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Wie Stephan Walter nochmals durchstartet

Vom Personalmanager zum Meister-Imker: Rimstinger macht Leidenschaft zum Beruf

Auch im Priener Eichental hat der Rimstinger Imker-Meister Stephan Walter Bienenstöcke aufgestellt.
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Auch im Priener Eichental hat der Rimstinger Imker-Meister Stephan Walter Bienenstöcke aufgestellt.

Unterschiedlicher können die Berufswege nicht sein, die Stephan Walter bislang beschritten hat. Nach einer gesundheitsbedingten Zäsur startete er nochmals durch - und machte seine Leidenschaft zum Beruf.

Rimsting – Der Rimstinger Stephan Walter startete als technischer Zeichner im Heizungs- und Sanitärbereich. Nach Zwischenstationen arbeitete er bis 2018 erfolgreich in der Personaldienstleistung im Management als Regionalleiter für Bayern und Baden-Württemberg. Dann gab‘s für den heute 53-Jährigen gesundheitsbedingt eine Zäsur.

Wie er beruflich dann nochmals durchgestartet ist und seine große Leidenschaft „Imkern“ zum Beruf gemacht hat, schildert der Rimstinger im Interview.

Was unterscheidet den beruflichen Imker vom Hobby-Imker?

Stephan Walter: Der Unterschied ist die Betriebsweise. Ein Beispiel: Wenn ein Hobbyimker bei seinen Bienenvölkern steht, nimmt er sich viel Zeit für seine Arbeiten. Der Berufsimker muss seiner Zeitvorgabe folgen, um rentabel arbeiten zu können, zudem ist seine Ausbildung intensiver.

Das heißt, dass sie ertragsorientiert handeln müssen…

Walter: … ja, aber immer auch mit dem Tier-Wohl-Gedanken. Ich lasse den Völkern immer genügend Honig in den Stöcken und schöpfe tatsächlich nur den Überschuss ab. Bei den Berufsimkern gibt es grundsätzlich zwei Varianten in der Betriebsweise: Die eine zielt auf Quantität wie auch Qualität ab, um sehr viel Honig zum Beispiel für die Discounter gewinnen zu können. Die andere setzt auf das Ganzheitliche, das heißt, die gesamte Wertschöpfung der Honigbienen wird genutzt. Und die ist die Umfangreichste im gesamten Tierreich, weil sie von der Königinnenzucht über das Völkervermehren, die Honig-, Propolis- und Qxymelgewinnung, bis zu weiter verarbeiteten Produkten wie Wein oder Essig ein großes Nutzpotenzial hat. So arbeite ich: Statt mehrere 100 Völker einzusetzen, kann ich den gleichen Ertrag mit weniger Bienen erreichen.

Das klingt dennoch nach großem Arbeitsaufwand. Wie bewältigen Sie den in ihrem Ein-Mann-Betrieb?

Walter: Es ist tatsächlich viel Arbeit, deshalb habe ich mich auf das Ganzheitliche der Wertschöpfung festgelegt. Ich betreibe derzeit sechs Standorte, an denen ich meine Stöcke aufgestellt habe. Um sortenreinen Honig produzieren zu können, stehen sie unter anderem in Naturschutzgebieten, in Fichtenwäldern oder auf Blütenwiesen. Wer leben hier Gott sei Dank in einer kleinteiligen Landwirtschaft ohne Agrarindustrie. So wandere ich nicht mit meinen Völkern in Rapsfeldern hinein, um für einen größtmöglichen Ertrag zu sorgen.

Welche Rolle spielt dabei für sie eine Bio-Zertifizierung?

Walter: Ich arbeite zwar nach Bio-Kriterien, habe mir das aber nicht zertifizieren lassen, weil ich aufgrund der landschaftlichen Strukturierung hier eh nur Bio-Honig produzieren kann.

Inwieweit stört Sie vor diesem Hintergrund der Gülleaustrag auf landwirtschaftlich genutzten Grünflächen?

Walter: Grundsätzlich ist das ein Reizthema für mich. Weniger mit direktem Bezug auf die Bienen. Aber was mir ein Dorn im Auge ist, sind die Biogas-Wiesen, die sieben bis acht Mal im Jahr gemäht werden. Beispiel: Ich freue mich morgens, wenn der Löwenzahn auf einer Grünfläche blüht; aber mir blutet das Herz, wenn ich abends dort wieder vorbei fahre, und alles ist niedergemäht worden. Diese grünen Wüsten sind viel schlimmer für die Bienen als irgendwelche Behandlungsmethoden auf den Feldern.

Davon lässt sich ableiten, dass sie ihre Stöcke weiträumig aufstellen müssen, weil den Bienen nur kleine Blühflächen geboten werden…

Walter: …das ist richtig, aber der Flugradius der Bienen beträgt etwa drei Kilometer. In dem Bereich sammeln sie ihren Nektar. Dementsprechend wähle ich auch die Abstände meiner Standorte. Sie sind zudem groß genug, um die Völker aus Zuchtgründen voneinander getrennt zu halten.

Die Bienenstöcke ins Auto und irgendwo in der freien Natur hingestellt – das geht sicherlich nicht.

Walter: Nein, so funktioniert das nicht. Das Schlüsselwort ist Kommunikation. Viele Landwirte sprechen mich an, weil sie die Bestäubungs-Dienstleistung schätzen. Sie sind sehr froh darüber, wenn ich mit meinen Bienen anrücke, weil sie dadurch ihre Erträge sichern und mehren können. Andererseits spreche ich natürlich auch Grundbesitzer an, wenn ich entsprechende Bedingungen in dem Naturraum vorfinde, wo meine Bienen genügend Nektar sammeln können. Voraussetzung für die Auswahl ist natürlich eine gesicherte Anfahrt, damit ich nicht querfeldein die zum Teil schweren Arbeitsgeräte schleppen muss.

Für den Erwerb ihres Meisterbriefes mussten sie allerdings eine längere Anfahrt in Kauf nehmen. Warum haben Sie dafür Wien als Ausbildungsort gewählt?

Walter: Das war einfach eine Distanzfrage, denn die Ausbildung in Deutschland ist beschränkt auf Celle bei Hannover. Zudem ist sie in Österreich als sehr gut bekannt. Ein Vergleich zwischen beiden Ländern macht den Stellenwert etwas deutlicher: Die Österreicher versorgen sich zu 80 Prozent mit eigenem Honig, in Deutschland sind es nur 14 bis 18 Prozent. Ein weiterer Aspekt mit Blick auf den Heidehonig: Rund um Celle im Norden Deutschlands gibt’s relativ viele Berufsimker, hier im Süden bei uns ist der Berufsstand sehr viel weniger bekannt.

Wird ihr österreichischer Meistertitel hier in Deutschland anerkannt?

Walter: Den Meistertitel darf ich hier bei uns führen, denn seit dem Jahr 2020 gibt es den europäischen Qualifikationsrahmen (IQR). Damit solche Prüfungen europaweit vergleichbar werden, wurde der Meistertitel dem akademischen Bachelor gleichgestellt. Das bedeutet, dass ich meinen Titel „Meister Bienenwirtschaft“ auch als „Bachelor Professional in der Bienenwirtschaft“ führen darf.

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