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Exklusiver Einblick

„Nicht einsatzbereit“: Bunker im Wasserburger Land – so sieht es aus im Edlinger Schutzraum

Der Eingang zu Bunker beim Kindergarten „Hänsel und Gretel“ in Edling.
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Der Eingang zu Bunker beim Kindergarten „Hänsel und Gretel“ in Edling.

Im Wasserburger Land gibt es immer noch Bunker – Relikte aus einer anderen Zeit. Doch angesichts der gestiegenen Bedrohungslage denkt die Regierung über ein neues Schutzraum-Konzept nach. Ein Blick in den Bunker in Edling zeigt, wie die Anlage zurzeit genutzt wird – und wie sie funktioniert.

Wasserburger Land – Im Jahr 2007 haben Bund und Länder beschlossen, alle Schutzbunker in Deutschland stillzulegen. Wegen der gestiegenen Bedrohungslage arbeitet die Bundesregierung nun an einem neuen Schutzraumkonzept für die Bevölkerung. Noch 579 Schutzräume gibt es in Deutschland, listet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auf. 156 in Bayern, 16 in München. Das Amt teilt auf Nachfrage mit: „Sämtliche noch dem Zivilschutz gewidmeten Anlagen sind weder funktions- noch einsatzbereit.“

Auch im Wasserburger Land gab oder gibt es einige Bunker, unter anderem in Schonstett, Griesstätt und Edling. In Griesstätt gab es lange Jahre einen Bunker, wie Bürgermeister Robert Aßmus auf Anfrage erklärt. Aber vor drei Jahren wurde der Raum umgewidmet. Mittlerweile würden ihn die Schützen als KK-Stand nutzen, so der Rathauschef. Ähnlich sieht es in Schonstett aus. Der Schutzraum werde seit einigen Jahren „nur noch als Lagerfläche verwendet“, so Bürgermeister Paul Dirnecker auf Anfrage.

In Edling gibt es einen Schutzraum direkt neben dem Kindergarten „Hänsel und Gretel“ liegt. Bei der Begehung wird schnell deutlich, was das BBK mit „nicht einsatzbereit“ gemeint hat – denn der rund 300 Quadratmeter große Raum ist im vorderen Teil derzeit wegen des Rathaus-Umbaus mit Ordnern und Sachen der Betreuungseinrichtung voll gestellt.

Seit 1991 gibt es in Edling den Bunker, 1987 habe es dazu ein Schreiben vom Landratsamt gegeben, in dem Kommunen darauf hingewiesen wurden, „wenn möglich, Bunker zu errichten“, erinnert sich Bauamtsleiter Michael Bernhard. Da die Gemeinde damals gerade den Kindergarten plante, bot sich der Bau des Schutzraums an, erklärt er. 299 Personen finden darin Platz. Wie genau eine mögliche Evakuierung ablaufe, könne Bernhard nicht sagen. „Das übernimmt der Katastrophenschutz. Wir als Kommune stellen nur die Räumlichkeiten zur Verfügung.“

Im Bunker selbst ist es trocken und sauber. Darum kümmert sich der Bauhof. Es gebe keine Heizung, es hat rund 20 Grad, auch jetzt im Winter, so der Bauamtsleiter. Für ausreichend Belüftung sorgt eine Anlage, auch Strom und Wasser sei vorhanden. „Sollte das Gerät ausfallen, kann es manuell betrieben werden“, erklärt Bernhard und deutet auf eine von vier Kurbeln. Mit diesen könne die Belüftungsanlage betrieben und auch Strom erzeugt werden. An den Kurbeln ist ein Messgerät angebracht. Es zeigt den Menschen im Bunker an, wenn genügend Luft erzeugt wurde. Überhaupt befindet sich eine reichliche Anzahl von Gerätschaften an der Wand: „CO₂-Messstelle“ und „Raumüberdruckmessgerät“ sind dort unter anderem zu lesen. Unter den Kontrollanzeigen befindet sich eine Luke, durch die man über eine Leiter hinausgehen könnte. Davor liegen große, schwere Mauersteine. Bei Bedarf könne so die Öffnung zugemacht werden, sagt der Bauamtsleiter.

Bauamtsleiter Michael Bernhard bei der Begehung des Bunkers.

Ein Durchlass führt in den Filterraum. Er ist durch eine tonnenschwere Stahltür gesichert. Sollte es einen atomaren Vorfall geben, könne der Zugang verschlossen werden. So werde verhindert, dass der restliche Schutzraum „verseucht“ werde, erklärt Bernhard. Auf der anderen Seite des Eingangs ist der Zugang des Bunkers ebenfalls durch eine schwere Tür gesichert. Es gibt ein Bullauge, durch das man schauen kann. „So wird der Eintritt geregelt“, sagt er. Sollten sich schon 299 Personen im Bunker befinden, müssten die Leute im Schutzraum entscheiden, ob sie noch jemanden einlassen wollen. „Grundsätzlich ist vorgesehen, dass niemand mehr dazukommen soll“, sagt Markus Galler von der Edlinger Verwaltung. „Aber wenn nur einer draußen steht, wird wohl kaum jemand den Einlass verwehren, vor allem nicht in einer Krisensituation“, meint er.

Mehr Schutzräume für die Bevölkerung

Laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) finde die Ausgestaltung des Schutzraumkonzepts aktuell unter Beteiligung der Länder in einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe gemeinsam statt. Grundlage sei das von der Bundesregierung 2023 entwickelte „Gesamtszenario zur Umsetzung der Konzeption Zivile Verteidigung“, teilt die Behörde weiter mit.

Die Eckpunkte sind:

• Handlungsempfehlungen für die kurzfristige bauliche Ertüchtigung von Selbstschutzräumen, insbesondere in Kellern

• Eine möglichst systematische Erfassung von öffentlichen Gebäuden und privaten Immobilien, die als öffentliche Zufluchtsorte genutzt werden können

•  Möglichkeiten zur flächendeckenden Schaffung von Selbstschutzräumen und die Prüfung einer perspektivischen Ergänzung mit dem Auf- und Ausbau mit Hausschutzräumen.

• Prüfung eines auf diesen Daten aufbauenden IT-Verzeichnisses, das es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen würde, über Warn- und Kartendienste die für sie nächstgelegenen Schutzorte über das Handy zu ermitteln. Eine App wäre dazu nur eine von vielen Möglichkeiten.

• Umfassende Informationskampagnen, die Bürgerinnen und Bürger über die Bedeutung von Schutzräumen und die Möglichkeiten des Selbstschutzes informieren.

Ein weiterer Bereich ist mit einem blauen, schweren Plastikvorhang verhängt. „Dahinter sind die Sanitäranlagen“, sagt Bernhard und zieht den Behang zur Seite. Dahinter kommen Duschkabinen und ein Regal, in dem Campingtoiletten gelagert sind, zum Vorschein. Auch ein Waschbecken befindet sich dort, es ist der einzige Wasserzugang. Bernhard zeigt auf mehrere Behälter, in denen es im Notfall abgefüllt werden könne. „Dieser hier fasst 1.000 Liter“, sagt er und deutet auf einen grauen Beutel. „Aber es sind sicherlich unterschiedliche Maßeinheiten untergebracht“, meint der Bauamtsleiter. „Aber wie gesagt, das ist Sache des Bunds.“

Ein Blick in den Bunker: Der rund 300 Quadratmeter große Raum ist im vorderen Teil derzeit wegen des Rathaus-Umbaus mit Ordnern und Sachen des Kindergartens voll gestellt.

Der Bunker werde allerdings seit rund 15 Jahren schon nicht mehr zur Wartung des Bunkers hier. Dass der Schutzraum überhaupt so gut in Schuss sei, sei dem Bauhof zu verdanken. „Wir gehen regelmäßig hier runter und halten die Gerätschaften instand“, so Bernhard. Die Wartung wurde laut BBK im Jahr 2007 eingestellt. „Hintergrund ist die im Zuge der Friedensdividende im Jahr 2007 getroffene Entscheidung des Bundes, das Schutzbaukonzept aufzugeben, die funktionale Erhaltung der öffentlichen Schutzräume einzustellen und diese sukzessive aus der Zivilschutzbindung zu entlassen“, so die Behörde.

Handreichung für Bevölkerung wird erarbeitet

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) teilt auf Anfrage mit, dass sich Bund und Länder in der Sitzung der Innenministerkonferenz auf wesentliche Grundelemente eines nationalen Schutzraumkonzeptes verständigt haben. Dies sei nötig, da „die russische Aggression in Europa die Stärkung der zivilen Verteidigung erfordert“, so die Behörde. „Dazu gehören moderne Warnsysteme, wie sie in den vergangenen Jahren geschaffen wurden und laufend weiterentwickelt werden und starke Zivilschutzstrukturen und gut ausgerüstete Behörden wie THW und BBK. Und dazu gehört auch ein modernes Schutzraumkonzept, um die Bevölkerung im Ernstfall zu schützen“, erklärt das Bundesamt.

Das BBK erarbeite hierfür derzeit eine ausführliche und einfache Handreichung für die Bevölkerung. Sie soll Anfang 2025 erscheinen. „Bereits jetzt ist klar, dass nahe gelegene, schnell erreichbare Schutzräume wesentlich sind. Die Bausubstanz in Deutschland ist flächendeckend so gut, dass vor allem Keller bereits einen guten Grundschutz leisten und sich daher anbieten. Auch Treppenhäuser oder innenliegende Räume in Massivbauweise, die zwar oberirdisch sind, aber keine Öffnungen nach außen haben (zum Beispiel keine Fenster oder Glasfronten), können schützen“, so die Behörde.

Mit einfachen Mitteln würden sich diese Räume, also Kellerräume oder innenliegende Räume, kurzfristig zu sogenannten baulichen Selbstschutzräumen verstärken. Ergänzend zu dezentralen Schutzräumen in Wohn- und Arbeitsgebäuden seien in urbanen Ballungszentren Räume nötig, die Schutz bieten für Menschen, die sich im öffentlichen Raum aufhalten. Hierzu bieten sich laut dem BBK Keller in öffentlichen Gebäuden oder in Kaufhäusern, Tiefgaragen, U-Bahnstationen oder Tunnel an.

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