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Über ein Leben im alten Rosenheim

Die Geschichte der „Gillitzer-Kinder“: Das steckt hinter dem außergewöhnlichen „Klassentreffen“

Die „Gillitzer-Kinder“ trafen sich bereits zum neunten Mal und zeigten Bilder aus ihrer Jugend.
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Die „Gillitzer-Kinder“ trafen sich bereits zum neunten Mal und zeigten Bilder aus ihrer Jugend.

Der Gillitzer-Block in Rosenheim hat eine lange Geschichte. Einen besonderen Stellenwert hat dieser vor allem bei dessen ehemaligen Bewohnern – den „Gillitzer-Kindern“, die dort in den fünfziger Jahren aufwuchsen. Bei deren „Klassentreffen“ gibt es immer die ein oder andere Kuriosität zu erzählen.

Rosenheim – „Also gut: Ich ruf jetzt die ersten drei an. Wenn mir aber schon die absagen, lass ichs bleiben, jetzt und in Zukunft“, dachte sich Irmgard Furtner. Sie bekam aber keine Absagen, sondern hoch erfreute Zustimmung und so kam es, dass es heuer wieder ein Treffen der „Gillitzer-Kinder“ gab. „Gillitzer-Kinder“, das ist eine Gruppe von etwa zwanzig Leuten, die in den fünfziger Jahren im Gillitzer-Block groß geworden waren, der damals noch als komplettes und beeindruckendes Ensemble Rosenheims Stadtzentrum beherrschte.

Treffen der Rosenheimer „Gillitzer-Kinder“: Idee entstand 2002

Auf die Idee, dass man sich treffen könnte, war Irmgard Furtner 2002 gekommen. Damals hatte Karl Mair, zu dieser Zeit noch Stadtheimatpfleger, ein Buch über Thomas Gillitzer und seine Bauten geschrieben, war dadurch in Kontakt mit Irmgard Furtner gekommen. Die wiederum hatte in der Folge die Idee, man könnte doch schauen, ob sich nicht so etwas wie ein „Klassentreffen“ derer organisieren ließe, die damals im Gillitzer Block zusammen spielten.

Das „Klassentreffen“ der „Gillitzer-Kinder“ bringt immer die ein oder andere lustige Anekdote von früher hervor.

Es gelang und bis 2017 traf man sich in losen Abständen acht Mal. Dann, als eventuell ein neuntes Treffen angestanden wäre, war Corona da und Irmgard Furtner schon überzeugt, dass nicht nur der Gillitzer Block, sondern auch die Treffen der Gillitzer-Kinder Geschichte wären.

Gruppe von Achtzigjährigen

Das aber sind sie offenbar keineswegs, wie sich am Montag, 19. Juni, zeigte. Im Gegenteil: Einer der Gruppe, Horst Kaluza, schlug vor, man sollte in Zukunft die Zeitabstände solcher Treffen deutlich verkürzen, „sonst kann es passieren, dass wir für die weiteren auf die nächste Reinkarnation warten müssen“. Ein Vorschlag, der von allen anderen sehr positiv aufgegriffen wurde, auch die Idee, man könnte doch auch mal in Berchtesgaden treffen, wo Horst Kaluza zu Hause ist, fand Zuspruch. Woraus man sieht: diese Gruppe von Achtzigjährigen ist keinesfalls rückwärtsgewandt und in Erinnerungen eingesponnen, sondern aktiv und unternehmungslustig.

Mit dabei sind auch immer alte Bilder und Berichte.

So kommt es auch, dass man bei den Treffen beileibe nicht nur über Kindheit und Jugend spricht, sondern mehr über das Jetzt und dabei über Gott und die Welt: Themen gibt es, wenn sich zwanzig Leute treffen, die sich länger nicht mehr gesehen haben, ja mehr als genug. Gelacht wird viel. Denn immer wieder werden Anekdoten erzählt, wie etwa die Geschichte, wie Artur Schneider in die Gruppe fand.

Geschichten über den Wandel im Gillitzerblock

Der wohnt mittlerweile in Salzburg und war dort in einer Wirtschaft zufällig auf Horst Kaluza getroffen und mit ihm ins Gespräch gekommen. Man fragte sich nach der Herkunft, stellte zunächst fest, dass man jeweils seine Wurzeln in Rosenheim hatte – und zwar im Gillitzerblock. Dabei kam auch heraus, dass die beiden zwar in verschiedenen Aufgängen, aber dennoch im Grunde Wand an Wand gewohnt hatte, so dass Horst Kaluza feststellte: „Dann bist Du der, der immer so falsch Klavier gespielt hat“.

Ganz außen vor ist die Rückbesinnung auf die Jugend im Gillitzerblock bei den Treffen deshalb nie, zu zahlreich die Erinnerungen und vor allem – zu positiv. Das Leben sei damals weniger hektisch, rein schon vom Verkehr her, aber nichtsdestotrotz städtisch gewesen, sagt Irmgard Furtner. „Es war einfach immer etwas los“. Denn Thomas Gillitzer wollte mit seinem Gebäudekomplex, der um die Jahrhundertwende entstand, städtisches Leben im Münchner Format nach Rosenheim holen. Weshalb es darin nicht nur viele Geschäfte und Gewerbe gab, sondern auch ein Hotel und vor allem jede Menge Wohnungen.

Denn damals war eine Innenstadt, die nach Geschäftsschluss verödet, undenkbar und absolut nicht vereinbar mit städtischem Leben. Für Leben sorgte nicht zuletzt das Kino, das es ebenfalls im Komplex gab. Irmgard Furtner hat ein Bild aus dem Jahr 1959, das vor dem Eingang eine dicht gedrängte Menschenmenge zeigt – gespielt wurde damals der Tiger von Eschnapur. Gleichzeitig gab es aber auch schon das, was später die große Konkurrenz der Kinos werden sollte: Josef Mitterpleininger erinnert sich an das erste Radio- und Fernsehgeschäft Rosenheims, das im zweiten Stock in einer ehemaligen Wohnung zu finden war.

Im Einklang mit dem Jetzt

Im Grunde ist so der Gillitzerblock für die „Gillitzer-Kinder“ nie abgerissen worden. Er lebt fort, aber nicht in wehmütigem Rückbesinnen, sondern als lebendige Erinnerung an einen schönen und gemeinsamen Lebensabschnitt. Eine Erinnerung die, und das ist das ganz besondere an dieser fidelen Truppe, sich nicht im Früher verliert, sondern durchaus lebendig mit dem Jetzt im Einklang steht.

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