Frühzeitige Neuwahlen
Warten auf Scholz-Vertrauensfrage: Ist der Landkreis für eine Turbo-Wahl gerüstet?
Stellt Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage am 15. Januar, noch vor Weihnachten oder sogar schon am Mittwoch (13. November)? Man weiß es nicht. Doch sollte es Schlag auf Schlag gehen: Könnten die Kommunen im Landkreis Rosenheim die Wahlen dann überhaupt vorbereiten?
Rosenheim – „Der formelle Antrag für die Vertrauensfrage muss nach Artikel 68 Absatz 2 des Grundgesetzes 48 Stunden vor der Abstimmung gestellt werden. Das heißt, dass für eine Abstimmung am 13. November bereits am Montag (11. November) der Antrag gestellt werden müsste“, erklärt eine Sprecherin des Landratsamtes Rosenheim, dessen Sachgebiet Kommunale Angelegenheiten auch für die Durchführung der Bundestagswahlen auf Landkreisebene zuständig ist.
Was kommt nach Auflösung des Bundestages
Nach Auflösung des Parlaments muss der Bundestag innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden. Doch, so die Sprecherin des Landratsamtes: Auch wenn das Vertrauen in der Sitzung am 13. November verweigert werden sollte, müsse die Neuwahl nicht zwingend am 13. Januar 2025 stattfinden. Grundsätzlich habe der Bundespräsident „nach der Verweigerung des Vertrauens durch den Bundestag nach Artikel 68 Absatz 1 des Grundgesetzes 21 Tage Zeit, den Bundestag aufzulösen“. Das heißt also: Der Zeitpunkt der Bundestagswahl hängt vom Zeitpunkt der Entscheidung des Bundespräsidenten ab.
Bundeswahlleiterin Ruth Brand und auch Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler hatten vor Risiken und logistischen Herausforderungen gewarnt. Wie aber sehen das die Kommunen im Landkreis Rosenheim? Immerhin stehen Weihnachtszeit, Jahreswechsel und damit verbundene Urlaube vor der Tür. Doch darauf können die Gemeinden keine Rücksicht nehmen, denn: „Sie sind verpflichtet, die Wahl entsprechend vorzubereiten und die vorgegebenen Termine und Fristen einzuhalten“, heißt es aus dem Landratsamt.
Vorbereitungen haben begonnen
„Normalerweise sind wir meist zwei Monate vor einer Wahl mit den Vorbereitungen fertig“, sagt Franz Höhensteiger, Wahlleiter in der Stadt Rosenheim. Überall haben die Vorbereitungen schon begonnen. Nicht nur wegen der regulär geplanten Bundestagswahl am 28. September 2025. Auch wegen der Botschaften aus der Hauptstadt und einem möglichen Wahltermin im März. „Wir haben Unterlagen wie Merkblätter für die Briefwahl oder Versandtaschen bestellt“, sagt Harald Schäfer, der in der Gemeinde Raubling die Wahlen betreut.
In Kolbermoor werden gerade die Wählerverzeichnisse aktualisiert. Die Einladungen für etwa 180 Wahlhelfer sind schon vorbereitet. Die knappe Frist bis zu den Neuwahlen ist „sportlich, aber zu schaffen“, sagt Ordnungsamtschef Thomas Rothmayer. „Es ist definitiv machbar“, pflichtet ihm Michael Krimplstötter, Verwaltungschef der Gemeinde Stephanskirchen, bei. Hier hat der Gemeinderat schon vorgearbeitet und beispielsweise die Erfrischungsgelder, also eine Anerkennung für den ehrenamtlichen Einsatz der Wahlhelfer, bewilligt.
Das Wichtigste sei jetzt aber eine finale Entscheidung zum Wahltermin, so Krimplstötter. Denn um loslegen zu können, sind die Kommunen auf den Terminkalender der Bundeswahlleiterin angewiesen. Eines ist klar: „Wir müssen brutal Gas geben, Räume für Wahllokale reservieren und etwa 480 Wahlhelfer rekrutieren“, so der Rosenheimer Wahlleiter Höhensteiger. „Aber auch die Wahlhelfer in Schulungen auf ihr Ehrenamt vorbereiten“, ergänzt Krimplstötter.
Parteien unter Termindruck
Die Kommunen sind gewappnet und zudem erfahren in der Vorbereitung und Abwicklung von Wahlen. „Die aufwendigsten sind die Kommunalwahlen“, sagt Harald Schäfer und erinnert an ganz andere Herausforderungen, die schon gemeistert wurden, beispielsweise die Corona-Wahl 2020 mit Gemeinderäten, Bürgermeistern und Landrat sowie anschließenden Stichwahlen.
Ein weiteres Problem: Die Parteien müssen ihre Direkt- und Listenkandidaten aufstellen. Das dürfen sie seit dem 27. März. Drei Direktkandidaten für den Bundestagswahlkreis Rosenheim stehen schon fest. Die SPD schickt Reka Molnar ins Rennen, die FDP Marcus Moga und die Tierschutzpartei Peter Steyrer. Die Grünen nominieren ihren Direktkandidaten am 13. November, die CSU am 18. November.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bundeskanzler am Mittwoch die Vertrauensfrage stellt, ist sehr gering. Ich denke aber, dass er es vor Weihnachten tun wird, dann wären die Neuwahlen im Februar“, sagt CSU-Kreisvorsitzender Klaus Stöttner. Dann hätten neben den gut organisierten großen Parteien auch die kleinen eine Chance, ihre Kandidaten aufzustellen. Fehlen noch die Länderlisten: „Wir haben unsere Delegiertenversammlung von Januar auf den 30. November vorgezogen“, informiert Grünen-Kreisvorsitzende Katharina Thalmayr.
Die größte Hürde müssen Druckereien nehmen
Erst wenn Direkt- und Listenkandidaten feststehen, können die Parteien ihre Listen einreichen, die Stimmzettel vorbereitet und gedruckt werden. „Wir werden es schaffen, aber es ist ein gewaltiger Organisationsaufwand“, sagt Thalmayr.
Die größten Hürden der Neuwahl zum Bundestag dürften nach Einschätzung der Kreiswahlleitung „bei der fristgemäßen Bereitstellung der erforderlichen Unterlagen liegen, sei es der Druck der Stimmzettel oder die Bereitstellung der Briefwahlunterlagen“. Deshalb werde die Briefwahl auch zur größten logistischen Herausforderung für die Kommunen, wie Franz Höhensteiger erklärt. Spätestens fünf Wochen vor der Wahl sollten beispielsweise alle 40.000 Wahlberechtigten der Stadt Rosenheim ihre Wahlbenachrichtigung im Briefkasten haben. Bei einer Wahlbeteiligung von schätzungsweise 70 Prozent und dem steigenden Anteil der Briefwähler müsse man mit mindestens 14.000 Briefwählern rechnen. Die Aussendung der Wahlbenachrichtigungen, die daraus resultierenden Anträge auf Briefwahl, deren Bearbeitung, die Zusendung der entsprechenden Unterlagen und die rechtzeitige Rücksendung der Wahlscheine könnten in einer verknappten Frist schwierig werden. Auch aufgrund der bekannten Probleme mit der Post.