Vom Charme der Dunkelheit
Gegen die Lichtverschmutzung: Umweltpreis für die Paten der Nacht
Licht gibt Sicherheit, setzt in Szene und wird weit über das Notwendige hinaus bei Nacht eingesetzt. Das schadet Mensch und Umwelt, sagt Physiker Manuel Philipp und erklärt im OVB-Interview warum. Selbst der Umweltminister ist interessiert.
Rimsting – Den Umweltpreis der Bayerischen Landesstiftung hat in diesem Jahr die ehrenamtliche Initiative „Paten der Nacht“ bekommen. Gründer Manuel Philipp klärt seit 2019 über die Aufhellung des Nachthimmels, die auch als „Lichtverschmutzung“ bezeichnet wird, auf. Die OVB-Heimatzeitungen haben mit dem 51-jährigen Physiker, der eine Werbeagentur betreibt, über seine Leidenschaft für den Nachthimmel gesprochen und wo die Politik noch was tun könnte.
Herr Philipp, herzlichen Glückwunsch. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Manuel Philipp: Ich freue mich enorm darüber. Es zeigt, dass das Thema Lichtverschmutzung ernst genommen wird. Bei der Preisverleihung kam sogar Barbara Stamm, die Präsidentin der Landesstiftung, auf meine Lebensgefährtin zu und war begeistert von den „Paten der Nacht“. Ich habe viele Gespräche führen können und ich glaube dass das auch eine Auswirkung haben wird.
Haben Sie sich aktiv beworben oder wird man ausgewählt?
Philipp : Wir haben uns nicht aktiv beworben. Der Landesverband für Vogelschutz, Severin Ohlert von den Grünen in Bernau und ein Ingenieur aus München, mit dem wir kooperieren, haben uns vorgeschlagen.
Wie sind Sie selbst auf das Thema Lichtverschmutzung gekommen?
Philipp: Ich biete ja Sternenführungen an und bin damit auf der Winklmoosalm gelandet. Dort ging es anfangs darum, sich als Sternenpark zertifizieren zu lassen. Ein Aspekt der Zertifizierung ist Lichtverschmutzung. Ich habe also mit allen Betrieben auf der Winklmoosalm über Licht sprechen müssen.
Mit unterschiedlichen Reaktionen: Zum Teil mit großen Augen, andere sehen einen eher entgeistert an. Das war ja ein ganz neues Thema dort oben. Auf der Winklmoosalm ist so ein Sternenhimmel ja völlig normal. Andere reisen extra für die Führungen aus Frankfurt oder Niederbayern an – das ist total kurios.
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Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
Philipp: Bei den Führungen habe ich darauf hingewiesen und festgestellt, dass viele Menschen sich dafür interessieren. Das Thema ist emotional sehr aufgeladen – es geht vielen Menschen auch um Kriminalität und Schutz davor in der Nacht. Ich habe dann einen Flyer erstellt, allerdings habe ich dann gemerkt, dass ich dort nicht alles unter bekomme. Dann kam die Website, wurde ein Projekt von vier Leuten. So kam es, dass die Paten der Nacht entstanden sind.
Wie haben sich die Paten der Nacht entwickelt?
Philipp: Die Firma Siteco aus Traunreut hat uns angefragt, ob wir ihre Straßenbeleuchtung zertifizieren. Das ist interessant für uns, wenn sich Kommunen dann für schonendere Beleuchtung entscheiden.
Außerdem haben wir im Oktober die Bayerische Umweltmedaille gewonnen. Infolgedessen hatte ich ein Gespräch mit Umweltminister Thorsten Glauber (FW), der sich sehr offen für das Thema Lichtverschmutzung zeigte. Inzwischen bin ich externer Berater am Umweltministerium. Einen kleinen Zeh habe ich also in der Tür! (lacht) Es geht ja dabei auch um das Thema Energie – schließlich hat viel Licht lediglich Zierzwecke.
Was müsste die Staatsregierung tun, damit sich die Lichtverschmutzung verbessert?
Philipp: Derzeit gibt es zwei Gesetze, die durch das Volksbegehren zur Rettung der Bienen eingeführt wurden. So sind Himmelsstrahler verboten. Es ist aber nicht geklärt, was Himmelsstrahler genau sind. In Prien werden große Bäume von unten nach oben beleuchtet, und das auch im Winter. Sind das schon Himmelsstrahler? Außerdem müssen Leuchtlogos besser reguliert werden. Nur Menschen werden derzeit geschützt, nicht aber Insekten oder Pflanzen. Solange kein Mensch betroffen ist, kann man rechtlich nichts machen. Hier ist vieles noch unpräzise. Werbebeleuchtung ist im Außenbereich verboten, aber mir ist kein Fall bekannt, bei dem das verfolgt wird. Da gibt es viel Nachholbedarf.
Als ich von der Preisverleihung nachts nach Hause gefahren bin, habe ich schon wieder drei Kirchen nachts beleuchtet gesehen. Das ist auch verboten.
Was als Lichtverschmutzung gilt und welche Folgen sie hat:
Unter Lichtverschmutzung – auch Lichtmüll oder Lichtsmog genannt – versteht man die Aufhellung des Nachthimmels durch menschengemachtes künstliches Licht. Lichtverschmutzung entsteht durch diejenigen Licht-Anteile, die in ihrer Helligkeit maßlos überdimensioniert sind, nutzlos im Dauerlichtmodus leuchten und/oder nur zur Zierde etwas anstrahlen. Schon lange dient Licht nicht mehr nur der Sicherheit wie zum Beispiel bei Wege- und Straßenbeleuchtung, sondern wird für die Ausübung von Freizeitaktivitäten genutzt. Beispiel dafür sind Fußballplatzbeleuchtung, Nachtskifahren/-rodeln, Open-Air-Veranstaltungen, Konzerte und so weiter. Vor allem aber exzessiv als Werbebeleuchtung und zur Zierde. So werden Häuser, Gebäude, Kirchtürme, Fassaden und Brücken dauerbeleuchtet sowie Bäume, Sträucher, Hecken, Gärten und Teiche mit hellem Licht in Szene gesetzt.
Lichtverschmutzung führt bei Menschen zu Schlafstörungen und Schlafmangel. Nachtaktive Lebewesen werden in ihren nächtlichen Aktivitäten gestört bei Bestäubung, Fortpflanzung und Futtersuche. Es kommt zu Verhaltensänderungen, Verschiebungen von Räuber-Beute-Beziehungen und Dezimierungen von Lebensräumen und/oder Beständen. Für unzählige Insekten wird Licht sogar zur tödlichen Falle.
Bei sehr vielen Pflanzen kommt es zur Störung des Produktions-Rhythmus von Duft und Nektar. Oder es verschiebt sich der jahreszeitliche Vegetationsrhythmus. Bäume beispielsweise blühen früher und werfen im Herbst ihr Laub zu spät ab – vor allem diejenigen, die direkt an oder unter hellen Lichtquellen wie Straßenlaternen stehen. Das viele Licht suggeriert ihnen, es sei immer noch Sommer. Frostschäden sind die Folge. Quelle: Paten der Nacht