Unterkunft für Geflüchtete in Wasserburg
„Badelatschen sind das Wichtigste“ – So funktioniert eine Notunterkunft für Geflüchtete
Wie wird eine Notunterkunft organisiert? Ein Gespräch mit Rosenheims Hallenkoordinator Lothar Thaler über das Organisationswunder „Notunterkunft“ in Coronazeiten, den Einfluss der Flüchtlingskrise von 2015 und der wichtigsten Besorgung: Badelatschen.
Wasserburg – Seit knapp einer Woche dient die Turnhalle der Wasserburger Realschule als Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine. Doch wie läuft eine solche Organisation ab? Lothar Thaler muss es wissen. Er ist Hallenkoordinator des Landratsamts Rosenheim und damit Chef der Unterkunft.
Etwas 150 Betten sind belegt
Fünf Notunterkünfte gibt es im Landkreis Rosenheim derzeit, Thaler ist für alle verantwortlich. Eigentlich sei er bereits in Rente, verrät er, aber ein Hilfeschrei der Behörde habe ihn aus dem Ruhestand zurückgeholt. 2015 war er bereits als Koordinator der Ehrenamtlichen im Landkreis tätig. Nun organisiert er die Hallen, wenn es Corona nötig macht auch aus dem Homeoffice heraus. „Die in Wasserburg habe ich jetzt erst zum ersten Mal gesehen“, sagt Thaler, eine Quarantäne kam dazwischen. Mit der Inspektion sei er aber zufrieden. An manchen Stellen ruckele es noch, „aber soweit passt alles“, meint Thaler. Das sei das Wichtigste. Denn Improvisieren, das müsste man bei einem solchen Unterfangen ohnehin immer.
180 Personen finden in der Wasserburger Realschule Platz, derzeit seien etwa 150 Betten belegt. Eine gute Auslastung, so Thaler, denn: „Eine solche Halle kann man meistens nur bis zu 70 oder 80 Prozent belegen.“ Schließlich sei das Ziel in den Abteilungen mit sechs Betten möglichst je eine Familie unterzubringen, um die Privatsphäre der Personen zu schützen.
Aufbau dauert circa eine Woche
Der Aufbau habe ungefähr eine Woche gedauert. So schnell ging es unter anderem wegen der Flüchtlingskrise 2015. „Für diese Halle hatten wir noch vieles da“, so Thaler. Der Fußboden, der ausgelegt wurde, um den teuren Hallenboden zu schützen, war zum Beispiel noch beim Bauhof eingelagert, ebenso die Stockbetten. Auch einige Mitarbeiter von damals packten wieder mit an. Das erleichtere die Sache. „Die wissen ja schon, wie es geht.“
Eine lange Einkaufsliste hatte Thaler trotzdem. Sichtschutz musste besorgt werden und Bauzäune, wo der Schutz angebracht werden kann. Auch Dinge, die zunächst absurd erscheinen, standen auf der Einkaufsliste, wie Badelatschen. „Das Allerwichtigste“, sagt Thaler ernst. Schließlich denke wohl kaum jemand auf der Flucht an solche Schuhe, aber öffentliche Dusche wolle auch kaum jemand ohne Latschen betreten.
Wasser- und Stromanschluss wird gelegt
Und auch diese mussten organisiert werden. „Natürlich hat die Halle Toiletten und Sanitäranlagen“, meint Thaler, „das reicht für den Sport, aber nicht für uns. Vor allem, weil nicht alle die Gemeinschaftsdusche benutzen wollen.“ Die Sanitärcontainer hinter der Halle brauchten zudem Wasser- und Stromanschluss, dafür mussten extra Kabel verlegt werden. „Es ist ein ewiger Rattenschwanz, den eine solche Halle hinter sich her zieht.“
Hinzu kommt: Nicht alles läuft reibungslos ab, auch wegen Corona. „Bei den Waschmaschinen gibt es Lieferschwierigkeiten. Da mussten wir erst einmal schauen, wer uns überhaupt welche liefern kann.“ Da müsse man flexibel sein, meint Thaler.
Flexibilität auch bei Subunternehmen
Das sei sowieso oft gefragt. Auch von den Sub-Unternehmen, die an der Halle beteiligt sind. Das Meiste mache der Landkreis zwar selbst, aber für bestimmte Aufgaben seien auch externe Firmen angestellt. Für die Sicherheit, die Verpflegung und die Reinigung beispielsweise. Auch diese seien gefordert. „Dem Caterer können wir zum Beispiel oft nicht sagen, wie viele Personen kommen“, so Thaler. „Er muss sich also auf die Maximalzahl einstellen und gleichzeitig damit rechnen, dass es viel weniger sind.“ Auch welche Personen kommen, sei häufig unklar. Viele der Geflüchteten hätten Kinder bei sich, häufig noch im Säuglingsalter. „Denen kannst du kein Schnitzel hinstellen.“ Die Hilfsbereitschaft sei aber enorm, betont Thaler, trotz der Herausforderung.
Dauer der Unterkunft noch unklar
Wie lange die Notunterkunft in Wasserburg noch benötigt werde, sei unklar. „Es ist Land in Sicht, aber Prognosen mache ich dazu keine.“ Die Mitarbeiter seien derzeit mit Hochdruck auf der Suche nach Wohnungen, die der Landkreis anmieten könne. Das dauere seine Zeit, wahrscheinlich mehrere Wochen. „Wir haben eine hohe Verantwortung“, stellt Thaler klar, auch deshalb könne nicht jedes angebotene Gästezimmer als Unterkunft verwendet werden.
„Wir müssen erst überprüfen, wer die Vermieter sind und wie die Wohnung aussieht.“ Denn nicht jedes Angebot sei auch annehmbar. Bis es Wohnung für die Geflüchteten gibt, steht ihnen aber Thaler mit seinem Organisationswunder „Notunterkunft“ weiterhin zur Seite.

