Pandemie in der Region Rosenheim
Dringender Corona-Appell von Romed-Chef: Sommer nicht verdaddeln
Entwarnung für den Sommer? Dr. Jens Deerberg-Wittram, Chef des Romed-Klinikumsverbunds in der Region Rosenheim, sieht einigen Grund für Optimismus. Dringenden Handlungsbedarf macht er allerdings auf Seiten der Politik aus. Was kommt im Herbst auf uns zu?
Rosenheim – Der Sommer heuer, er könnte, was Corona betrifft, entspannter ausfallen als seine beiden Vorgänger 2020 und 2021. Das hoffen viele Menschen in der Region Rosenheim. Und das hofft auch Dr. Jens Deerberg-Wittram Chef des Romed-Klinikumsverbunds. Er drückt sich vorsichtig aus. Eine Verbesserung spüre er, das erste Mal seit Monaten. „Ich persönlich glaube, dass das für längere Zeit funktionieren kann“, sagte Deerberg im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Entwarnung nach zwei Jahren Pandemie? Die Inzidenzzahlen sinken tatsächlich, binnen einer Woche von 1051 auf 766,5 im Landkreis, von 894,8 auf 591,3 in der Stadt (Stand 21. April). Ein Absinken, das allerdings auch der Tatsache geschuldet sein kann, dass lange nicht mehr so häufig getestet wird wie etwa zu Zeiten von 2G plus.
Was den Romed-Chef wirklich optimistisch stimmt: Die Auslastung durch Corona-Patienten ist längst nicht mehr so heftig wie auf den Scheitelpunkten der fünf Corona-Wellen seit Februar 2020. „Wir haben sehr niedrige Belegungszahlen auf der Intensivstation“, sagt Deerberg. Was bedeutet, dass Verläufe, die so schwer sind, dass die Patienten auf die Intensivstation eingewiesen werden müssen, „sehr selten geworden sind“.
Und diese intensiv zu beobachtenden und zu behandelnden Patienten seien eher Menschen, die neben einer schweren Erkrankung auch noch mit Corona infiziert seien und nicht so sehr an Corona selbst leiden. Kurzum: „Diese unmittelbare vitale Bedrohung, die wir in den ersten Wellen für das Leben so vieler Menschen hatten, scheint im Moment runter zugehen.“
Seit Ende März sinken die Zahlen in Rosenheim stetig
Ende März waren noch 115 Patienten mit Covid zu betreuen. Seitdem aber sanken die Zahlen stetig. Am 17. April war zum ersten Mal seit langem die Corona-Intensiv-Station unbelegt, wenn auch nur für einen Tag. Aktuell werden 65 Patienten versorgt, der Anteil der Intensivpatienten bewege sich, so hieß es aus dem Klinikum Rosenheim, seit Tagen durchweg im niedrigen einstelligen Bereich.
So entspannt sah man den Romed-Chef in den vergangenen zwei Jahren nie. Beispiel April 2020. Da war Corona seit zwei Monaten im Lande, und die erste Welle erreichte ihren Höhepunkt. Täglich starben Menschen. Und: Es war noch wenig bekannt über das neue Virus. Dann kam ein verhältnismäßig ruhiger Sommer - und dann die nächste Welle Ende Oktober, Anfang November, inklusive Lockdown. Ein Muster, das sich im zweiten Corona-Jahr wiederholte, mit einer heftigen, noch von Delta dominierten Welle, und schließlich mit dem Auftauchen von Omikron: Diese bislang jüngste Variante zeigte sich um ein Vielfaches ansteckender als die Delta-Variante - und wesentlich harmloser als alle ihre Vorgänger.
Große Hoffnung auf einen ruhigen Sommer in der Region Rosenheim
Der Nachteil an Omikron: Gegen die Ansteckung an sich helfen weder Zweit- noch sogar Booster-Impfung. Auch eine überstandene Corona-Infektion feit niemanden. Der Vorteil: Eine komplette Impfung senkt das Risiko einer schweren Erkrankung beträchtlich.
Und wenn sich wieder eine neue Spielart des Virus über die Welt verbreitet? Wahrscheinlich, aber eine neue, beständige Mutante ist derzeit nicht in Sicht. „Wir sehen im Moment keine höher aggressive Variante, auch in Nachbarländern nicht“, sagt Deerberg-Wittram. „Meine Hoffnung ist, dass wir erstmal wieder einen ruhigen Sommer erleben.“
Wohlgemerkt: Der Romed-Chef spricht - wie auch andere Fachleute - nicht vom Ende der Pandemie, wohl aber von der Möglichkeit einer Pause. „Wir haben eine Frist“, sagt Deerberg-Wittram. Eine Frist, die vor allem die Politik nützen solle. den vergangenen Sommer habe man gründlich „verdaddelt“, derlei dürfe sich nicht wiederholen. „Jetzt können wir mal ohne Druck schauen, wie wir uns auf eine weitere Welle vorbereiten“, sagt er. Jetzt müsse man einen Maßnahmenkatalog aushandeln, um nicht dann, wenn im Winter der Virus wieder tobe, den „Diskussionen zwischen Kubicki und Maischberger zuhören zu müssen“.
Ob der Bayerische Gesundheitsminister die Empfehlungen Deerberg-Wittrams im Kreis der Kollegen auf Bundesebene vertreten wird - weg mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, her mit der allgemeinen Impfpflicht, zumindest für vulnerable Gruppen ab 60 Jahren aufwärts -, bleibt abzuwarten. Offenbar aber sieht Klaus Holetschek (CSU) gleichfalls die Zeit zum Handeln. Er hat einen gemeinsamen Plan von Bund und Ländern gefordert. „Wir brauchen einen Masterplan für den Herbst, um dann nicht wieder am Anfang einer neuen Welle zu stehen“, sagte Klaus Holetschek.
Romed-Verbund: Besuche ab Freitag wieder möglich
Romed gibt bekannt, dass Patienten „unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen“ ab Freitag, 22. April, wieder besucht werden können. Täglich ist für höchstens eine Stunde ein Patientenbesuch von einer Person möglich. Nötig ist dazu ein
negativer Test - ein Antigentest nicht älter als 24 Stunden, oder ein PCR-Test nicht älter als 48 Stunden.
Besucher, bei denen innerhalb der letzten sieben Tage Krankheitssymptome wie Fieber und Atemwegserkrankungen aufgetreten sind, dürfen die Klinik nicht betreten. Ebenso Besucher, die innerhalb der sieben Tage vor dem Besuch Kontakt mit einer mit Corona infizierten Person hatten.
In Mehrbettzimmern sind zeitgleiche Patientenbesuche zu vermeiden. Während des Besuchs ist verpflichtend eine neuwertige FFP-2-Maske – insbesondere auch durchgehend im Patientenzimmer – zu tragen. Auch der besuchte Patient soll eine FFP-2-Maske tragen, soweit dies der Gesundheitszustand zulässt.
