Im „Loch“ darf gebaut werden
Trotz Hochwassersituation in Götting: Neues Mehrfamilienhaus darf gebaut werden
Es ist noch keine vier Monate her, dass sich eine Sturzflut vom Irschenberg über Götting ergoss. Auch die Bewohner des Reihenhauses zwischen Aiblinger Straße und Steigfeldweg waren betroffen – und das nicht zum ersten Mal. Nun soll genau an dieser Stelle ein Mehrfamilienhaus gebaut werden.
Bruckmühl – Der Schock des Juli-Hochwassers sitzt noch tief. Auch Maria und Alexander Elbertzhagen waren wieder betroffen, wie schon bei der Überflutung im Jahr 2011. Schon seit 15 Jahren machen sie auf die Gefahr der Hangabwässer im Bereich der Aiblinger Straße in Götting aufmerksam. Ihre eigenen Schutzmaßnahmen – die Kellerschächte sind mit Betonfenstern versiegelt, eine Mauer zieht sich fast um ihr komplettes Grundstück – haben sie im Juli nicht geschützt. Das Wasser findet trotzdem seinen Weg ins Haus.
Gemeinde gibt Gutachten in Auftrag
Warum, erklärte Marktgemeinderat Hubert Maier (CSU/PW) schon in der Marktausschuss-Sitzung im März: „Ein Loch bleibt eben ein Loch.“ Damals stand der Neubau des Mehrfamilienhauses direkt neben dem bestehenden Reihenhaus schon einmal auf der Tagesordnung. Im Rahmen der öffentlichen Auslegung der Pläne hatten die Eigentümer des Reihenhauses mehrere Stellungnahmen abgegeben: Dieser Neubau, so ihre Befürchtung, könnte die Überflutung nach Starkregen aufgrund der erhöhten Wasserverdrängung weiter verschlechtern.
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Der Markt Bruckmühl gab daraufhin ein Gutachten in Auftrag, das die Veränderungen der Wassertiefen auf den umliegenden Grundstücken durch den Neubau eines Mehrfamilienhauses am Straßeneck Aiblinger Straße–Steigfeldweg untersuchen sollte. In seiner November-Sitzung hatte der Marktausschuss das Bauvorhaben zum dritten Mal auf dem Tisch. Thomas Brückner von der Bruckmühler Bauverwaltung erläuterte das hydraulische Gutachten.
In die Betrachtung seien Untersuchungserbnisse aus dem Jahr 2015, Erkenntnisse aus der Juli-Sturzflut, der nun geplante Baukörper und die neue Abflusssituation eingeflossen. „Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass sich durch die geplante Bebauung keine Veränderung der Wassertiefen auf den umliegenden Grundstücken und somit auch keine Betroffenheit für die Nachbarn ergeben“, informierte Brückner. Im Klartext heißt das: Ganz egal, ob das Mehrfamilienhaus gebaut wird oder nicht – an der Hochwassersituation am bestehenden Reihenhaus ändert sich nichts.
Diese wird im Rahmen des Sturzflut-Managements der Marktgemeinde Bruckmühl beleuchtet. Im circa sechs Kilometer langen Untersuchungsgebiet von der Gemeindegrenze bei Vagen bis Berbling werden eine Bestandsanalyse erfolgen, Gefahren und Risiken ermittelt, Schutzziele definiert und Schutzmaßnahmen konzipiert. Die Ergebnisse fließen in eine Strategie zum Sturzflut-Risikomanagement ein.
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Doch zurück zum Flurstück 232/4 an der Aiblinger Straße, Ecke Steigfeldweg. Im hydraulischen Gutachten wurde festgestellt, dass „auf dem Baugrundstück bei einem 100-jährlichen Überschwemmungsereignis mit einer maximalen Wassertiefe von 20 Zentimetern zu rechnen ist“.
Aus Sicht der Verwaltung sollte im Bebauungsplan festgeschrieben werden, dass Geländeaufschüttungen und Mauern, die den Hochwasserabfluss beeinträchtigen könnten, unzulässig sind. Auch sollte das neue Gebäude hochwasserangepasst gebaut werden. Wie Brückner informierte, sei der Bauwerber bereit, für die Marktgemeinde eine Haftungsfreistellung für den Fall eines Schadenseintritts durch Hochwasser im Grundbuch eintragen zu lassen. Grünen-Rat Stefan Mager bezeichnete den Bauplatz trotz des Gutachtens als immer noch ungeeignet und die Hochwassergefahr nicht gebannt, doch: „Wenn das so gewollt ist, stehen wir zu unserem Wort und stimmen dem Vorhaben zu.“
Wohneinheiten von fünf auf vier reduziert
Gleichzeitig stellte er aber den Antrag, die Wohneinheiten von fünf auf vier zu reduzieren. Dem stimmte das Plenum mit 7:3 Stimmen zu. Für OLB-Rat Richard Linke war es wichtig, in Zukunft bei ähnlichen Vorhaben sensibel darauf zu achten, wo Wasserprobleme auftreten könnten.
Einem von Hubert Maier (CSU/PW) ins Spiel gebrachter „Wasserschutzwall“ zum Schutz des Neubaus erteilte Bauamtschef Konrad Kremser aus wasserrechtlichen Gründen eine Absage: „Dieser führt lediglich zu einer ungewollten Wasserverdrängung zu Lasten der Umgebungsbebauung.“
Haftungsfreistellung kommt ins Grundbuch
Der Ausschuss billigte den Antrag des Bauwerbers auf Änderung des Bebauungsplanes mit integriertem Grünordnungsplan für das Gebiet „Am Kirchplatz“ im Bereich des Grundstücks mit der Flurnummer 232/4 mit 9:1 Stimmen.
Die Verwaltung der Marktgemeinde wurde beauftragt, die Festsetzungen zum Hochwasserschutz in den Entwurf der Bebauungsplanänderung aufzunehmen und das Verfahren fortzuführen. Die vom Antragsteller angebotene Haftungsausschlusserklärung soll veranlasst werden.
