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Dialogforum zu den Folgen der Coronapandemie

„Familien im Krisenmodus“: So will die Stadt Rosenheim Kindern in Zukunft besser helfen

Das Jugendamt der Stadt Rosenheim will sich dafür rüsten,  Familien in Krisensituationen wie der Corona-Pandemie künftig besser helfen zu können.
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Die Stadt Rosenheim will sich dafür rüsten, Familien in Krisensituationen, wie der Corona-Pandemie, künftig besser helfen zu können. Links: Symbolfoto. Rechts oben im Bild: Erwin Lehmann, Kreisgeschäftsführer der Caritas Rosenheim. Rechts unten: Christian Meixner, Jugendamtsleiter der Stadt Rosenheim.

Die Coronapandemie hat Kinder und Jugendliche vor Herausforderungen gestellt. Die Stadt Rosenheim hat deswegen nun zu einem Dialogforum mit allen sozialen Trägern eingeladen. Das Ziel: gemeinsam Lösungsstrategien entwickeln, um Familien besser helfen zu können. Dies sind die ersten Ergebnisse.

Rosenheim - Kontaktverbote, eingeschränkte Freizeit- und Sportangebote und monatelanges Homeschooling. Die Coronapandemie war vor allem für Kinder und Jugendliche eine Belastung. Die Folgen daraus reichen von körperlichen über psychische bis hin zu schulischen Problemen. Die Stadt Rosenheim hat deswegen zu einem Dialogforum, bei dem sich Vertreter aus Jugendhilfe, Wirtschaft, Vereinen, Politik, Polizei sowie Schulen und Verwaltung über die Möglichkeiten schnellerer und besserer Hilfe für Kinder austauschen konnten, eingeladen. Auch, weil die aktuellen Krisen den Experten Sorgen bereiten.

Zunahme von psychische Krankheiten bei Kindern

„Die Coronapandemie hat zu Spannungen in den Familien geführt“, betont Christian Meixner, Jugendamtsleiter der Stadt Rosenheim. Mitentscheidend sei gewesen, dass viele Eltern selbst vor Unsicherheiten gestanden hätten und sich dies auf die Kinder übertragen habe. Und diese psychischen Mehrbelastungen seien wiederum ein Grund für die „zunehmenden seelischen Problemen“ bei den Jüngsten.

Das Jugendamt der Stadt Rosenheim mit Leiter Christian Meixner hat zum ersten Dialogforum eingeladen, um die Folgen der Coronapandemie für Kindern zu besprechen und für künftige Ereignisse besser gerüstet zu sein.

„Auch wenn wir bisher keine explodierenden Jugendhilfefälle haben, haben psychischen Krankheiten wie Essstörungen oder auch die Vereinsamung bei Kindern um rund zehn Prozent zugenommen“, sagt Meixner.

Die Ursache hierfür ist für Erwin Lehmann, Kreisgeschäftsführer der Caritas Rosenheim, klar: „Das gemeinsame und soziale Miteinander ist aus dem Lot geraten.“ Durch die zeitweisen Kontaktbeschränkungen sei „schlagartig etwas weggebrochen“. „Man muss bedenken, dass es für eine gute kindliche Entwicklungen mehrere Pfeiler braucht“, sagt Lehmann. Nicht nur die Familie sei wichtig, sondern auch der Kontakt zu Gleichaltrigen oder die Teilnahme an Interessensgruppen wie Sportvereinen. Ohne dieses Angebot haben sich Lehmann zufolge Kinder und Jugendliche in den vergangenen Jahren immer mehr zurückgezogen. „Das bietet gewissen Erkrankungen Platz, und die sozialen Kompetenzen der jungen Menschen werden weniger“, betont der Rosenheimer Caritaschef.

Diese Entwicklung stellen auch die Verantwortlichen an den Schulen fest. Die mangelnden Sozialkompetenzen fielen den Lehrkräften aller Schulformen auf, berichtet Markus Kinzelmann, Direktor des Rosenheimer Schulamts. „Der Umgangston auf den Pausenhöfen ist ruppiger geworden, da insbesondere jüngere Schüler bestimmte Sozialformen wieder verlernt haben.“

Mehr soziale Konflikte in den Schulen

Dies sei allerdings nicht die einzige Folge der Coronajahre. „Die schulischen Leistungen sind schlechter geworden. Es ist ein Bildungsrückstand festzustellen“, sagt Kinzelmann. Dies betreffe vor allem Kinder, die vorher schon viele Probleme in der Schule gehabt hätten. Sehr auffällig sei, dass die Konzentrationsfähigkeit der Schüler stark nachgelassen habe. „Das kommt wahrscheinlich durch das Homeschooling“, vermutet der Schulamtsdirektor. Es sei etwas anderes, mehrere Stunden lang der Lehrkraft im Klassenzimmer zu folgen, als vor einem Bildschirm in den eigenen vier Wänden mit jeder Menge Ablenkungsmöglichkeiten zu sitzen.

„Man sieht, wir haben jetzt einen Punkt erreicht, an dem wir auch präventiv mehr unternehmen müssen“, sagt Meixner. Denn er glaubt, dass die Problemlagen eher zunehmen werden. „Die Krisen und Ängste hören gerade nicht auf, die Familien sind ausgelaugt und kommen aus dem Krisenmodus nicht mehr heraus.“ Und die Bewältigung dieser Krisen gehe nur gemeinsam. Auch deshalb habe die Stadt das Dialogforum einberufen.

Gemeinsamen „Fahrplan“ entwickeln

Hauptziel der Veranstaltung sei, dass sich die Teilnehmer über ihre Erfahrungen während der Pandemie austauschen und Workshops, die „Prototypenwerkstätten“, für eine engere Zusammenarbeit bilden, wie ein Sprecher der Stadt auf Anfrage mitteilt. Dazu wurden sechs Arbeitsgruppen geschaffen, in denen die wesentlichen Probleme der bestehenden Kommunikation und Vernetzung herausgearbeitet und im Anschluss nach ihrer Wichtigkeit bewertet wurden. „Wir müssen die soziale Arbeit anders aufs Gleis stellen und Konzepte entwickeln, wie diese im Einzelfall eingesetzt werden können“, betont Lehmann.

Beispiele hierfür seien die Weiterentwicklung der Schule zum inklusiven Lebensraum oder die Verbesserung der Erreichbarkeiten bei Hilfestellen. „Wenn bei uns eine Familie mit einem Problem kommt, muss klar sein, mit wem wir hier kurzfristig zusammenarbeiten können“, stellt Meixner heraus. Welche weiteren Maßnahmen umgesetzt werden, könne erst dann gesagt werden, wenn konkrete Ergebnisse der Workshops vorlägen, so der städtische Sprecher. Für Erwin Lehmann steht allerdings eines über allem anderen. „Wir müssen es schaffen, dahin zu kommen, dass wir nicht erst dann reagieren, wenn schon etwas passiert ist.“

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