Details über Wünsche für den Backstage-Bereich
Opiate, Trauben und Currywurst? Sportfreunde Stiller eröffnen das Sommerfestival Rosenheim
Am Freitag (14. Juli) eröffnen die Sportfreunde Stiller das Rosenheimer Sommerfestival. Im Vorab-Interview verraten sie, welche Wünsche sie für den Backstage-Bereich haben. Und welche Menschen sie nicht als Fans wollen.
Rosenheim – Den Münchner Süden bezeichnen die Sportfreunde Stiller als ihre Heimat. Der Auftritt auf dem Sommerfestival Rosenheim ist also ein Heimspiel. Vorab sprechen Sänger und Gitarrist, Peter Brugger, Schlagzeuger Florian Weber und Bassist Rüdiger Linhof über Rituale, schlimme und schöne Momente.
New York, Rio, Rosenheim. Wieso habt ihr diesen Titel für Euer Album von 2013 gewählt?
Rüdiger Linhof: Rosenheim ist eine total schöne Stadt, in der Nähe von München und umgeben von Bergen. Und Rosenheim reimt sich sehr gut auf „nicht allein”.
Peter Brugger: Durch Rosenheim sind wir auf dem Weg zu unseren Konzerten tausendmal gefahren. Wir hatten in der Asta Kneipe eines unserer ersten ausverkauften Konzerte. Das war zwar sehr klein, aber wir waren mächtig stolz. Rosenheim steht für mich auch für das Tor zu Italien, wo sich die große, weite Welt öffnet.
Auf welche Lieder können sich die Besucher des Rosenheimer Sommerfestivals freuen?
Florian Weber: Wir spielen viele neue Lieder, aber es ist ein schönes, buntes, ausgewogenes Potpourri. Unser ältestes Lied „Wunderbaren Jahren” ist genauso im Set wie die Songs unseres neuen Albums „Jeder nur ein X”. Es ist total wichtig, dass man auch neue Lieder spielt. Aber wir sind keine Band, die nur das neue Album durchdrücken will. Wir wollen, dass alle einen schönen Abend haben.
Gibt es einen Song, den Ihr besonders gerne spielt?
Linhof: Es gibt alte Lieder, die etwas Gutes aus mir herausholen. „Wie lange wollen wir noch warten?” Das lieb ich einfach. „Das Kompliment” auch. Auf dem neuen Album gibt es Lieder, die wachsen mit der Zeit - wie „Jeder nur ein X”. Das ist so unscheinbar entstanden und aus dem ist dann der Albumtitel geworden. Es ist ein Zitat aus Monty Python. Live hat es für mich eine Botschaft an Menschlichkeit. Die in so Zeiten entstanden ist, in denen man sich gefragt hat: Was ist los in der Welt?
Meinst Du damit die Corona-Pandemie?
Linhof: Die Corona-Pandemie und dass man sich an den Wahnsinn im Netz gewöhnt. Aber auch Russland, Ukraine und, dass sich die Gesellschaft daran gewöhnt, sich zu entsolidarisieren und mehr aufeinander herumzuhacken. Wir müssen mehr auf den Kitt schauen: Dass wir füreinander da sind und Misstrauen gegenüber Leuten gewinnen, die uns spalten und Lügen spreaden.
Zurück zu dem Konzert in Rosenheim: Was erwartet ihr im Backstage-Bereich?
Brugger: Ich brauch so ‘ne Liege, auf der ich mich mit meinem Seidenumhang niederlassen kann. Da liege ich dann so vier bis fünf Stunden. Dann lass ich mir Trauben in meine Mundhöhle träufeln.
Linhof: Währenddessen müssen dir Praktikanten von der örtlichen Schule deinen Bauch massieren - mit Kokosöl. Und dabei machst du dann immer Geräusche.
Brugger: Unbedingt! Wir fordern eigentlich immer alles.
Linhof: In Wirklichkeit wünschen wir uns ungesalzene Erdnüsse und Salzstangen.
Brugger: Wir waren erst auf drei Konzerten und hatten das erste Mal nur vegetarische Gerichte. Das hat mir so gutgetan. Ich hab mich nicht mehr wie ein schwerer Fleischklops gefühlt vor dem Konzert.
Linhof: Dadurch haben wir nicht mehr dieses Fleischmassaker. Das Lustige war, ich bin zu spät zum Frühstück gekommen und habe die Nachmittagsspeisen gesehen. Das war alles kalter Salat und dann habe ich gemerkt: Scheiße, ich hätte jetzt doch echt gern so richtig fette Kohlehydrate und bin kurz sauer geworden. Einer im Team hat es voller Häme der ganzen Crew erzählt, dass ich mich am ersten Tag beschwert hab.
Weber: Ich weiß jetzt nicht, ob ich Neuigkeiten verbreite, aber die ganze Tour ist vegetarisch und vegan. Wer Fleisch will, muss sich um die Ecke ne Currywurst holen.
Linhof und Brugger sehen sich erschrocken an.
Brugger: Aber das Geile auf Tour ist doch, dass man nicht irgendwo hingehen und sich was kaufen muss.
Weber: In dem Fall schon: Opiate, Trauben und Currywurst musst du dir um die Ecke besorgen.
Linhof: Ich glaube es ist eine gute Zeit, etwas zu probieren und zu schauen: Was für einen Fußabdruck hinterlässt man. Wir Musiker sind da nicht besonders gut. Aus Gewohnheit Fleisch zu konsumieren ist aus verschiedenen Gründen nicht cool.
Brugger: Ich kann mich noch erinnern, wie es früher den Sonntagsbraten gegeben hat. Ich habe mich so darauf gefreut. Wenn du irgendwas immer hast, verliert es an Wert. Wenn wir das ein bisschen zurückfahren, gewinnen wir alle. Außerdem kriegen die Tiere für ihr gegebenes Leben eine andere Wertschätzung.
Habt ihr auf Tour Rituale, außer zu essen?
Weber: Es gibt ein Warmspielen bei uns. Wir haben ein kleines elektrisches Schlagzeug und einen Verstärker dabei. Eine Dreiviertelstunde vor Showbeginn hacken wir zwei, drei Lieder runter und kucken auf die Set-Liste. Die typische Traube, sich vor dem Konzert noch einmal zu umarmen haben wir auch – allerdings auf sehr skurrile Art und Weise. Der Rüdiger spricht ein Motto, das nur für unsere Ohren bestimmt ist. Letztes Mal haben wir in der Schweiz sogar ein Schnäpschen getrunken und daran könnte ich mich wirklich gewöhnen. Das ist unser Ritual: Schnaps, Opiate, Trauben.
Warum ist dieser Spruch nur für eure Ohren bestimmt?
Weber: Weil nur wir in dem Kreis sind. Das ist immer ein neuer Spruch. Das ist das Tolle am Rüdiger, er lässt sich immer etwas Neues einfallen.
Brugger: In Reimform!
Gibt es Dinge auf Tour, die tabu sind?
Linhof: Man sollte schon nüchtern auf die Bühne gehen. Ich glaube, dass es super wichtig ist, dass man in einer freundlichen, aufgeräumten Art unterwegs ist, aufeinander und auf sich aufpasst. Bei uns ist es sehr schön peacig und saulustig.
Weber: Im Publikum dürfen keine Arschlöcher, Sexisten oder Rassisten sein. Das steht natürlich über allem. Aber das möchte wahrscheinlich jede Band so.
Linhof: Ne, doch nicht jede Band. Aber das wär wünschenswert.
Wie erreicht Ihr den Fan in der letzten Reihe?
Linhof: Mit unserer saumäßig lauten Anlage. Da leiden alle in den ersten Reihen dafür, dass der Fan in der letzten Reihe maximal mitgenommen wird.
Spielt Ihr lieber auf großen Bühnen oder in kleinen Clubs?
Brugger: Ich find den Mix wichtig. Wir sind neulich in Basel losmarschiert und haben gefragt, ob wir in einer Bar spielen dürfen. Sieben Leuten haben wir unsere Lieder vorgespielt und das mündete in einen sehr schönen und rauschigen Abend. Von solchen Erlebnissen zehren wir lange. Aber genauso krass ist der Eindruck von einem Festival, wenn Zehntausende zur eigenen Musik springen.
Was war Eure schlimmste Erfahrung auf der Bühne?
Brugger: Der Flo kennt schon meinen Blick, wenn ich zu ihm hinter sehe und kurz vorm Flennen bin, weil ich irgendwas verpeilt hab. Diese Momente sind einfach schlimm, weil man völlig ausgeliefert ist. Alle schauen einen an. Manchmal steht man ziemlich nackt und verloren da oben.
Linhof: Es gibt einen Moment, den werd ich nie vergessen. Da standen wir im Taubertal auf der Bühne. Unser erstes Lied sollte „Wunderbaren Jahren” sein. Bei mir war auf der Fußorgel das falsche Sampel drauf. Ich drück drauf und der erste Ton brüllt in einer gottlosen Falschheit über das Publikum von zehntausend Menschen in der Nacht hinweg. Das war so ein stümperhafter Anfang.
Und was war die schönste Erfahrung?
Brugger: Was ich total schön finde: Bei so einem Lied wie „Wächter” zu schauen, was das in den Leuten bewegt. Da sind knutschende Pärchen vor mir, die sich verliebt in die Augen sehen. Man merkt, das Lied hat eine große Rolle beim Kennenlernen gespielt. Was für eine Geschichte unsere Lieder haben, das finde ich toll. Das sind für mich tolle Momente, wenn ich auf der Bühne stehe, den Sound genieße, weil alles passt, die Leute da sind und wir eins werden. Zu einer riesig großen musikalischen Familie.