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Über das Geheimnis einer langen Ehe

Von Rosenheim nach Australien: Eugen und Edgard Kauschinger sind seit 70 Jahren verheiratet

Seit 70 Jahren verheiratet: Eugen Kauschinger und seine Frau Edgard haben jetzt ihre Gnadenhochzeit gefeiert.
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Seit 70 Jahren verheiratet: Eugen Kauschinger und seine Frau Edgard haben jetzt ihre Gnadenhochzeit gefeiert.

Für Eugen und Edgard Kauschinger war es ein besonderer Tag: Das Rosenheimer Ehepaar hat jetzt seinen 70. Hochzeitstag gefeiert. Zum besonderen Jubiläum gratulierte auch Oberbürgermeister Andreas März. Wie schafft man es, so lange verheiratet zu sein? Ein Besuch bei dem Paar, das es wissen muss.

Rosenheim - Edgard (88) und Eugen (91) Kauschinger könnten unterschiedlicher nicht sein. Das fängt schon bei der Körpergröße an. „Eugen war anfangs etwas skeptisch, weil ich nur 1,50 Meter war“, erinnert sich Edgard Kauschinger. Ihr Mann habe sie schon damals mit seinen 1,80 Metern deutlich überragt. Damit der Größenunterschied nicht so auffalle, sei er bei gemeinsamen Spaziergängen immer unterhalb des Bordsteins gelaufen. „Stöckelschuhe hatte ich damals noch nicht“, sagt Edgard Kauschinger.

Geschenke vom Ministerpräsidenten

Sie sitzt im Wohnzimmer, ihr gegenüber hat ihr Mann Platz genommen. Sein Rollator steht nur wenige Meter von ihm entfernt. Auf dem Esszimmertisch stehen zahlreiche Blumen, Geschenke und ein Präsentkorb. Oberbürgermeister Andreas März hat Blumen vorbeigebracht, Ministerpräsident Markus Söder hat zwei Tassen geschickt. Überall liegen Glückwunschkarten zum 70. Hochzeitstag.

„Wir haben uns geliebt, gestritten und wieder geliebt“, fasst die 88-Jährige die vergangenen sieben Jahrzehnte zusammen. Bereits mit 17 Jahren habe sie genau gewusst, dass der drei Jahre ältere Eugen derjenige ist, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen möchte. Eugen Kauschinger war damals Soldat und schob Wache vor der Kaserne in Traunstein. „Ich habe nicht weit davon entfernt gelebt“, sagt Edgard.

Ersten Gespräche mit einem Zaun dazwischen

So sei es passiert, dass sie bei einem ihrem Spaziergänge auf den jungen Mann in Uniform aufmerksam geworden sei. Sie habe ihn angesprochen, die beiden seien ins Gespräch gekommen. Tag für Tag geht Edgard Kauschinger an der Kaserne vorbei. Sie steht vor dem Zaun, der heute 91-Jährige dahinter. Irgendwann beginnen sie gemeinsam spazieren zu gehen. Edgard auf dem Bordstein, Eugen auf der Straße. „Ich hab ihn immer unterhalten, er war sehr schüchtern“, erinnerte sich die 88-Jährige.

Aus den Spaziergängen wurden gemeinsame Abendessen und Übernachtungen. Irgendwann ist Edgard Kauschinger schwanger. Die beiden heiraten und überlegen, wie sie ihr gemeinsames Leben gestalten wollen. „Ich wollte immer so weit weg wie möglich“, sagt der heute 91-Jährige. Er habe das Gespräch mit seinem Arbeitgeber gesucht, erfahren, dass die Möglichkeit besteht auszuwandern. Er habe gewartet und gewartet, schließlich die Nachricht erhalten, dass sich ein Schiff in vier Wochen auf den Weg nach Australien macht.

Von Cuxhaven nach Australien

„Ich war sofort einverstanden. Sonst hätte er es auch nicht gemacht“, sagt Edgard Kauschinger. Das Paar packt seine Habseligkeiten in eine wasserfeste Kiste und macht sich mit dem Zug auf den Weg nach Cuxhaven. „Ich habe davor noch nie ein Schiff gesehen“, sagt der heute 91-Jährige. Er habe einen Platz im Frachtraum bekommen, seine Frau eine Kabine.

Über das Mittelmeer ging es nach Griechenland und von dort über das Rote Meer und den Indischen Ozean in Richtung Australien. „Wir waren knapp sechs Wochen unterwegs“, sagt Eugen Kauschinger. Die ersten Nächte auf dem neuen Kontinent hätten sie in einem Militärlager in Melbourne verbracht. Von da an beginnt der Rosenheimer sich in der Stadt einen Namen zu machen. Er steigt in die Baubranche ein, baut ein Haus nach dem anderen.

Nach sieben Jahren zurück nach Deutschland

Seine Frau kümmert sich währenddessen um Haus und Kind. „Später habe ich dann im Krankenhaus angefangen“, sagt sie. Während sie zu Beginn für das Putzen der Wände verantwortlich gewesen sei, habe sie später frisch operierten Patienten Apfelsaft ausgeschenkt. Nach sieben Jahren beschließt das Paar nach Deutschland zurückzukehren. „Ich wäre noch länger geblieben, aber Eugen hatte Heimweh“, sagt Edgard Kauschinger.

Also verkauft der heute 91-Jährige seine insgesamt zwölf Häuser und die beiden machen sich - gemeinsam mit ihren inzwischen zwei Kindern - auf den Weg zurück nach Rosenheim. Zurück in seiner Heimat versuchte sich Eugen Kauschinger kurzzeitig als Eigentümer einer chemischen Reinigung, bevor er erneut in die Baubranche einsteigt.

Radeln und Bergsteigen in der Freizeit

„In unserer Freizeit waren wir Radeln und Bergsteigen“, sagt seine Frau Edgard. Außerdem seien sie nach Neuseeland, Amerika und Malaysia gereist. Mittlerweile ist es ruhiger geworden im Leben des Ehepaares. Während Eugen Kauschinger sein Rentnerdasein in vollen Zügen genießt, kümmert sich Edgard um Haus und Garten. Hin und wieder hilft ihr Mann beim Kochen.

„Ich schätze ihre Lebhaftigkeit“, sagt Eugen Kauschinger. Sie sei der Feldwebel in der Beziehung, gebe Anweisungen, die genau so befolgt werden müssten. Beispielsweise dann, wenn es darum geht, was beim Fasching getragen wird. Edgard Kauschinger stört all das wenig. Er tut die Dinge, die seine Frau glücklich machen - auch wenn das bedeutete, das Haus im Clowns-Kostüm zu verlassen.

Küsschen statt Geschenken

Gefeiert wurde der 70. Hochzeitstag im kleinen Kreis. Geschenkt hat sich das Paar nichts. „Nach 70 Jahren gibt es nichts mehr. Außer vielleicht ein Küsschen“, sagt die 88-Jährige.

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