Auch in Rosenheim wild gefeiert
Türkische Ekstase von „Wolfsgruß“ gebrochen - UEFA ermittelt gegen Demiral
Rosenheim - Die Türkei hat sich bei der Fußball-Europameisterschaft am späten Dienstagabend (2. Juli) mit einem knappen 2:1 gegen Österreich durchgesetzt. Bei den türkischen Anhängern herrschte völlige Ekstase und es wurde in Rosenheim und ganz Deutschland frenetisch gefeiert. Dem Siegtorschützen droht allerdings Ärger.
Update, 18.23 Uhr - Was hat es mit dem Wolfsgruß auf sich?
Die Empörung über den Wolfsgruß-Torjubel des türkischen Nationalspielers Merih Demiral im Achtelfinale der Fußball-EM gegen Österreich war groß. Doch ist der Wolfsgruß eher ein unschuldiger Ausdruck nationalen Stolzes oder tatsächlich ein Zeichen extremistischer Gesinnung? Was steckt wirklich dahinter? Warum ist der Wolfsgruß so umstritten und welche historische Bedeutung hat er? In diesem Artikel auf beinschuss.de erfährst du alles Wichtige zum umstrittenen Wolfsgruß-Torjubel.
Update, 14.05 Uhr - UEFA ermittelt gegen Demiral
Die Europäische Fußball-Union UEFA hat ein Untersuchungsverfahren gegen den türkischen Nationalspieler Merih Demiral nach dessen Torjubel mit dem sogenannten Wolfsgruß eingeleitet. Es gehe dabei um ein mögliches unangemessenes Verhalten des 26-Jährigen, teilte die UEFA am Mittwochvormittag mit. Sollte Demiral bestraft werden, könnten ihm Folgen für das anstehende Viertelfinale gegen die Niederlande drohen.
Update, 13.40 Uhr - Özdemir fordert Konequenzen für Demiral
Bundesagrarminister Cem Özdemir fordert Konsequenzen nach dem Zeigen des sogenannten Wolfsgrußes durch den türkischen Fußball-Nationalspieler Merih Demiral während des EM-Achtelfinales. „Seine Botschaft ist rechtsextrem, steht für Terror, Faschismus“, schrieb der Grünen-Politiker auf der Plattform X mit Blick auf den Gruß. Die Europäische Fußball-Union UEFA müsse Konsequenzen ziehen.
Richtig, nichts am #Wolfsgruß ist versteckt. Seine Botschaft ist rechtsextrem, steht für Terror, Faschismus. Darüber zu diskutieren, ist ermüdend. @UEFA muss Konsequenzen ziehen.https://t.co/LsJo3MSvC1
— Cem Özdemir (@cem_oezdemir) July 3, 2024
Özdemir fügte hinzu: „Ich frage mich, warum das Zeigen des Symbols des Grauen Wolfes nicht auch bei uns längst verboten ist. Diese rechtsextreme Geste steht für widerlichen Antisemitismus und die Vertreibung der letzten Christen aus dem Siedlungsgebiet der Urchristen.“ Österreich habe den Gruß zurecht unter Strafe gestellt, das müsse auch in Deutschland gelten, bekräftigte der Grünen-Politiker.
Özdemirs Vater stammt aus der türkischen Kleinstadt Pazar in der Provinz Tokat und kam als Gastarbeiter nach Deutschland. Der Politiker selbst ist in Deutschland geboren und aufgewachsen.
Update, 12.25 Uhr - Türkei-Torschütze droht Ärger
Der türkische Fußball-Nationalspieler Merih Demiral feierte den Sieg gegen Österreich bei der EM mit dem sogenannten Wolfsgruß. Menschenrechtler haben den Jubel des türkischen Fußball-Nationalspielers scharf kritisiert. „Seit Jahren bekomme ich von Anhängern der Grauen Wölfe, einer der größten rechtsextremen Gruppen in Deutschland, Morddrohungen. Dass Merih Demiral hier den rechtsextremen Wolfsgruß zeigt, ist eine Verhöhnung der Opfer“, schrieb Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal bei X. „So bitter für die türkischen Fans.“
Ich kann und werde hierzu nicht schweigen. Seit Jahren bekomme ich von Anhängern der #GrauenWölfe, einer der größten rechtsextremen Gruppen in 🇩🇪Morddrohungen. Dass Merih Demiral hier den rechtsextremen Wolfsgruß zeigt, ist eine Verhöhnung der Opfer. So bitter für die 🇹🇷 Fans. pic.twitter.com/MOp4Sed7Wt
— Düzen Tekkal (@DuezenTekkal) July 2, 2024
Laut dem rosenheim24.de-Türkei-Experten M. Cihad Kökten liegt der Wolfsgruß ursprünglich tief in der türkischen Identität verankert. Er wird schon seit mehreren Hundert Jahren verwendet. Er rührt von der Legende her, dass die türkischen Völker vom Wolf abstammen, wie Kökten erklärt. Der Gruß wurde auch außerhalb der Türkei, zum Beispiel in Aserbaidschan oder Turkmenistan, verwendet. Er symbolisierte auch in Kriegszeiten die Stärke und die Manneskraft der Turkvölker.
In den letzten Jahren haben allerdings die „Grauen Wölfe“ den Wolfsgruß für sich in Anspruch genommen. Als „Graue Wölfe“ werden die Anhänger der rechtsextremistischen Ülkücü-Bewegung bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.
In Deutschland ist das Zeigen des Wolfsgrußes zwar nicht verboten, da er aber die exakt gleiche Geste wie der sogenannte Schweigefuchs darstellt, wurden Lehrer dazu angehalten, diese Geste nicht mehr zu verwenden, da es zu Verwechslungen kommen kann. Besonders pikant: In Österreich - unterlegener Gegner der Türkei, in der Partie, um die es geht - ist die Wolfsgruß-Geste seit 2019 illegal.
Demiral selbst erklärt nach dem Spiel, es habe mit seiner „türkischen Identität zu tun“, wie er gefeiert habe. Eine Verbindung in rechte Lager wollte er nicht darstellen. Dennoch hat er damit einen großen Aufschrei ausgelöst, der für ihn auch persönliche Konsequenzen, wie eine Sperre für das restliche Turnier haben könnte.
Update, 10.40 Uhr - Riesige Fan-Party auch in München
Nicht nur in Rosenheim wurde ausgelassen gefeiert. Auch in München und anderen deutschen Städten gingen Tausende Türken auf die Straßen. Die Polizei in der bayerischen Landeshauptstadt setzte ab 23 Uhr Verkehrssperren und -ableitungen in einem Bereich zwischen der Münchner Freiheit und dem Siegestor im Kraft, um problematische Situationen zwischen feiernden Fans auf der Fahrbahn und dort fahrenden Fahrzeugen zu vermeiden. Das gleiche Vorgehen hatte Robert Maurer auch schon für Rosenheim geschildert (Siehe Update 9 Uhr).
Mehrere tausend Personen feierten in diesem Bereich in München. Auch hier wurden Fangesänge angestimmt und Pyrotechnik gezündet. Entsprechende Ordnungswidrigkeiten in Bezug auf Feuerwerk wurden angezeigt, wie die Münchener Polizei erklärt. Der Busverkehr des ÖPNV musste laut den Beamten aus diesem Bereich herausgenommen werden. Auch der Petueltunnel musste nach dem Gebrauch von Pyrotechnik und einer entsprechenden Rauchentwicklung vorübergehend gesperrt werden.
Die @PolizeiMuenchen ist mit Hunderten Beamten im Einsatz auf der Leopoldstraße. #München #AUTTUR #EURo2024 pic.twitter.com/6qb3kOEfHu
— Karl Keim (@karlkeim_) July 2, 2024
Nach 1 Uhr nahm die Zahl der Fans ab und die Feierlichkeiten beschränkten sich auf den Bereich Leopold- und Franz-Joseph-Straße. Um 1.20 Uhr konnten die Verkehrsmaßnahmen der Polizei wieder aufgehoben werden.
Update, 9 Uhr - Polizei bezieht Stellung
In einem ausführlichen Gespräch mit rosenheim24.de hat Robert Maurer, Sprecher der Polizei Rosenheim, Stellung zu den Geschehnissen bezogen. Der Beamte erzählt, dass es abgesehen von dem in der Erstmeldung beschriebenen Unfall keine Einsätze gab, bei der die Polizei gefordert war. Er berichtet von etwa 500 Türken, die es in der Nacht in Rosenheim auf die Straße gezogen hat.
Als erfahrener Polizeibeamter hat er schon diverse Fußballturniere gesehen. „Man muss das im großen Kontext sehen“, meint Maurer, „überall in Deutschland gehen Menschen auf die Straße, feuern ihre Teams an und feiern die Siege ihrer Mannschaft. Wir hatten beim Deutschland-Spiel ähnliche Geschehnisse und wir bereiten uns auch schon wieder auf Freitag und das Wochenende vor. Das ist bei einem solchen Turnier ganz normal.“ Eigentlich seien die Feierlichkeiten auch nationenunabhängig, die Türken feiern allerdings mit einer großen Anzahl an Personen und besonders ausgelassen.
Insgesamt zieht der Polizist eine positive Bilanz, die Menschen haben friedlich gefeiert und sind nach etwas mehr als einer Stunde dann auch wieder langsam nach Hause gegangen. Das Hauptaugenmerk der Polizei lag eher darauf, die Menschen, die sich auf den Straßen bewegen, mit Sperrungen und Umleitungen zu schützen.
Laut Maurer sind mit Hinblick auf den Autokorso und die Feuerwerkskörper lediglich diverse Beschwerden wegen Ruhestörung beim Ordnungsamt eingegangen. Auch das ist allerdings eine Normalität in Anbetracht der Europameisterschaft im eigenen Land. Man möchte diesbezüglich dennoch noch einmal Rücksprache mit der Stadt halten. Bei den gezündeten Feuerwerkskörpern handelt es sich laute ersten Ermittlungen um Artikel, die das ganze Jahr lang frei verkäuflich sind. Der Einsatz von speziellem Silvesterfeuerwerk wird aber auch nicht ausgeschlossen.
Update, 8.30 Uhr - Videos zeigen irre Szenen
Videos zeigen die irren Szenen, die sich ab dem späten Dienstagabend (2. Juli) in der Rosenheimer Innenstadt abgespielt haben. Mit Gesängen, Feuerwerk, Bengalos und Autokorso haben hunderte türkische Staatsangehörige gefeiert.
Erstmeldung
In der Nacht auf Mittwoch (3. Juli) herrschte in der Rosenheimer Innenstadt ein kompletter Ausnahmezustand. Hunderte türkische Staatsangehörige hatten sich um kurz vor Mitternacht vor allem in der Bahnhof- und in der Münchener Straße versammelt, nachdem sich die türkische Auswahl bei der Fußball-Europameisterschaft doch ein wenig überraschend gegen die Österreicher durchgesetzt hat. Die Alpenrepublik hatten viele Experten als kleinen Geheimfavoriten auf der Agenda.
Die türkischen Fans zündeten vor dem Atrium buchstäblich ein Feuerwerk. Mit roten Bengalos besangen sie den Triumph ihrer Mannschaft, Raketen stiegen zischend im Rosenheimer Nachthimmel auf. „Türkiye, Türkiye“ schallte es immer wieder durch die Straßen der Innenstadt. Bis tief in die Nacht wurde gefeiert.
All der frenetische Jubel wurde allerdings von einem Autounfall bei der Jubelfahrt überschattet. Wie die Rosenheimer Polizei berichtet, war eine 29-jährige Einheimische mit ihrem Fahrzeug eben genau dort vor dem Atrium unterwegs, als sie plötzlich auf die Gegenfahrbahn geriet und mit dem Auto eines Kolbermoorers (52) zusammenstieß. Die Rosenheimerin hatte glücklicherweise nur „mäßige Geschwindigkeit“ drauf, wie es von den Beamten heißt. So wurde immerhin niemand verletzt. Ein Sachschaden von 2.500 Euro entstand dennoch. Die 29-Jährige war zudem mit über 0,3 Promille alkoholisiert. Gegen sie wird nun von Seiten der Polizei wegen Gefährdung des Straßenverkehrs ermittelt.
nt