000 Fragen gestanden. „Man muss erst mal mit sich selbst ins Reine kommen“, hat die 66-Jährige gelernt.
„Mit Krankheit auseinandersetzen“
Ihre Empfehlung nach der zweiten Behandlung samt Aufbauprogramm bei der Reha in Prien: „Man muss sich mit der Krankheit auseinandersetzen und sich genau bei den Ärzten erkundigen. Man muss schauen, das Beste draus zu machen, sich nicht aufgeben oder hängen lassen“, spricht sie allen Mut zu, die eine Krebs-Diagnose bekommen, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen.
„Die Seele baumeln lassen“ sollen die weit überwiegend weiblichen Patienten in der Reha in der Onkologie der Irmingardklinik, wenn sie gerade aus einer zumeist zehrenden, akuten Krebsbehandlung kommen. So sieht Chefarzt Dr. Konrad Namberger einen Leitsatz der Nachbehandlung.
Ärzte und Therapeuten begleiten die Patienten der 94-Betten-Abteilung bei ihren individuell erarbeiteten Erholungsprogrammen. „Zeit nehmen für sich ist auch eine Art Medizin“, davon ist Namberger überzeugt.
Sport ist wichtig
Mit einer Mischung aus Sport, psychologischen Gesprächen, Seminaren und Vorträgen werden die Krebs-Patienten auf die Zeit nach den Klinik-Aufenthalten vorbereitet.
Der Krankheit den Schrecken nehmen ist auch eine Aufgabe der Fachleute. „Diagnostik und therapeutische Möglichkeiten haben sich sensationell verändert“, sagt der Chefarzt. Früher sei die Chemotherapie wie eine Abrissbirne eingesetzt worden. „Heutzutage öffnet man eine Tür und schaut dem Krebs ins Wohnzimmer, ins Bad und in die Küche“, umschreibt Namberger bildhaft die modernen Behandlungsmöglichkeiten.
Mit der meist dreiwöchigen Therapie in der Onkologie der Priener Reha-Klinik wollen Namberger und sein Team individuelle und dabei realistisch umsetzbare Möglichkeiten aufzeigen, wie sie im Alltag zurechtkommen können.