Ortschefs aus der Region von Minister-Ansage kalt erwischt
Bernreiter: „Dass der Brenner-Nordzulauf gebaut wird, darüber müssen wir nicht diskutieren“
Es war ein Satz, der den Puls der anwesenden Bürgermeister höherschnellen ließ: Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter ließ auf dem Stephanskirchner Inndamm keinen Zweifel daran, dass der Nordzulauf gebaut wird. Die Ortschefs wurden von der Aussage eiskalt erwischt.
Stephanskirchen - Nein, so hatten sie sich das wohl nicht vorgestellt, die Bürgermeister von Tuntenhausen nördlich um Rosenheim herum bis hinüber nach Rohrdorf: Christian Bernreiter (CSU), Bayerns Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, sicherte der Region zwar zu, dass der Freistaat alles tun werde, dass die Neubautrasse des Brenner-Nordzulaufs (BNZ) möglichst verträglich für die Anliegergemeinden gestaltet wird. Er ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass die Trasse gebaut wird. Der Bedarf sei sicher leicht nachzuweisen, so Bernreiter, denn schon heute gebe es keinerlei Möglichkeit, mehr Güter auf die Schiene zu verlagern. Und die Verkehrszahlen steigen stetig.
„Kein Bedarfsnachweis, keine Neubautrasse.“
Landrat Otto Lederer war sich da nicht so sicher. Und er hielt fest: „Kein Bedarfsnachweis, keine Neubautrasse.“ Stephanskirchens Bürgermeister Karl Mair gehört, wie sein Rohrdorfer Kollege Simon Hausstetter, ohnehin zu denen, die die Sinnhaftigkeit des Projektes in Frage stellen. „Wir sehen die Neubautrasse sehr, sehr kritisch“, so Mair. Seine Gemeinde wird, Stand heute, auf 5,5 Kilometern Länge untertunnelt. Der offene Teil der Streckenführung, der führt allerdings nach neuester Planung direkt über den neuen Trinkwasserbrunnen der 11.000-Einwohner-Gemeinde.
Dass Mair das ebenso wenig will, wie sein Schechener Amtskollege Stefan Adam einen am Fuß 80 Meter breiten und über 10 Meter hohen Wall durch den nördliche Teil des Gemeindegebietes oder Simon Hausstetter eine Trasse mitten durch Lauterbach und die angrenzenden Filzengebiete. Oder Georg Weigl, Bürgermeister in Tuntenhausen, eine von Aubenhausen bis Hohenthann vom BNZ durchschnittene Gemeinde, das und mehr machten die Bürgermeister dem Minister im Stephanskirchner Rathaus klar.
Ich habe gedacht, die Bahn wählt die Bürgertrasse. Das hat sie nicht. Ich bin gespannt, wie es weitergeht
Schon auf dem Inndamm hatte Christa Höhensteiger, deren Fischzucht in Innleiten durch die Brücke über den Inn zerstört würde, ein Plädoyer für die Teich- und Landwirtschaft in der Region gehalten. Es könne nicht sein, dass uralte Kulturlandschaften und ungezählte Existenzen für eine auf 230 Kilometer pro Stunde ausgelegte Neubautrasse geopfert würden. Die vor allem für den Güterverkehr gedacht ist, wie von Seiten der Befürworter immer wieder betont wird. Güterzüge können, Stand jetzt, 120 Kilometer pro Stunde fahren.
Bundesminister ignoriert Kollegen im Land
Allen Beteiligten war klar, dass die Bayerische Staatsregierung in Sachen Brenner-Nordzulauf nichts zu bestimmen hat. Das sagte auch Bernreiter wiederholt: Bayern sei auch nur „Bittsteller“, entschieden werde in Berlin. Dennoch halte er es für wichtig, sich selbst vor Ort einen Eindruck zu verschaffen. Was er im übrigen auch seinen Kollegen im Bundestag empfehle, die 2025 über die Zukunft des BNZ entscheiden. Auf wiederholte Einladungen habe Bundesverkehrsminister Volker Wissing nicht reagiert, so Bernreiter, sein Brief vom Januar ist noch unbeantwortet.
Wort des Tages: „optimieren“
Ein Wort, das beim Treffen der Kommunalpolitiker mit dem Verkehrsminister immer wieder zu hören war: „optimieren“. Forderungen aufstellen, um eine Neubautrasse möglichst verträglich zu gestalten. Dazu gehört für Bernreiter selbstverständlich eine Untertunnelung des Inns nördlich von Rosenheim. Dazu gehört für Mair, dass die Trasse Pink aus seinem Trinkwasserschutzgebiet verschwindet. Sein Kollege Christoph Vodermaier wäre die pinke Trasse am liebsten ganz los, „die ist auch für Riedering verheerend und spricht gegen jeden Menschenverstand.“
Bahn legt sich zum Jahreswechsel auf Trasse fest
Denn eines ist klar: Der Landkreis und die Gemeinden müssen ihre Kernforderungen jetzt formulieren, jetzt bei der Bahn und im Bundesverkehrsministerium Druck machen, dürfen nicht locker lassen. Ende 2023 ist Schluss mit Einwänden und Forderungen, dann legt sich die Bahn auf eine Trasse fest, plant nur noch diese weiter, wie Mair berichtete. Und wenn die Kernforderungen aus dem Landkreis Rosenheim die BNZ-Neubautrasse deutlich verteuern sollten? „Es kann nicht unser Bestreben sein, die Trasse möglichst wirtschaftlich zu gestalten“, so Lederer, „wir müssen das Optimum für die Region herausholen.“ Denn die jetzige Planung, das sind sich Bürgermeister und Landrat einig, die passe überhaupt nicht in die Voralpenlandschaft. Führe zu einschneidenden Veränderungen. Das zu verhindern, da sei die Unterstützung der Staatsregierung wichtig.
Verkehrsminister, Landrat und Bürgermeister vereinbarten, im engen Kontakt zu bleiben. „Sie haben das Wissen vor Ort, sind die Experten“, so Bernreiter. Er versprach: „Die Staatsregierung setzt sich mit Macht für ihre Belange ein.“
