Öffentlicher Personennahverkehr bis München
Tritt der Landkreis Rosenheim Ende 2023 dem MVV bei?
Bis Ende nächsten Jahres will der Münchener Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) dem Landkreis Rosenheim genügend Datenmaterial zur Verfügung stellen, damit dieser über einen möglichen Beitritt zum MVV im ersten Quartal des Jahres 2023 entscheiden kann.
Rosenheim – Käme es zu einem positiven Votum, könnte der Beitritt Ende 2023 vollzogen werden. Diese Zeitschiene nannte MVV-Geschäftsführer Dr. Bernd Rosenbusch in einer gemeinsamen Sitzung von Umwelt- und Kreisausschuss, die gestern im Landratsamt stattfand.
Phase eins abgeschlossen
Der Geschäftsführer gab den beiden Gremien einen Zwischenbericht zum Stand der Studie über eine Ausweitung des MVV-Einzugsbereiches, an der sich auch der Landkreis Rosenheim beteiligt (wir berichteten). Phase eins, die sich mit der „verkehrlichen Sinnhaftigkeit“ einer Integration von Stadt und Landkreis in den Verbund befasst, ist bereits abgeschlossen. Derzeit läuft laut Rosenbusch Phase zwei, in der es vor allem um die wirtschaftlichen Auswirkungen geht, die ein solcher Beitritt für beide Kommunen hätte.
Rosenbusch wies bei der Präsentation unter anderem darauf in, dass die Sinnhaftigkeit einer Ausweitung aus „Berufspendler-Sicht“ gegeben sei. Es gebe beispielsweise täglich 11.500 Auspendler aus der Region in die Landeshauptstadt und die umliegenden Landkreise. Außerdem bestünden starke Pendlerverflechtungen des Landkreises mit der Stadt Rosenheim – circa 17 .300 Auspendlern täglich stünden 8500 Einpendler gegenüber. Markenzeichen eines Verbundes sei ein einheitlicher Tarif, betonte Rosenbusch.
Wer ersetzt die Einnahmeausfälle?
In der anschließenden Diskussion kam nicht nur Landrat Otto Lederer (CSU) rasch auf einen Knackpunkt im Falle eines eventuellen MVV-Beitritts zu sprechen. Die sogenannten Durchtarifisierungsverluste – gemeint sind Einnahmeausfälle, die ein Einheitstarif unter anderem den regionalen Busunternehmern beschert – müsste seiner Ansicht nach der Freistaat tragen. „Sonst wird es schwierig“. meinte Lederer. Er merkte an, der Landkreis müsse sehr genau überlegen, ob er künftig bei der Optimierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) einen Schwerpunkt auf ein besseres Angebot oder eine einheitliche Tarifstruktur legen wolle. „Ideal wäre beides“, so der Landrat – wohlwissend dass nicht alle Wünsche erfüllbar sein werden. Während Rosenbusch ein Einheitsticket als „großen Bringer“ bezeichnete, zeigte sich Sepp Lausch, Fraktionssprecher der Freien Wähler, durchaus auch besorgt. „Eine Erweiterung geht auch mit einem Bevölkerungswachstum einher. Das hat Auswirkungen auf die Infrastruktur und damit bis in unsere Dörfer hinein. Da stellt sich schon die Frage, haben wir die Möglichkeit, dieses Wachstum zu steuern?.“
Das könnte Sie auch interessieren: „Fahren zu Stoßzeiten keine Busse mehr nach Rosenheim?“
CSU-Fraktionssprecher Felix Schwaller gestand Lausch zu, „wunde Punkte“ angesprochen zu haben, ließ aber eine klare Tendenz erkennen. „Grundsätzlich sollten wir den eingeschlagenen Weg weitergehen und einen MVV-Beitritt anstreben. Der Individualverkehr sollte möglichst in den Bus oder auf die Schiene verlagert werden. Wir müssen halt schauen, Nachteile der Erweiterung abzumildern.“
Andreas Winhart (AfD) warnte vor einer „Vaterstettenisierung des westlichen Landkreises“. Die Vorstellung, jeden Tag mit einem „Bummelzug“ nach München zu pendeln, nannte er einen Albtraum. „ Da fahren viele dann lieber mit dem Auto“, zeigte er sich überzeugt. Ein Verbund-Beitritt mache nur Sinn, wenn er für den Allgemeinverkehr Vorteile bringe.
Reinthaler spricht von „Nachholbedarf“
Samerbergs Bürgermeister Georg Huber (Parteiunabhängige) erwartet sich von der Studie auch Antworten auf die Frage, wie sich eine Verbund-Erweiterung auf den Tourismus auswirkt. Rosenbusch musste bei der Sitzung noch so manche Frage aus den Reihen der beiden Gremien beantworten. So wollte SPD-Fraktionssprecherin Alexandra Burgmaier beispielsweise wissen, wie belastbar die Aussage sei, eine Ausweitung des MVV-Bereiches auf die Stadt und den Landkreis Rosenheim könnte täglich 7500 Autopendler zu Nutzern öffentlicher Verkehrsmittel machen. Für ihren Kollegen Georg Reinthaler (Bündnis 90/Die Grünen) ist Handeln angesagt. „Wir haben massiven Nachholbedarf beim ÖPNV und müssen über die Verbunderweiterung ernsthaft diskutieren.“
Einen Beschluss mussten die Gremien bei dieser Sitzung nicht fassen. Sie diente nur der Information.
