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Nach 25 Jahren ist Schluss

„Corona-Opfer“: Warum in einem beliebten Rosenheimer Laden bald die Lichter ausgehen

Verabschieden sich nach 25 Jahren: Jeanette Weindl (links) und Marianne Weindl.
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Verabschieden sich nach 25 Jahren: Jeanette Weindl (links) und Marianne Weindl.

Jacken, Vorhänge, Rucksäcke: Es gibt viele Produkte, die aus Walk hergestellt werden können. Im Geschäft „Walkstoffe Hartmann“ in der Stollstraße 5 können Interessierte den Stoff nicht nur kaufen, sondern sich Sachen anfertigen lassen. Bald schließt der Laden.

Rosenheim - Wenn eine Tür zufällt, geht irgendwann auch wieder eine auf. Davon ist Jeanette Weindl überzeugt. Vor drei Jahren hat sie das Fachgeschäft „Walkstoffe Hartmann“ von ihrer Schwiegermutter Marianne übernommen. Jetzt zieht sie einen Schlussstrich unter die über 25-jährige Firmengeschichte. Aus mehreren Gründen. „Ich hatte immer die Hoffnung, dass der Umsatz nach der Pandemie zurückkommt, aber dem war leider nicht so“, sagt die Geschäftsführerin.

Umsatzschwache Sommermonate

Hinzu kommt, dass Walk - also das verfilzte Gewebe aus Wolle - eine Saisonware ist. Während das Geschäft von September bis Januar geboomt habe, sei der Rest des Jahres eher umsatzschwach gewesen - bei gleichbleibenden Fixkosten. „Wirtschaftlich war es einfach nicht mehr sinnvoll“, sagt sie. Einfach sei die Entscheidung dennoch nicht gewesen. Denn ein Leben ohne Walk können sich weder Jeanette Weindl noch ihre Schwiegermutter Marianne vorstellen.

Das Geschäft „Walkstoffe Hartmann“ in der Stollstraße 5 schließt Ende Mai.

Bereits vor 25 Jahren habe sich Marianne Weindl mit dem Thema Upcycling beschäftigt. „Das war zu einer Zeit, wo kaum jemand von Nachhaltigkeit gesprochen hat“, sagt ihre Schwiegertochter. In ihrem Geschäft An der Burgermühle habe Marianne Weindl Walkstoffe in unterschiedlichen Größen und Farben zum Kilopreis verkauft. „Das waren Reststücke, die bei der Walk-Produktion von Herstellern aus Österreich und Italien übrig geblieben sind“, sagt Jeanette Weindl.

2016 folgte der Umzug in die Stollstraße. Statt Kiloware setzt Marianne Weindl von nun an auf Meterware. „Nach und nach sind immer mehr Designer auf uns zugekommen“, erinnert sich ihre Schwiegertochter. Während der Fokus zu Beginn vor allem auf der Trachtenmode lag, sind sie mittlerweile auch Ansprechpartner für Decken, Jacken, Rucksäcke oder Vorhänge. „Der Stoff ist sehr zeitgemäß und nachhaltig“, sagt Jeanette Weindl. Zudem sei er wasserabweisend, winddicht und strapazierfähig.

Walk gehört laut Jeanette Weindl zeitgemäß und strapazierfähig.

Es ist die Vielfältigkeit des Stoffes die Jeanette Weindl vor drei Jahren dazu bewogen hat, das Geschäft zu übernehmen. Sie sei gerade von einem längeren Japan-Aufenthalt zurückgekommen und habe nach einer neuer Herausforderung gesucht. „Ich war voller Elan und hatte viele Ideen, wie man Walk moderner machen könnte“, sagt sie. Sie bot Nähkurse an, baute nach und nach einen Onlinehandel auf und suchte die Gespräche mit Designern und Schneiderinnen. „Es lief gut. Dann kam der Lockdown“, sagt die Geschäftsführerin. Die anfängliche Euphorie sei erst einmal gedämpft worden, Lust auf Walk habe sie nach wie vor gehabt. Doch das Geschäft habe sich von der Pandemie nicht mehr erholt.

„Es ist schade, dass Fachgeschäfte von der Oberfläche verschwinden“, sagt Jeanette Weindl. Zumal ihr Geschäft „einzigartig in Europa“ sei. Seit einigen Wochen läuft bereits der Abverkauf. „Viele unserer Kunden haben sehr traurig auf die Nachricht reagiert“, sagt die Geschäftsführerin. Ende des Monats schließt das Geschäft, Ende des Jahres wird dann auch der Online-Shop eingestellt. Ganz abgeschlossen mit Walk hat Jeanette Weindl aber trotz allem nicht. „Ich möchte das Geschäft als Pop-up weiterführen“, sagt sie. Los geht es im Herbst 2024. Dann, wenn für die Geschäftsführerin die nächste Tür aufgeht.

Das sagt Sabrina Obermoser, Geschäftsführerin des City-Managements

„Fachgeschäfte mit Beratung und Service sind genau das, was sich die Kunden erwarten, damit eine Stadt nicht austauschbar wird. Andererseits sind es genau jene Geschäfte, die wirtschaftlich gesehen vor großen Herausforderungen stehen. Viel Personal ist nötig um ausgiebige Beratung leisten zu können. Gerade Nischenprodukte leben von Mundpropaganda und nicht unbedingt von Laufkundschaft. Mundpropaganda heißt jedoch nicht nur mit Freunden darüber zu sprechen, sondern sich online ein Netzwerk aufzubauen und gefunden zu werden. Wer die Beratung schätzt, fährt auch mal ein paar Kilometer weiter um auf eine große Auswahl und den Service zurückgreifen zu können. Fachgeschäfte haben daher sicher auch weiterhin eine Zukunft, wenngleich die Aufgaben der Unternehmer definitiv mehr werden.“

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