Juri sucht ein neues Zuhause
Kaum noch Plätze für Tierheim-Hunde: Folgen des Corona-Haustier-Booms auch in Bernau spürbar
Das Bernauer Tierheim hat heuer bislang nur vier Hunde vermitteln können. Das hat auch etwas mit dem Haustier-Boom in der Corona-Zeit zu tun: Die Plätze für die Vierbeiner sind rar.
Von Karla Sichelschmidt
Bernau – Keine vermehrte Abgabe von „Corona-Hunden“, Gastaufenthalte von Tieren aus der Ukraine, fehlende Plätze für Tierschutz-Adoptionen. So sieht die Situation aktuell im Bernauer Tierheim aus. Die OVB-Heimatzeitungen sprachen mit Clarissa von Reinhardt, der Gründerin und Ersten Vorsitzenden der „Häuser der Hoffnung“ über die momentane Lage.
Bekanntlich hatten die Corona-Maßnahmen einen Haustier-Boom ausgelöst. Lockdown und Arbeit im Home-Office ermöglichten vielen die Anschaffung eines Hundes. Zugleich wurde befürchtet, dass viele sich von ihrem Haustier wieder trennen würden, wenn der Arbeitgeber die Anwesenheit am Arbeitsort verlangt.
Sorgen waren unbegründet
Diese Sorgen haben sich nach von Reinhardts Auskunft nicht erfüllt.
„Es gibt immer einen gewissen Anteil von Menschen, die sich von ihrem Hund trennen müssen,“ erläutert die 56-Jährige. „Dieser Anteil hat sich auch in der Corona-Phase nicht signifikant geändert.“ Eine Änderung der Lebensumstände wie Krankheit, Scheidung, Umzug führen häufig dazu, dass ein Hund abgegeben wird, aber auch die Fehleinschätzung, was es bedeutet, für ein Tier die Verantwortung zu tragen.
Dennoch sind die Folgen des Haustier-Booms der letzten Jahre für den Tierschutz deutlich zu spüren, denn es gibt jetzt kaum noch Plätze für Tierheim-Hunde. „Jeder, der sich irgendwie vorstellen konnte, einen Hund zu haben, hat sich während der Corona-Phase einen angeschafft,“ führt Clarissa von Reinhardt aus. „Daher gibt es heute kaum noch Personen, an die wir ein Tier vermitteln können.“ Während das Bernauer Tierheim in den letzten Jahren im Schnitt 15 bis 20 Hunde vermittelt hat, sind es heuer erst vier. „Das geht allen Tierheimen so,“ bedauert Clarissa von Reinhardt die Situation.
Rassehunde von „Massenzüchtern“
Während Corona hätten sich viele Menschen für Rassehunde von „Massenzüchtern“ entschieden, weil es auf den Preis angekommen sei. Hier hätte sich die engagierte Tierschützerin gewünscht, dass mehr Tiere, die in Auffangstationen untergebracht sind, ein neues Zuhause bekommen hätten.
Schwierig dürfte zum Beispiel die Vermittlung von Juri sein. Juri ist ein Herdenschutzhund von beeindruckender Größe und einem Gewicht von 82 Kilogramm. Wenn er einen anschaut, glaubt man gleich, eine Seele von Hund vor sich zu haben. Munter wirft er seinen Kuschel-Elefanten in die Luft und fängt ihn wieder auf. Allerdings kann Juri Zäune von über zwei Meter Höhe überwinden und hat enorme Kräfte.
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„Einmal hat er mich schon komplett umgenietet und hinterher war er total erschrocken,“ berichtet Clarissa von Reinhardt schmunzelnd, die als Hundetrainerin über eine fast 30-jährige Erfahrung verfügt und zahlreiche Bücher zum Thema verfasst hat. Mit physischer Stärke sei Juri nicht zu bändigen. „Es kommen daher nur Menschen in Betracht, die Erfahrung mit Hunden haben sowie über psychische Kraft und ein Grundstück mit einem 2,50 hohen Zaun verfügen.“
Das dürfte nicht einfach werden, zumal durchschnittlich für einen mittelgroßen Hund monatliche Kosten von 250 Euro zu veranschlagen sind – und das dürfte bei Juri knapp werden. Zum Glück gibt es viele kleinere und gut zu führende Hunde, sodass jeder, der Interesse hat und Zeit mitbringt, fündig wird.
Viele Haustiere aufgenommen
Am Samstag, 24. September, ist das Sommerfest des Tierheims geplant – eine gute Möglichkeit für alle, die sich informieren möchten.
Die Tierheime haben seit Beginn des Krieges viele Haustiere aufgenommen, die aus der Ukraine Geflüchtete mitgebracht haben. Zwei Hunde waren es in Bernau, die von ihren Besitzern aber schon wieder abgeholt wurden, nachdem diese eine neue Wohnung gefunden hatten. Clarissa von Reinhardt findet es schrecklich, dass die Haustiere in den Erstaufnahmeeinrichtungen nicht bei ihren Besitzern bleiben durften.