In 20 Minuten fürs Leben lernen
So macht der Verein „Pro Arbeit“ Rosenheimer Mittelschüler fit fürs Vorstellungsgespräch
Pünktlichkeit, Blickkontakt halten und ein gepflegtes Äußeres: Diese Dinge können über den Ausgang eines Vorstellungsgesprächs entscheiden. Um die Schüler optimal auf ihre Zukunft vorzubereiten, veranstaltet die Jugendsozialarbeit in den achten Klassen der Mittelschulen schon seit Jahren ein Bewerbungsplanspiel.
Rosenheim – Simon Mezga (14) hat es geschafft. Vor wenigen Minuten hat der Schüler sein erstes Bewerbungsgespräch bei der Firma Hamberger beendet. „Ich glaube, es war ganz gut“, sagt er. Er sei nervös gewesen, habe aber versucht, es sich nicht anmerken zu lassen. Und das, obwohl es die ein oder andere Frage gegeben hat, mit der er nicht gerechnet habe.
Wie er sich sein Leben in fünf Jahren vorstellt beispielsweise. Kurz denkt er nach. „Nach meiner dreieinhalbjährigen Ausbildung würde ich gerne meinen Meister im Maschinenbau machen“, sagt er. Die Arbeit gefalle ihm, das habe er schon während eines Praktikums gemerkt.
Gespräche dauern 20 Minuten
Umso wichtiger sei es ihm gewesen, sich optimal auf das knapp 20-minütige Gespräch vorzubereiten. Nicht nur während des Unterrichts, sondern auch am Abend daheim. „Ich und meine Mutter haben ein Vorstellungsgespräch nachgespielt“, sagt er und fügt hinzu: „Sie war ganz zufrieden“. Ob er die gleiche Bewertung von Elisabeth Gaststeiger von der Firma Hamberger bekommt, die ihn während des Bewerbungsplanspiels interviewt hat, wird er erst später erfahren.
Ziel des Bewerbungsplanspiels ist es, die Schüler der achten Klassen auf die Berufs- und Ausbildungssuche vorzubereiten. Das Angebot ist für die Schüler freiwillig und kostenlos. Je nachdem, wie überzeugend sie im Bewerbungsprozess aufgetreten sind, erhalten die Jugendlichen fiktive Zu- oder Absagen.
Seit den Weihnachtsferien mitten in Vorbereitungen
Seit den Weihnachtsferien sind die Sozialpädagogin Gitti Schneider und Lisa Elflein vom Verein „Pro Arbeit“ mit den Vorbereitungen beschäftigt. Sie haben Unternehmen angeschrieben und immer wieder am genauen Ablauf gefeilt. „Ich weiß noch genau, wie nervös ich damals war“, sagt Dilek Mermer-Kollmuß.
Sie ist die neue fachliche Leiterin beim Verein „Pro Arbeit“, hat zuvor selbst elf Jahre lang das Bewerbungsplanspiel organisiert. Jetzt gibt sie den Schülern, aber auch ihren Kollegen den ein oder anderen Ratschlag. „Jedes Kind, das wir mit einem Unternehmen in Kontakt bringen, ist ein Erfolg für uns“, sagt Mermer-Kollmuß.
Romed-Klinikum und Agentur für Arbeit zu Besuch
Insgesamt sind an diesem Vormittag sieben Unternehmen zu Gast in der Mittelschule am Luitpoldpark. Da wären beispielsweise das Romed-Klinikum, die Agentur für Arbeit, die Qualipaten sowie die Firmen Weko und Hamberger. „Wir möchten uns auf diesem Weg noch einmal bei allen Unternehmen bedanken, die sich die Zeit genommen haben“, sagt Gitti Schneider.
Praxis ist besser als Theorie
Dass das nicht selbstverständlich ist, weiß auch Schulleiter Michael Holzner: „Diese Erfahrung kann unseren Schülern niemand mehr nehmen.“
Er und seine Kollegen könnten den Schülern zwar beibringen, wie man einen Lebenslauf schreibt und auf was es während eines Vorstellungsgesprächs ankommt, in der Praxis aber sei es dann meist doch anders. „Im Bewerbungsplanspiel können sie genau das üben“, sagt der Schulleiter.
Temperamentvoll und sehr belastbar
Das bestätigen auch Dario Zilic (14) und Felix Kioltyka (15). Beide haben ihr Vorstellungsgespräch noch vor sich. „Ich bin schon ein bisschen aufgeregt“, sagt Zilic. Ein- und Ausatmen helfe ihm gegen die Nervosität. Er träumt von einer Karriere als Kfz-Mechatroniker, hat sich kurz vor dem Gespräch noch einmal seine Bewerbung durchgelesen.
„Ich bin sehr temperamentvoll und belastbar“, sagt er. Das stehe auch in seinem Lebenslauf unter der Rubrik Stärken. Schwächen habe er so gut wie keine. Nur die Arbeit mit der linken Hand bereite ihm hin und wieder Schwierigkeiten.
Bewerbungsplanspiel bereitet aufs Leben vor
„Ich finde das Bewerbungsplanspiel gut, weil wir auf das spätere Leben vorbereitet werden“, sagt der 14-Jährige. Zustimmung gibt es von seinem Klassenkameraden Felix Kioltyka, der sich an diesem Vormittag als Einzelhandelskaufmann bewirbt. „Ich weiß noch nicht genau, was ich werden will, aber ich finde es gut, die Möglichkeit hier zu haben“, sagt er. Ob die beiden in Zukunft als Kfz-Mechatroniker oder im Einzelhandel arbeiten, wird sich zeigen – einen ersten Schritt haben die beiden jedenfalls schon einmal gemacht.


