Region Wasserburg
Verschwörungstheorien bei Impfdemos: Gehört Ludwig Maier doch noch zur ÖDP?
Ist er noch ÖDP-Mitglied oder nicht? Der Kreisverband der Partei spricht von einer „Hängepartie“. Denn Ludwig Maier, der Anfang des Jahres mit Auftritten und Aussagen bei und im Zusammenhang mit Kundgebungen der Impfgegner in Wasserburg in die Kritik geraten war, ist eigentlich ausgetreten – oder doch nicht?
Wasserburg/Soyen – „Derzeit ruht die Mitgliedschaft“, sagt ÖDP-Kreisvorsitzender Josef Fortner auf Anfrage. Maier, der für die ÖDP sogar drei Mal für ein Bundestagsmandat kandidiert hatte, habe keine Parteiämter oder Funktionen mehr inne. Er habe Anfang des Jahres per Mail seinen Austritt verkündet, einen Tag später diese Entscheidung wieder zurückgezogen.
Der Kreis- und der Landesverband hätten die Austrittserklärung jedoch angenommen. Jetzt müsse geklärt werden, ob der Rücktritt vom Austritt rechtlich gesehen gelte, also alle Formalien eingehalten worden seien. Dies sei Aufgabe des Bundesschiedsgerichts der Partei, so Fortner. Maier selber will sich zu diesem Vorgang auf Anfrage nicht äußern, schließlich handele es sich um ein schwebendes Verfahren. Wann eine Entscheidung des Schiedsgerichts erwartet werde, stehe noch nicht fest, so Fortner.
„Für mich sitzt er jetzt erst einmal auf der Reservebank“
Er macht deutlich, dass der Kreisverband nicht bereit sei, „diese Berg- und Talfahrt mitzumachen“. Maier habe sich mit eigenwilligen Auftritten und Verschwörungstheorien ins Abseits gebracht, bemüht Fortner die Fußballsprache. „Für mich sitzt er jetzt erst einmal auf der Reservebank, ob er wieder mitspielen darf, steht noch nicht fest.“
Grundsätzlich stellt Fortner klar: Maier widme sich seit vielen Jahren intensiv klassischen ÖDP-Themen: ökologische Landwirtschaft, Tier- und Umweltschutz, Leben im Einklang mit der Natur. Inhaltlich habe es jahrelang große Übereinstimmungen mit der Parteilinie gegeben.
Doch die provokante Haltung, die Maier auf Demonstrationen und Kundgebungen zur Impfpolitik in Wasserburg eingenommen habe, könne die Partei nicht mittragen. Diskussionen über die Coronapolitik seien wichtig und notwendig, diesen politischen Diskurs müsse die Gesellschaft und auch die Partei aushalten. Verschwörungstheorien seien jedoch nicht akzeptabel.
Mehrfach hatte sich der Kreisverband mit Maiers Aussagen auseinandergesetzt. Viel Wirbel hatten seine Behauptungen ausgelöst, bei einem „Montagsspaziergang“ in Wasserburg sei es zum Einsatz paramilitärischer Kräfte gekommen. Maier hatte im Kreistag einen Untersuchungsaussschuss gefordert.
Er hatte seinen Kolleginnen und Kollegen außerdem Meineid vorgeworfen, wenn sie seinen Antrag nicht umsetzen würden. Außerdem war bei einer von Maier geleiteten Versammlung ein Redner ans Mikrofon getreten, der sich als ehemaliger Bundeswehrsoldat angekündigt hatte und dessen Rede von Beobachtern auch als Drohung gegen den Staat interpretiert worden war.
„Möchte ich mich aufrecht entschuldigen“
Maier betont in einem Schreiben an den Landrat und die Kreisräte, datiert auf den 15. Juni: „Sollte ich den Eindruck erweckt haben, dass ich bei Ablehnung meines Antrags dem Landrat und den Kreisräten einen strafrechtlich relevanten Meineid vorwerfen wollte, dann möchte ich mich hierfür aufrichtig entschuldigen.“ Maier distanziert sich außerdem von dem Redner und seinen Äußerungen. „Ich grenze mich auf das Schärfste von extremistischen Haltungen sowohl von Rechts als auch von Links ab.“ Der Mann sei ihm nicht bekannt gewesen und nicht eingeladen worden. „Da wir ein offenes Mikrofon hatten und ich mit dem Einsatzleiter der Polizei in Blickkontakt stand, dachte ich mir anfangs nichts dabei.“ „Gleich danach“ habe er sich distanziert von den Äußerungen des Mannes. Auf Videos ist jedoch zu sehen, dass Maier sich für dessen Statement im Anschluss an die Rede bedankt hat. Maier findet generell, dass die Meinungsfreiheit in einer Demokratie ein hohes Gut sei, auch „grenzwertige Aussagen“ müssten erlaubt sein.
„Das macht was mit einem“
Auch für die Tatsache, dass sich Maier erst jetzt, ein halbes Jahr nach den Debatten über sein Auftreten, offiziell entschuldigt hat, liefert er in seinem Brief an den Landrat und die Kreistagskolleginnen und -kollegen eine Begründung: „Ich brauchte einige Zeit, bis ich überhaupt in der Lage war, diese Zeilen zu schreiben.“ Im Gespräch mit der Wasserburger Zeitung erklärt Maier, er habe sich bei der Berichterstattung über seine Auftritte falsch dargestellt gesehen. „Das macht was mit einem.“ Er habe sich als Person beschädigt gefühlt und sei lange Zeit nicht in der Lage gewesen, zu reagieren.
