Einsatz fürs Idyll: Kann „Humus-Plan“ helfen?
Kampf gegen das Phosphor: Wie die Schönheit des Simssees erhalten bleiben soll
Acht Gemeinden haben sich bereits zusammengeschlossen, um den Simssee zu schützen. Nicht ohne Erfolg, wie eine Informationsveranstaltung aufzeigte. Doch es gibt noch viel zu tun - nicht alle Gefahren sind gänzlich gebannt. Dabei könnte Humus eine entscheidende Rolle zufallen.
Simssee - Was vor 20 Jahren in der Gemeinde Riedering als Pilotprojekt für den Simsseeschutz - die enge Zusammenarbeit mit den Landwirten der angrenzenden Flächen - begann, hat sich nun auf acht Anrainer-Gemeinden (Prien, Rimsting und Frasdorf sind seit 2022 mit dabei) ausgeweitet. Dass das nur freiwillig funktioniert, das betonten Riederings Bürgermeister Christoph Vodermaier und sein Rimstinger Kollege Andreas Fenzl schon zu Beginn einer sehr gut besuchten Informationsveranstaltung des Abwasserzweckverbandes Simssee (AZV) im Gasthaus Hirzinger in Söllhuben. Humus, pflugloser Maisanbau und die Makrophyten-Kartierung waren Themen.
4000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche gibt es rund um den Simssee. Wenn viel Regen auf die Flächen trifft, bleibt der Nährstoffeintrag in den Simssee nicht aus. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Rosenheim (AELF) zusammen mit dem Büro Ecozept im vergangenen Jahr auf einigen Äckern den pfluglosen Maisanbau mit der Bewirtschaftung mit Pflug verglichen. Ergebnis: Die Maisernte fiel mit erster Methode weitaus höher aus. Johannes Überacker und Veronika Koder vom AELF warben deshalb um mehr Teilnehmer in der Versuchsreihe, die auch gefördert wird.
Dr. Hadumar Roch vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Rosenheim ging auf den Simssee ein, der 75 Quadratkilometer Einzugsgebiet und eine maximale Tiefe von gut 22 Metern hat. „Flach, nährstoffreich und eutroph“ seien die Kennzeichen des Sees. Die Erosion von hängigen Acker- und Maisflächen im Einzugsgebiet sowie die Oberflächenabschwemmung von Grünland, dazu die durch den Klimawandel bedingten vermehrten Starkregenereignisse erhöhen laut Roch die Gefahr des Phosphoreintrags.
Mittels Daten aus den vergangenen 20 Jahren wies Dr. Roch nach, dass in den extrem trockenen Jahren 2003 und 2018 der Phosphoreintrag um bis zu 30 Prozent geringer ausfiel als in normalen Jahren. Was die Makrophyten angeht, so warnte Dr. Roch vor einer Instrumentalisierung der Daten (Von 2018-2020 wurden die sichtbaren, unter Wasser lebenden und wurzelnden Wasserpflanzen gezählt, Anm. der Red.). Hier sei „kein Trend, sondern jahreszeitliche Schwankungen” auszumachen.
Edeltraud Wissinger vom Freisinger Fachbüro Ecozept gab als Ziele aus: eine ganzjährige Bodenbedeckung, Anbau von Zwischenfrüchten und Ausbringung von Untersaaten im Mais, idealerweise mit anschließender Mulch, Direktsaat der Sommerkulturen, das Verkürzen erosiver Hanglagen, eine Bearbeitung quer zum Hang und ein wetterangepasstes Güllemanagement.
Humus macht den Boden stabiler
Dr. Martin Wiesmeier, Koordinator für den Bereich „Boden“ an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Weihenstephan, stieß in seinem Vortrag zum Humus ins gleiche Horn: Je höher der Humus-Gehalt, desto stabiler erweise sich der Boden bei der Erosion. Dabei gelte es, das Fließgewicht - Eintrag und Abbau organischer Substanz - zu beachten. Humus könne man mittels Zwischenfruchtanbau, Fruchtfolge, Ökolandbau und durch Agroforstsysteme (Bäume auf landwirtschaftlichen Böden) positiv beeinflussen.
Humuszertifikate sind ein Milliardenmarkt
Humuszertifikate seien „eine tolle Idee”, ein globaler Milliardenmarkt, aber könnten sich auch ins Negative umkehren, beispielsweise wenn man sich dank Förderung auf einzelne Flächen konzentriere, aber andere Flächen vernachlässige. Der Klimawandel bedinge, dass der Kohlenstoffeintrag sinkt, was sich wiederum negativ auf das Fließgewicht auswirke. Deshalb müsse gelten: auf jeden Fall das Humusniveau erhalten und einem Abbau vorbeugen, was mit den vorgenannten Methoden funktioniert.
Auf Nachfragen der Landwirte bestätigte Dr. Wiesmeier, dass der Eindruck von Zielkonflikten zwischen Humusaufbau und Simsseeschutz entstehen könne. Deshalb müsse man Grünland, Tierhaltung und Simsseeschutz möglichst optimieren. „Ihre landwirtschaftliche Leidenschaft ist unser Erfolgsmodel.”
Humus: Was ist das und was kann er?
Humus ist die unbelebte organische Substanz des Bodens. Ihm werden viele positive Eigenschaften zugeschrieben: Er steigert das Wasser- und Nährstoffspeichervermögen und der Boden wird stabiler gegenüber Erosion und Verschlämmung, Neben der Aggregatstabilität wird auch das Porenvolumen des Bodens erhöht und es werden günstige Voraussetzungen für den Luft- und Wasserhaushalt
geschaffen. Das Bodenleben wird angeregt, die mikrobielle Biomasse und der
Regenwurmbesatz steigen deutlich an und er er trägt entscheidend dazu bei, den Boden als Lebensgrundlage mit seiner Fruchtbarkeit, seinem Ertragspotenzial und seinen vielfältigen positiven Wirkungen und Chancen für den Boden- und Klimaschutz (Kohlenstoffspeicherung) zu bewahren und zu verbessern. Der Humusgehalt in den oberen Bodenschichten (Bodenkrume) hängt stark von der Form der Landnutzung ab. Grünland weist bis zu 15 Prozent Humusanteil auf, Waldboden vier bis acht Prozent und Ackerboden nur noch ein bis vier Prozent.

