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Frage des Denkmalschutzes?

Streit an der Kampenwandbahn eskaliert: Landtagsabgeordnete bekommen Hausverbot

Demonstranten mit Trillerpfeifen und Plakaten warben für den Neubau der Kampenwandbahn.
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Demonstranten mit Trillerpfeifen und Plakaten warben für den Neubau der Kampenwandbahn.

Ist die Kampenwandbahn ein Denkmal? Diese Frage wollten zwei Landtagsabgeordnete am Montag, 22. Mai, in Aschau klären. Doch statt einem Gespräch mit der Betreiberfamilie Zbil bekamen die zwei Frauen Hausverbot und wurden des Geländes verwiesen. Das sind die Hintergründe.

Aschau im Chiemgau - Keine Gesprächsbereitschaft, stattdessen Trillerpfeifen und ein Hausverbot seitens der Unternehmerfamilie der Kampenwandbahn: So hatte sich Sabine Weigand, Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Denkmalschutz der Grünen, den Besuch in Aschau im Chiemgau wohl nicht vorgestellt. Statt eines Gesprächs am Fuß der Bergstation kam es zu einem Austausch im Garten eines Hotels neben der Kampenwandbahn – ohne die Betreiber. 

Bürgerinitiative „Pro Erhalt Bahn“ vor Ort

Eigentlich wollte Weigand mit Claudia Köhler, Landtagsabgeordnete der Grünen und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, die Kampenwandseilbahn im Rahmen ihrer sogenannten Denkmalschutztour bezüglich Schutz- und Denkmalwürdigkeit der Bahn besichtigen. Ohne die Bürgerinitiative „Pro Erhalt Bahn“, wie Weigand betonte.

Gespräch im Garten eines Hotels neben der Kampenwandbahn: (von links) Karl Garaventa, Schweizer Seilbahnpionier, Landtagsabgeordnete Claudia Köhler (Grüne) und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, Dr. Sabine Weigand, Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Denkmalschutz der Grünen, Valentin Weigel, Landtagskandidat der Grünen, Andrea Wittmann, Landtagskandidatin der Freier Wähler, Georg Antretter, Ortschronist und Mitglied des Aschauer Heimat- und Geschichtsvereins, und Bernhard Spachmüller, Mitarbeiter Dr. Weigands

Sie sehe die Bahn als „frühes Zeugnis des Alpentourismus” und aufgrund dieser Einzigartigkeit forderte sie eine Überprüfung der Denkmalwürdigkeit. „Wir dürfen die Kampenwandbahn nicht leichtfertig abreißen“, sagte Sabine Weigand. Sie bedauere die mangelnde Gesprächsbereitschaft der Familie Zbil und den Platzverweis.

Claudia Köhler sah das ähnlich: Die Beteiligten müssten miteinander reden. Die Kampenwandbahn sei die Visitenkarte für den Ort und die Region. Beim Stichwort „sanfter Tourismus“ müsse man die Frage stellen, ob der Wintersport überhaupt noch eine Zukunft habe.

Aufrüsten mit weniger Geld?

Georg Antretter, Ortschronist und Mitglied des Aschauer Heimat- und Geschichtsvereins, führte das Leitbild der Gemeinde für 2035 aus dem Jahr 2020 an. Da werde von Tourismus und Tradition als zentrale Grundlage, vom Bergsteigerdorf und von Sozialverträglichkeit gesprochen. Wenn die Bahnbetreiber Inklusion als Begründung für die Erneuerung einer Bahn ins Feld führen, frage er sich, ob die Bahn nicht mit wesentlich geringeren Mitteln um- beziehungsweise aufgerüstet werden könne.

Weigand, Köhler und Antretter würdigten jedoch das Engagement der Bahn-Betreiber, die sich seit 66 Jahren für den Betrieb einsetzen und um Reparaturen kümmern. Karl Garaventa, Schweizer Seilbahnpionier, lobte die Unternehmerfamilie ebenfalls. Die Schweizer hätten viel Geld in die Hand genommen, um den Sommer-Tourismus mit nostalgischen Bergbahnen, ausgestattet mit neuester Technologie, wieder anzukurbeln.

Langfristig könne sich Garaventa Wintertourismus in Gebieten unter 1500 Meter nicht vorstellen. Wolf Neelsen, Aschauer Gemeinderat (Grüne), argumentierte, dass es eine Erstgenehmigung für einen Neubau der Bahn aus dem Jahr 2017 gebe und dass 2021 ein Tekturantrag gestellt wurde. Obwohl gegen Letzteren Klage eingereicht wurde, sei der Entscheid des Landratsamtes rechtskräftig.

Sennerin bringt Sicherheits-Argument

Christiane Rabich-Pichler, ehemalige Gemeinderätin, erklärte, dass man dem Antrag einer Erneuerung zugestimmt habe, ohne über Detailinformationen zu verfügen. Brigitte Mieslinger, ehemalige Sennerin auf der Kampenwand aus Aschau, wandte ein, dass man sich im Ort erst gegen einen Neubau ausgesprochen habe. Als es um das Thema Sicherheit ging, sei vielen der Gedanke einer neuen Bahn nicht mehr so abwegig erschienen.

Ein Argument, das viele Anwesenden nicht gelten ließen. „Dann wäre der TÜV sofort eingeschritten,” sagte Karl Garaventa. Architektin Stefania Peter betonte, dass das unternehmerische Denken unterstützt werden müsse. Gleichwohl sehe sie eine Denkmalwürdigkeit gegeben: Wegen der Bahn mit ihren drei Seilen und den Gebäuden der Berg- und Talstation. Man solle erneut das informelle Gespräch mit dem Betreiber suchen.

Architekt Alois Juraschek, ehemaliger Kreisbaumeister des Landkreises, sah das ähnlich. Eine Nachrüstung der Bahn sei in seinen Augen möglich. Dr. Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, schloss sich seinen Vorrednern an. Ein Abriss der Bahn wäre „ein erheblicher Verlust”. Die Bahn sei identitätsstiftend. Er zitierte aus  Paragraph 13 des Denkmalschutzgesetzes: „Die Denkmalschutzbehörden und das Landesamt für Denkmalpflege sollen sich in geeigneten Fällen der Unterstützung kommunaler Stellen sowie privater Initiativen bedienen.”

Landtagsabgeordnete Weigand betonte, dass niemand Angst vor dem Denkmalschutz zu haben brauche: „Wir wollen keine Manifestierung.” Eine Überprüfung der Denkmalwürdigeit - Stichwort Technik-Denkmal - und eine technische Aufrüstung „ohne ihre historische Anmutung zu verlieren,” könne sie sich durchaus vorstellen.

„Stillstand ist Rückstand“

Andrea Wittmann, Landtagskandidatin der Freien Wähler aus dem Landkreis Traunstein, führte an, dass bereits Fördergelder für den Neubau in Höhe von 10 Millionen zugesagt wurden. Es sei eine einmalige Leistung der Unternehmersfamilie, die es zu würdigen und zu beachten gelte. „Stillstand ist Rückstand“, sagte Wittmann.

Sie habe versucht, Herrn Zbil, doch noch zu einem Treffen vor Ort zu bewegen – ohne Erfolg. Dennoch werde sie alles versuchen, um im Gespräch zu bleiben. Weigand resümierte: Es gebe viele Möglichkeiten, eine Lösung zu finden. „Man muss halt wollen“, sagte sie.

Die Antwort der Betreiber

Trotz Einladung erschien Bürgermeister Simon Frank nicht zu dem Termin. Von Seiten der Familie Zbil wurde im Nachgang eine Pressemeldung herausgegeben, in der es heißt: „Die Bahn soll behutsam erneuert werden, unter anderem wird sie barrierefrei.” Das Projekt werde von der Bevölkerung geschätzt und unterstützt. Das Landratsamt habe mehrfach bescheinigt, dass das Vorhaben alle Belange des Naturschutzes vorschriftsmäßig berücksichtigt. Vor Erteilung der Baugenehmigung seien –wie bei jedem derartigen Vorhaben – auch die Belange des Denkmalschutzes geprüft und berücksichtigt worden.

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