Barbara Buisset hilft in ganz Europa
Tränen und Dankbarkeit: Wie eine Rosenheimerin (80) Frauen mit Brustkrebs wieder Mut schenkt
Mit 80 Jahren noch um die Welt reisen, um Frauen zu helfen? Für viele undenkbar, aber für Barbara Buisset ist das ihr Beruf. Sie will Frauen helfen, die sich nach einer Brustabnahme-OP wieder wohlfühlen möchten. Wie sie das schafft und was die größten Herausforderungen sind.
Rosenheim – Eine Mutter von fünf Kindern steht vor dem Spiegel und weint. Sie will den Blick nicht mehr abwenden. Seit längerer Zeit fühlt sie sich wieder schön und weiblich. Es ist noch nicht lange her, da wurde ihr eine Brust abgenommen. Denn die Frau hatte Brustkrebs. Mit nur einer Brust fühlte sie sich nicht mehr wohl. Dank Barbara Buisset hat sich das nun geändert. Die Rosenheimerin reist in ärmere Länder Europas und spendet Brustprothesen und die zugehörigen BHs.
Buisset arbeitete viele Jahre als Krankenschwester. Sie besuchte Seminare, rund um das Thema Brustkrebs. In vielen Ländern sei es immer noch ein Tabuthema. Damit möchte sie nun brechen. Erreichen will sie das zusammen mit der Firma „ABC Breast Care“ in Neubeuern. Mit Brigitte Stickling und Rosi Stehböck hilft sie Frauen, die bei einer Brustkrebs-Operation eine oder beide Brüste abgenommen bekommen haben. Für die Frauen stellen sie kostenlos passende Prothesen und BHs zur Verfügung.
Für Buisset ist diese Arbeit etwas Besonderes. „Es sind Erlebnisse, die ich kaum beschreiben kann. Aber wenn wir von den Frauen umarmt oder geküsst werden, dann motiviert uns das“, sagt sie. Seit 15 Jahren ist sie nun schon Teil des Teams. Zu Beginn hielt sie Seminare und klärte über die Krebserkrankung auf. Doch mit ihren 80 Jahren wollte sie „etwas kürzertreten“. Und das bedeutet bei ihr, nur noch die Spendenaktionen in den verschiedenen Ländern zu organisieren und vor Ort zu helfen. „Wir reisen in Länder, wo die Versorgung rund um Brustkrebs überhaupt nicht oder nur zum Teil gewährleistet wird“, sagt Buisset.
Viele Herausforderungen in Mazedonien
2019 führte ihre erste Reise die drei Frauen in den Kosovo. Zwei Jahre später ging es für sie nach Albanien und ein Jahr später nach Bulgarien. Während der Corona-Pandemie waren weitere Einsätze nicht möglich. Erst 2023 ging es erneut nach Albanien. Ihr jüngste Reise führte sie im Februar dieses Jahres in die Hauptstadt von Nordmazedonien, Skopje. Dort sahen sie sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert.
Denn den ersten Abflugtag mussten die Frauen verschieben. Die Zollbeamten in Mazedonien wollten die Pakete mit den Prothesen nicht freigeben. Erst nach einiger Zeit konnte alles geregelt werden und die drei Frauen saßen im Februar endlich im Flieger nach Skopje. „Die Pakete waren in einem furchtbaren Zustand. Einige Kartons waren beschädigt und als wir sie aufmachten, waren einige Prothesen mit einem Kugelschreiber angemalt“, sagt Buisset.
In Mazedonien würden die Frauen meist zu spät einen Arzt aufsuchen. Zwar gebe es seit Kurzem die Möglichkeit einer Mammographie, doch die meisten würden diese Untersuchung nicht wahrnehmen. „Die Frauen sind zu diesem Thema noch sehr verhalten“, sagt Buisset.
Das kann ihre Kollegin Brigitte Stickling bestätigen. „Ich hatte eine Frau, die wurde erst vor einem Monat operiert. Als sie den BH mit der Prothese anprobierte, fing sie an zu weinen“, erinnert sich Stickling. hr Mann und ihre drei Söhne können nicht verstehen, dass sie sich ohne Brüste nicht wohlfühlt. Sie habe niemandem zu reden. Das erste Mal habe sie sich verstanden gefühlt. „Es ist uns wichtig, dass nicht nur die äußeren Wunden versorgt werden, sondern auch die seelischen“, sagt Stickling.
Nicht immer ist die Hilfe möglich
Brustimplantate oder der Wiederaufbau der Brust durch eigenes Gewebe sind in Deutschland und USA bekannt. In ärmeren Ländern ist das eher eine Seltenheit. Außerdem haben viele Frauen Angst vor weiteren Operationen oder können es sich nicht leisten. Die externen Prothesen sollen den Frauen dabei helfen, ihr Selbstwertgefühl zu steigern. So war es auch bei den 80 Frauen, die in Mazedonien zusammenkamen. „Man spürt direkt die Solidarität zwischen den Frauen“, sagt Buisset.
Doch nicht immer ist es möglich, den Frauen zu helfen. Für die Organisation schließt sich Buisset mit der Europa Donna Vereinigung zusammen. Das ist eine Frauenselbsthilfegruppe für Krebserkrankungen. In vielen Ländern haben sie eine Niederlassung. Doch nicht von jeder Gruppe erhalten sie eine Rückmeldung auf ihre Anfragen. Und auch bei der Organisation der Reisen kommt die Rosenheimerin oft an ihren Grenzen. Doch sie weiß ganz genau, warum sie ihren Beruf immer noch macht.
„Eine Frau aus Mazedonien ist nach ihrer Versorgung zur Deutschen Botschaft gegangen und hat sich für die Hilfe bedankt“, sagt Buisset. An diesen Moment erinnert sich die 80-Jährige gerne. Auch für Brigitte Stickling ist diese Arbeit etwas Besonderes. Sie übernahm die Leitung der Seminare. In Deutschland und Europa klärt sie nun über die Krankheit auf und zeigt, wie die Prothesen richtig angelegt werden. Bis zu 600 Seminare hält sie im Jahr. „Die offene Kommunikation über das Thema, ist uns sehr wichtig“, sagt Stickling.
Für die Zukunft wünschen sich die Frauen noch mehr helfen zu können und auf die operationsfreie Variante hinzuweisen. Im Jahr versuchen sie ein- bis zweimal in andere Länder zu reisen. Außerdem wollen sie gezielt in ländliche Gegenden reisen, denn dort ist die Gesundheitsversorgung meistens schlechter. Auch der Geschäftsführer von ABC Breast Care, Clemens Rechenberg, ist zufrieden mit der Arbeit der Frauen. „Das ganze Projekt steht und lebt mit den drei Frauen. Sie haben Spaß und Freude an dieser Arbeit und das macht diesen Beruf so besonders“, sagt er.




