Gemeinderat beschließt das Aus noch vor der Saison
Rufbus ersetzt den Bernauer Ortsbus
Beim Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) in Bernau ist einiges in Bewegung. Der Gemeinderat Bernau beschloss in seiner jüngsten Sitzung einstimmig, den Ortsbus heuer noch vor der Saison einzustellen. Dafür kommt der Rufbus des Landkreises Rosenheim endlich ins Rollen.
Bernau – Der Rufbus fährt in Bernau künftig 55 Haltestellen an und die Gemeinde nimmt dafür im ersten Jahr rund 22 600 Euro in die Hand – mit steigender Tendenz in den Folgejahren. Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber (CSU) erklärte, dass der Rufbus nach vier Jahren Vorlauf im Frühjahr seinen Betrieb aufnehmen soll. Dabei handelt es sich um ein staatlich gefördertes so genanntes On-Demand-System und „on demand“ heißt auf Anfrage. Der Bus folgt keinem strikten Linienplan, sondern er kann bis eine Stunde vor Abfahrt zur gewünschten Haltestelle bestellt werden.
Elf Landkreisgemeinden beteiligen sich an diesem neuen Rufbus-System, darunter Bernau, Prien, Rimsting und Breitbrunn. Damit soll vorerst auf die nächsten sechs Jahre begrenzt die Mobilität für Einheimische und Gäste verbessert werden, führte die Bürgermeisterin aus.
Gemeinden verhandelten wegen der Gästekarte nach
Den Zuschlag für das Ruftaxi habe der Regionalverkehr Oberbayern (RVO) mit seinen Partnern IOKI und CleverShuttle erhalten. Er betreibe das Angebot unter dem Namen „ROSI“.
Nachteil für die Bernauer Touristen aktuell: Die Gästekarte, mit der sie im Ortsbus bislang kostenlos fahren konnten, wird bei ROSI heuer noch nicht anerkannt. Laut Biebl-Daiber hatten mehrere Gemeinden mit dem RVO, darunter Bernau und Prien, verhandelt.
Der Bernauer Gemeinderat hatte bereits im November 2018 beschlossen, sich am Rufbussystem des Landkreises Rosenheim zu beteiligen, rief die Bürgermeisterin in Erinnerung. Damals war auch beschlossen worden, den Ortsbus für eine Übergangszeit parallel zu betreiben. Dies stellte Biebl-Daiber dem Gemeinderat nun erneut zur Diskussion. Sie sprach nämlich von einigen „Schmerzpunkten“.
Nur etwa rund 1,3 Prozent der touristischen Gäste nutzen ihn, der Ortsbus fahre die meiste Zeit leer. Das sei ökologisch nicht vertretbar. Hinzu komme, dass heuer neues Personal für den Ortsbus eingestellt werden müsste. Der künftige Rufbus ROSI decke alle Haltestellen des Ortsbusses ab.
Anja Abel, die Leiterin des Bernauer Tourismusbüros, legte dem Gremium eine ausführliche Analyse der Zahlen über sämtliche Buslinien und Kosten vor. Umgerechnet auf jede Fahrt entstünden pro Fahrt im Ortsbus Kosten von 20,40 Euro.
Matthias Vieweger (CSU) sprach davon, ÖPNV müsse so gestaltet sein, dass er angenommen wird. Er bat darum, sich auf eine Sache zu konzentrieren und diese umzusetzen. Bürgermeisterin Biebl-Daiber pflichtete ihm bei und erklärte, dass die Gemeinde für das neue Rufbussystem ROSI massiv Werbung machen werde. Sepp Genghammer (Grüne) meldete seine Zweifel an, dass ein Rufbussystem eine brauchbare Alternative sei. Er vertrat als einziger die Meinung, ein Linienbus mit festen Fahrzeiten sei – sofern genügend oft gefahren werde – immer nutzerfreundlicher als ein Rufbus.
Rufbus ist ein flexibles Konzept
Dem widersprach Vieweger. „Der Vorteil ist doch, dass man wegkommt von dem stündlichen Fahrplan. Das starre System ist ein Hauptkritikpunkt am ÖPNV.“ Idealerweise würden beim Rufbus mehrere Fahrgäste gebündelt, die ökologisch sinnvollste Fahrtroute werde errechnet. Dort, wo auf der Route zeitlich passend ein direkter Anschluss mit Bus oder Bahn besteht, werden die Rufbus-Fahrgäste laut Bürgermeisterin bis dahin gefahren. Gibt es einen solchen sinnvollen Anschluss nicht, wird der Gast bis an die Haltestelle zum Ziel gebracht. Sie als auch Vieweger wiesen Genghammer auf den Vorteil hin, dass der Rufbus so flexibel sei, dass er bis eine Stunde vor der gewünschten Abfahrtszeit bestellt werden kann. Laut Biebl-Daiber klappe das zum Beispiel in Kelheim „doppelt so gut als erwartet“.
Zuschuss für die Fahrt mit Kurkarte
„Der Rufbus soll das bestehende System ergänzen und nicht kaputtmachen“, so Vieweger auf einen Vorwurf Genghammers. Biebl-Daiber fügte an, dass ROSI mit E-Bussen gefahren werde. Genghammer hielt hartnäckig an seiner Befürchtung fest, der Linienverkehr werde durch den Rufbus „kannibalisiert“. Schwierig nannte Biebl-Daiber die Anerkennung der Kurgarte im Rufbus. Ab 2023 sei das aber bereits zugesagt, viele Orte hätten politisch Druck ausgeübt. Mit 14:3 befürwortete der Gemeinderat, dass jede Fahrt mit Gästekarte bis zu acht Kilometer mit 3,50 Euro bezuschusst wird. Für heuer werde an einer Lösung gefeilt, so Biebl-Daiber. Laut neuer Kurgartenabrechnung fahren die Gäste mit allen RVO-Linien zudem kostenlos. Dazu folgt ein gesonderter Bericht.