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Verantwortlich für das Faschingstreiben

Polizei-Einsätze und pinke Indianer: Was Rosenheims Mr. Fasching schon alles erlebt hat

Helmut Müller freut sich jedes Jahr aufs Neue auf das Faschingstreiben auf dem Max-Josefs-Platz in Rosenheim.
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Helmut Müller freut sich jedes Jahr aufs Neue auf das Faschingstreiben auf dem Max-Josefs-Platz in Rosenheim.

Das Rosenheimer Faschingstreiben begeistert jährlich auf dem Max-Josefs-Platz die Besucher. Doch wer sorgt eigentlich dafür, dass die faschingsverrückten Rosenheimer auf ihre Kosten kommen? Wer der geheimnisvolle Mr. Fasching ist und warum die Stadt ohne ihn am Faschingsdienstag stillstehen würde.

Rosenheim - Jedes Jahr im November beginnt bei Helmut Müller das große Kribbeln. Für ihn startet dann die beste Zeit des Jahres. In den nächsten vier Monaten ist Müller dann mal als rosa Indianer, Schuljunge oder als Punker unterwegs. Der 68-Jährige organisiert seit 18 Jahren das Rosenheimer Faschingstreiben auf dem Max-Josefs-Platz - und das, obwohl er deswegen einmal fast von der Polizei verhaftet wurde.

Schon als Kind im Fasching unterwegs

Schon als Kind ist der gebürtige Kolbermoorer auf den verschiedensten Faschingsbällen unterwegs. Für ihn sei Fasching schon immer das Highlight des Jahres gewesen. Seine Freunde und er seien jedes Mal traurig gewesen, wenn sich der Faschingsdienstag und damit die Zeit der Bälle und Umzüge dem Ende neigte.

Damals noch oft als Cowboy oder Indianer verkleidet, hat er mittlerweile einen ganzen Fundus an Kostümen angesammelt. Die Ideen für neue Kostüme gingen ihm auch heute noch nicht aus. „Eine Grundidee suche ich mir irgendwo, zum Beispiel im Internet oder im Kostümverleih, und dann bastel ich selbst“, sagt Müller. „Je nach Lust und Laune“. Egal ob als Winnetouch aus dem Film „Schuh des Manitu“, Charivari-Moderator - mit dem er dann tatsächlich sogar verwechselt wurde - oder als Cotton Eye Joe. „Wohl muss man sich fühlen und lustig soll es sein“, sagt Müller.

Ein Lieblingskostüm gebe es natürlich auch: „Einmal bin ich als Schuljunge gegangen. In Knickerbocker Hosen mit Perücke, Schultüte und Schulranzen. Das hat gut ausgeschaut.“ Denn Fasching ohne Kostüm kommt für Müller nicht in Frage. Wenn er auf den Fasching gehe, solle man schon erkennen, dass er einen Draht dazu habe. „Und wenn es nur ein bunter Hut oder eine Pappnase ist. Fasching ohne Maskierung ist ein no go.“

Von der Bundeswehr zur Faschingsgilde

Wie er aber denn überhaupt zum Fasching gekommen sei? „Das ist eine lustige Geschichte.“ Müller beginnt „seine Laufbahn“ bei der Bundeswehr und seine Zeit dort ist genauso außergewöhnlich wie seine Kostüme. Als damaliger Hobbyfotograf ist er Mitarbeiter des Presseoffiziers und während der Grundausbildung mehr Komiker der Truppe als Rekrut. Müller entdeckt dort nicht nur sein Unterhaltungs- sondern auch sein Organisationstalent. Seine Berufswahl ist dann eher unspektakulär: Der Kolbermoorer arbeitet bis zu seiner Pensionierung als Finanzbeamter, was eigentlich gar nicht zu dem spontanen und lustigen Mann zu passen scheint, wie er selbst sagt.

„Vielleicht habe ich den Fasching aber als Ausgleich gebraucht, um den Leuten auch mal eine Freude zu machen oder Spaß zu vermitteln“, meint Müller. Für ihn gehört das zur Freizeitgestaltung. Und für den Fasching hat er sich auch gerne mal ein paar Tage freigenommen.

Gestartet hat Müller seine Faschingslaufbahn im Rock‘n‘Roll Club Rosenheim. Von dort aus hat er erstmals auch Faschingsbälle mit organisiert. 1985 soll er für die Faschingsgilde Rosenheim einen Ersatz für das kurzfristig ausgefallene Prinzenpaar finden, zu dessen Proklamation er anschließend eingeladen wird. „Dann habe ich die eigentlich blöde Frage gestellt, was der Elferrat überhaupt für eine Funktion hat. Deswegen wurde ich gefragt, ob ich mal dabei sein will.“ So kommt Müller zur Faschingsgilde und steht zwei Jahre im schwarzen Anzug auf der Bühne.

Faschingstreiben im „Rosenheimer Wohnzimmer“

2002 beendete er schließlich seine Mitgliedschaft im Rock‘n‘Roll Club. „Aber es hat mir so viel Freude bereitet, etwas auf die Beine zu stellen, das wollte ich unbedingt weiter machen.“ Also bewirbt sich Müller beim damals noch jungen City Management, welches das Faschingstreiben in Rosenheim veranstaltet, als freier Mitarbeiter und organisiert einige Jahre verschiedenste Veranstaltungen in Rosenheim. Als sein Chef eines Tages auf ihn zukommt und fragt, ob er die Organisation für das Rosenheimer Faschingstreiben übernehmen will, sagt Müller begeistert zu.

Seitdem hat er schon 18 Mal das Faschingstreiben organisiert. „Oder eher 15 Mal“, sagt Müller. Denn drei Mal muss das Faschingstreiben ausfallen, wegen des Bad Aiblinger Zugunglücks und wegen Corona. Das hält Müller aber nicht davon ab, seinen eigenen Ein-Mann-Fasching zu starten und mitten in der Pandemie maskiert mit Krapfen und Sekt loszuziehen. Dass er am Schluss von fünf Polizeibeamten auf dem Max-Josefs-Platz - „seinem Wohnzimmer“- umringt wird, sei nicht schlimm gewesen. „Die haben mich höflich gebeten, dass ich den Platz verlasse.“

DJ und Organisator

Doch nicht nur die Organisation gehört für Müller zum Faschingsgeschäft. Auch in diesem Jahr wird er am Faschingsdienstag wieder als DJ und Moderator auf der Bühne stehen und den Besuchern eine Freude machen. „Ich werfe dann auch gerne mal eine Prise Konfetti unter die Leute. Man kann gar nicht glauben, dass Papierfetzen so einfach ein Lächeln verbreiten können.“

Und ein Ende des Mr. Faschings - egal ob als Organisator oder DJ - ist noch nicht in Sicht. „Ich sage jedes Jahr: Mir reicht´s. Aber wenn man sieht, was man auf die Beine gestellt hat und von der Bühne aus in die lachenden Gesichter schauet, dann will man immer wieder was Neues bringen.“

Rosenheims Mr. Fasching hat noch einen großen Traum

Trotz dem ganzen Trubel ist Müller noch etwas anderes wichtig: Seine Familie. Sowohl die Kinder als auch die Enkel sind häufig auf Faschingsbällen unterwegs, manchmal begleitet er sie auch. Die Verwandtschaft ist zwar nicht ganz so faschingsverrückt wie er, aber das stört Müller überhaupt nicht. „Nicht jeder muss den Fasching mögen. Spaß haben kann man auch ohne Fasching“, meint er.

Für die Zukunft würde sich Müller trotzdem wünschen, dass es in Rosenheim wieder mehr Faschingsbälle gibt. Er hat das Gefühl, dass der Faschingsgesellschaft in Rosenheim der Nachwuchs fehle. Aber auch einen anderen, größeren Traum hat Helmut Müller noch: Der 68-Jährige will die Kölner Rosenmontagszüge besuchen und Teil der faschingsverrückten Menge sein. „Das möchte ich auf jeden Fall noch erleben. Die Rosenheimer sind schon sehr faschingstauglich, aber wir sind doch mehr für die Bierfeste zuständig.“

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