Runder Tisch zu Corona-Protesten
Mahnwachen-Initiatoren fühlen sich missverstanden
Beim runden Tisch zu den Corona-Protesten kommt nur die eine Seite. Und die ist nun unglücklich, weil sie nicht mit radikaleren Gruppen in einen Topf geschmissen werden will. Dabei ist sie selbst mit eben diesen gut vernetzt.
Rosenheim − Wir haben telefoniert, es ist in Ordnung“, sagt Peggy Galic. Sowieso verstehe sie das Problem eigentlich nicht. „Super, toller Dialog, sehr konstruktiv“, beschreibt sie den runden Tisch mit der Stadt vergangen Donnerstag. Dort hatte Oberbürgermeister Andreas März (CSU) die Initiatoren der Mahnwache und Lichterumzüge geladen. Nur die Pressemitteilung der Stadt vom vergangen Freitag hat sie gestört. In dieser steht, dass März beim runden Tisch alle Bürgerinitiativen, Mahnwachen und Spaziergänge aufgefordert hätte, sich von Gewalt zu distanzieren und den Dialog zu suchen.
Spaziergänger und Mahnwachen
Soweit so wahr, aber dennoch fühlt sich Galic missverstanden. Bei den Mahnwachen sei es ausnahmslos friedlich - im Gegensatz zu den Spaziergängen. Aber mit denen habe sie nichts zu tun. In der Pressemitteilung des Bürgermeisters würden alle Initiativen über einen Kamm geschert und es wirke so, als käme es bei den Mahnwachen und den anschließenden Lichterumzügen zu Ausschreitungen und Gewalt. Dem sei aber nicht so, erklärt Galic: „Bei uns kommt die bürgerliche Mitte, Familien mit Kindern, und wir halten uns an alle Regeln.“ Gemeint sind damit Maskenpflicht bei dem Lichterumzug, eine Begrenzung der Teilnehmerzahl und generelle Abstandsregeln.
Auch würden keine Rechtsradikalen bei ihnen sein oder gar sprechen. Ein Blick in die Telegramgruppe, in der auch Galic sich immer wieder äußert, lässt diese Aussagen zumindest fraglich erscheinen. Zum einen weil die Spaziergänge ein dauerndes Thema sind - und zwar nicht weil man sich distanziert, sondern weil man teilnehmen will - und es werden Inhalte von der Neonazi Partei „Dritter Weg“ oder aus dem Compact Magazin von Jürgen Elsässer, einem der Chefideologen der Neuen Rechten, geteilt. Auch die Rede eines Feldwebels der Bundeswehr im vergangenen Dezember auf einer der Mahnwachen enthielt „Drohungen gegen den Rechtsstaat“ wegen denen das Verteidigungsministerium ermittelt.
Über 70 Verstöße beim letzten Umzug
Damit konfrontiert, verwies Galic darauf, dass „Spazieren gehen doch etwas Gutes ist“. Sie aber nur alleine spazieren gehe. Was in der besagten Telegramgruppe passiere, können sie und ihre Mitstreiter nur bedingt kontrollieren. Sie würden allerdings viele Beiträge löschen und entsprechende Teilnehmer temporär sperren. Über den Feldwebel sagte sie gegenüber der OVB-Heimatzeitung: „Sie werden keinen Menschen finden, der mehr für das Grundgesetz steht.“ Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt noch und rechnet angesichts der Materialfülle nicht mit schnellen Ergebnissen.
Hauptkommissar Robert Maurer von der Polizei Rosenheim ist etwas skeptisch, was die Bereitschaft Auflagen zu erfüllen angeht: „Allein beim Umzug am 06.01. gab es über 70 Verstöße.“ Auch die Anzahl der Ordner sei immer wieder ein Konfliktpunkt. Auch er war am runden Tisch anwesend. Leicht machten die Initiatoren es der Polizei nicht, die Regeln durchzusetzen.
Ein Sprecher der Stadt Rosenheim erklärte gegenüber den OVB-Heimatzeitungen, der Appell des Oberbürgermeisters in der Presseerklärung sei unmissverständlich: „Er hat bei diesem Gespräch ausdrücklich an alle Organisatoren derartiger Veranstaltungen appelliert.“ Weiter danke man „Frau Galic und ihren Mitstreitern, dass sie dieses Gesprächsangebot in konstruktiver Weise angenommen haben.“
Keine Masken beim runden Tisch
Galic erklärte sich selbst als offen für Gespräche in alle Richtungen - „sogar mit Frau Riedel“. Barbara Riedel ist eine der Initiatoren hinter der Initiative „Rückenwind Gesundheitspersonal“. „Die machen mir Angst“, sagt Galic. Warum, sagt sie nicht. Barbara Riedel kann das auch nicht erklären. Viel Kontakt habe man sowieso nicht, allerdings kämen immer wieder Mahnwachen Teilnehmer und würden provozieren. Das beginnt schon damit, dass sie nie Maske tragen würden. Galic erklärte dazu, sie wüsste davon nichts.
Die Einladung zum runden Tisch habe Riedel nicht angenommen, weil sie nicht betroffen sei: Bei Spaziergängen und Mahnwachen käme es immer wieder zu Verstößen und Übergriffen, bei der Initiative Rückenwind nicht. Das entspricht auch den Polizeimeldungen. Insofern stellt sich für Riedel die Frage: „Was sollen wir da?“
Bundesweit bekannte Neonazis in lokaler Gruppe
Auch wolle man nicht mit Rechtsradikalen an einem Tisch sitzen. Dazu verweist Riedel auf die besagte Telegram Gruppe, in der bundesweit bekannte Neonazis posten. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich nicht ohne Masken treffen wollten. Sie äußerte Unverständnis, warum, das nicht funktioniere, obwohl die Infektionszahlen täglich neue Rekorde brechen.
Galic bleibt dabei, dass alles gut und schön und friedlich ist. Einzig den Wunsch nach Befreiung der Maskenpflicht für die Umzüge hat man an die Stadt. Betonung auf Wunsch, „wir wollen ja höflich sein“, sagt sie und lacht. So würde man auch die Beamten vor Ort entlasten, die dann eine Sache weniger zu kontrollieren hätten.
Keine Lockerung der Maskenpflicht
Ein Sprecher der Stadt erklärte, dass die Maskenpflicht nur bei niedrigeren Inzidenzen fallen könnte. „Bei der aktuellen Lage wären Lockerungen bei den Auflagen kontraproduktiv.“ Notwendig wäre dies aus Sicht der Beamten wohl sowieso nicht. Maurer sieht die Kontrollen für seine Kollegen völlig unproblematisch, aber „wenn die Versammlungsteilnehmer uns die Arbeit erleichtern wollen, sollen sie halt dafür werben, eine Maske zu tragen.“