Tag der Vereine am 29. September
„Blaues Wunder“: Warum das Wasserburger Dirndl eine Institution ist – und es auch bleiben soll
Das Wasserburger Dirndl: Erstmals vor etwa 100 Jahren entwickelt, soll es nun wieder mehr in den Fokus rücken. So auch am Tag der Vereine in Wasserburg (29. September). Was die Tracht so besonders macht und wieso die Färber damals ihr „blaues Wunder“ erlebten.
Wasserburg – Es geht darum, eine alte Tradition wiederzubeleben: das Wasserburger Dirndl, erklärt Brigitte Tabel. Jedes Jahr organisiert sie zum Frühlingsfest einen Bus für Frauen, die das Wasserburger Dirndl tragen. Doch es soll nicht nur bei diesem einen Termin bleiben. „Es wäre schön, wenn am Tag der Vereine (29. September) viele das traditionelle Gewand tragen und als Gruppe beim Zug mitgehen“, hofft Tabel.
Wasserburger Dirndl wurde 1938 entwickelt
Das Wasserburger Dirndl wurde 1938 von Sophie Palmano und Caroline Glasl zur 800-Jahr-Feier der Stadt entwickelt, schreibt es Dorle Irlbeck im Wasserburger Bilderband. Damals sei Tracht nicht sehr beliebt gewesen. Es war der Versuch, sie mit dem neuen Kleid wieder gesellschaftsfähiger zu machen. Laut Sonja Fehler, Leiterin des Wasserburg Museums, sollte das frisch geschneiderte Dirndl auch bequemer und alltagstauglicher sein.
Typisch für das Gewand sind die Blumendrucke oder der sogenannte „laufende Hund“, erklärt Fehler. Jedes Dirndl – in der Länge auf 4,50 Meter zugeschnitten – wurde von der Unterauer-Färberei, eine Handwerksfamilie aus Wasserburg, einzeln gefärbt und bedruckt. „So hatte jede Trägerin ein eigenes Muster“, sagt Fehler. Auch den Schnitt konnte die Besitzerin entscheiden, denn das Kleid musste selbst genäht werden, so die Museumsleiterin. „Jedes Dirndl war ein Unikat.“
Im Wasserburger Dirndl zum Tag der Vereine
Der Tag der Vereine in Wasserburg findet am Sonntag, 29. September, statt. Dieses Jahr soll beim Kirchenzug auch eine Gruppe von Frauen im Wasserburger Dirndl mitgehen. Jede, die ein solches Kleid besitzt, ist dazu eingeladen, teilzunehmen. Treffpunkt ist um 9.45 Uhr beim Roten Turm in der Hofstatt in Wasserburg.
Wer ein Wasserburger Dirndl besitzt und nicht mehr braucht, kann sich an Brigitte Tabel unter der Telefonnummer 08071/1033838 wenden.
Bedruckt wurde der Stoff mit dem Reservedruck-Verfahren. Dabei werden laut Fehler Modeln – eine Art Stempel aus Holz, Glas oder Metall – mit „Papp“ eingestrichen und fest auf den noch weißen Stoff gedrückt. „Papp“ bestehe aus Gummiarabikum, einer Art Baumharz. Er umschließe die Fasern und verhindere somit, dass Farbe daran komme. Anschließend seien die Stoffbahnen des Wasserburger Dirndls in ein Indigo-Becken getaucht worden. Somit variierte die Farbintensität, erklärt Fehler das Blaudruck-Verfahren.
Färber erlebten „blaues Wunder“
Beim Herausnehmen seien die Stoffe erst gelb. Durch das Trocknen und eine Oxidation an der Luft färbe sich der Stoff blau, sagt die Museumsleiterin. Daher komme auch die Redewendungen, man erlebe ein „blaues Wunder“ oder das „Blaumachen“. „Früher kannte man den chemischen Prozess der Oxidation nicht. Die Färber haben den Stoff blau gefärbt, ohne aktiv etwas dafür getan oder gearbeitet zu haben. Es war somit wie ein Wunder“, erläutert Fehler.
Auch heute gibt es noch originale Wasserburger Dirndl mit dem Unterauer-Druck. Mit dem Tod Josef Unterauers 1982 erlosch jedoch das Färber-Handwerk in der Stadt. Original Modeln sind im Wasserburg Museum ausgestellt. Andere Exemplare hat die Enkelin Unterauers, Petra Kortmann. Die Allgäuerin versuche seit einiger Zeit die Familientradition des Blaudruckes fortzuführen, heißt es auf ihrer Website.
Auch in Wasserburg gab es immer wieder Bestrebungen, die Tradition um das Dirndl fortzuführen. 2010 lieh sich Margarete Kölbl die Modeln aus dem Heimatmuseum aus und ließ in Bad Aibling neue Stoffe drucken, schreibt sie im Wasserburger Bilderband. Auch Veronika Herwegh gestaltete ein Wasserburger Dirndl in indigo-blau mit roter Schürze.
Interessensgemeinschaft rund ums Dirndl
Auch Tabel will das Dirndl erhalten. Sie hat ihr Original Unterauer-Kleid von ihrer Mutter geerbt. Bis heute gibt es eine Interessensgemeinschaft rund um die Wasserburger Tracht. „Wir machen neben dem Frühlingsfesteinzug auch andere Ausflüge“, sagt Tabel. Alle Interessierten können sich bei ihr unter der Telefonnummer 08071 - 1033838. Wer ein Wasserburger Dirndl Zuhause hat und nicht mehr braucht, könne es bei ihr abgeben. „Wir freuen uns über jede Tracht, die wir an eine interessierte Frau weitervermitteln können“, sagt sie.
