2023 feiert Stephanskirchen seinen Ehrenbürger
Otfried Preußler und die Kinder: Warum die große gegenseitige Liebe bis heute hält
Geschichtenerzähler, Volksschullehrer, Stiftungsgründer für die Aschauer Kinderklinik - Otfried Preußler liebte Kinder. Und die Kinder lieben seine Geschichten. Preußler, 1923 geboren, fand nach dem Krieg eine neue Heimat in Stephanskirchen. Die Gemeinde feiert ihren Ehrenbürger das ganze Jahr.
Stephanskirchen - „Für wen sollen wir‘s denn sonst machen?“ Die Frage von Bibliotheksleiterin Ursula Dreischl ist rein rhetorisch. Die Gemeinde hatte und hat etliche Ehrenbürger. Aber keinen, der Otfried Preußler das Wasser reichen kann. Seit mehr als 65 Jahren begeistern seine Bücher Leser weltweit.
Im böhmischen Reichenberg (heute Liberec) geboren, kam Preußler 1949 nach Stephanskirchen. Hier gründete er seine Familie, hier wurde er Lehrer und Schulleiter, hier schrieb er den kleinen Wassermann, die kleine Hexe, den Räuber Hotzenplotz, das kleine Gespenst, Krabat und all die anderen Bücher, die heute noch kleine und große Kinder begeistern. Bücher, die in 55 Sprachen übersetzt und rund 50 Millionen Mal verkauft wurden. Bücher, die Ursula Dreischl nach wie vor regelmäßig verleiht. Am Samstag, 18. Februar, ist es zehn Jahre her, dass Otfried Preußler starb. Am 20. Oktober wäre er, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Kinderbuchautoren, 100 Jahre alt geworden. 2023 ist Otfried-Preußler-Jahr.
„Manchmal werde ich gefragt: Warum schreiben Sie eigentlich Bücher für Kinder? Dann antworte ich ganz einfach: Weil es mir Spaß macht“, hat Preußler einmal gesagt. Kinder seien das anspruchsvollste Publikum, davon war er ebenso überzeugt, wie es Erich Kästner war. Und Kinder sind das Publikum mit der ungezügeltsten Phantasie. Diese zu wecken, sie in Gang zu setzen, das liebte der Mann, der sich selbst als „Geschichtenerzähler“ bezeichnete.
Diese Phantasie anzusprechen ist auch Ziel vieler Veranstaltungen, die in diesem Jahr in Stephanskirchen geplant sind. An erster Stelle steht da die Erlebnisausstellung „Der Räuber Hotzenplotz“, zu sehen von Ende Mai bis Mitte September. Wo? Ist noch offen. Bürgermeister Karl Mair und Gundula Patscheider, für die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde zuständig, wissen noch nicht genau, welchen ausreichend großen Raum sie für rund vier Monate als Ausstellungsraum in Beschlag nehmen können.
Da tut sich der Kulturclub leichter: Er plant unter anderem Spaziergänge mit Kindern und zwei Schauspielern rund um die Mühle, die Vorbild für den Mühlenteich des kleinen Wassermanns war. Lonika Herzog, Kulturbeauftragte der Gemeinde, gewann Sebastian Kieser von der „INNszenierung“ nicht nur für ein Großprojekt, Kieser bietet ab Juli auch eine kleine Lesereihe mit zwei Schauspielern an. Die kleine Hexe, der kleine Wassermann und das kleine Gespenst quasi als Theater aus dem Karton, mit wenig Requisite - aber viel Spaß. „Das sind kleine Stücke, die wir immer und überall spielen können.“
Im Gegensatz zu „Krabat“. Seit zwei Jahren entwickelt Kieser ein Musical um den sorbischen Zauberlehrling. Videokünstler aus Stuttgart und Wien helfen den Mitwirkenden - überwiegend talentierte Laien - , das Publikum in die mal düstere, mal helle Welt Krabats hineinzuziehen. Mitte September soll es im Antretter-Saal losgehen, Spielbegeisterte dürften sich gerne noch bei ihm melden, so Kieser.
Nur Profis sind bei der Oper „Hotzenplotz“ am Werk, die in Ulm aufgeführt wird. Und die im Winter auf Initiative des Kulturclubs für ein Gastspiel nach Rosenheim kommt.
Überhaupt hotzenplotzt es sehr. Jörg Herwegh verhandelt gerade mit dem Verlag, der die Rechte an den Theaterstücken nach Preußlers Büchern hält, ob er den dritten, selten gespielten Teil „Keine Angst vor Hotzenplotz“ aufführen darf. „Ich habe schon zweimal den Hotzenplotz aufgeführt. Es war jedes Mal ein großes Hallo“, sagt der kindertheatererfahrene Regisseur. Wegen der noch nicht geklärten Rechte gibt es noch keinen Termin.
„Seien Sie gut zu den Kindern. Wir haben nichts besseres.“
Den hat die Schule schon, die seit Juli 1999 Otfried Preußlers Namen trägt. Neben vielen schulinternen Veranstaltungen plant die Theatergruppe der OPS auch eine Hotzenplotz-Aufführung im Antretter-Saal, „rund um Preußlers Geburtstag im Oktober“, sagt Florian Burggraf, einer von Preußlers Nachfolgern als Schulleiter. Schon früher wird ein „Juni-Baum“, wie es Burggraf nennt, aufgestellt, der mit Motiven aus Preußlers Werken geschmückt ist. Und am 20. Oktober, dem 100. Geburtstag Otfried Preußlers, findet die alljährliche Laufveranstaltung der OPS als Spendenlauf für das Hilfswerk Aschau, die von Preußler gegründete Stiftung der dortigen Kinderklinik, statt.
Mit der kleinen Hexe in die Walpurgisnacht
Die offizielle Eröffnung des Preußler-Jahres ist für Ende April geplant. Bei „Stephanskirchen liest Preußler“ lesen bekannte Gesichter aus der Gemeinde - an der Spitze der Bürgermeister - Bekanntes und Unbekanntes des Mannes, der 1993 Ehrenbürger von Stephanskirchen wurde. Ein paar Tage später, in der Walpurgisnacht veranstaltet die Bücherei ein Fest für Grundschulkinder. Ansonsten haben Ursula Dreischl und ihr Team ein Bilderbuchkino sowie Bastelnachmittage mit Geschichten von Otfried Preußler geplant.
Der Mensch, nicht sein Werk, steht im Mittelpunkt der Ausstellung „Otfried Preußler - Notizen zu seinem Leben“, zu sehen im August und im September im Rathaus. Den Schlusspunkt unter das Otfried-Preußler Jahr setzt „Stephanskirchner Zeitgeschichte(n): Otfried Preußler“, ein Festakt am 100. Geburtstag am 20. Oktober.
Gesucht: Erinnerungen und Anekdoten
Stephanskirchner, die noch Erinnerungen an Otfried Preußler haben, die nette Begebenheiten und amüsante Anekdoten teilen wollen, können sich bei Gundi Patscheider in der Gemeindeverwaltung melden. Sie ist unter 08031/722314 oder 14@stephanskirchen.de zu erreichen.
