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Biodiversität in der Stadt

„Rettet die Bienen“: Was Rosenheim für das Überleben der Insekten tut

Gräser und Wiesenklee blühen auf den Wiesen an den Dämmen des Inns in Rosenheim. 
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Gräser und Wiesenklee blühen auf den Wiesen an den Dämmen des Inns in Rosenheim. 

Spätestens seit dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“ ist Artenvielfalt in aller Munde. Auch die Stadt Rosenheim bemüht sich, Insekten mehr Lebensräume zu schaffen. Aber auch auf kleinen Flächen kann man etwas tun.

Rosenheim – Eine einfache Lösung gibt es nicht, erklärt Ralf Seeburger. Jede Fläche ist anders, manchmal jeder Quadratmeter. Eine kleine Senke sorgt dafür, dass der Boden dort feuchter ist, sich manchmal sogar Wasser sammelt und temporär kleine Teiche entstehen. Ein ideales Gebiet für Frösche zum Laichen, sagt Seeburger. „Wobei die auch gerne in den Reifenabdrücken von LKWs ablaichen, die sind da nicht besonders wählerisch – oder besonders klug“. Seeburger ist Amtsleiter im Umwelt- und Grünflächenamt Rosenheim und damit auch zuständig für die vielen Projekte, die die Biodiversität fördern sollen.

„Die Flächen sind gar nicht so klein“, sagt Seeburger. Zum Beispiel beim Projekt „Biodiversität an den Uferböschungen/ Dämmen“ etwa geht es um immerhin etwa 12 Hektar. Die Dämme werden nun seit zwei Jahren umgerüstet. „Neu anlegen würde schneller und billiger gehen“, aber man will nicht bestehende Ökosysteme zerstören.

Die Landwirtschaft hängt von Insekten ab

Seit einigen Jahren ist nun das Thema Biodiversität in aller Munde. Zählungen von Insekten und vor allem das Bürgerbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“ besser bekannt als „Rettet die Bienen“ haben das Thema auf die politische Agenda gehoben. In Bayern hat sich zwischen 2008 und 2017 die Insektenbiomasse auf Grünflächen um zwei Drittel verringert, in Wäldern um 40 Prozent. Von rund 14 000 untersuchten Insektenarten sind 4600 auf der Roten Liste des Bundesamts für Naturschutz. Dabei könnten noch viel mehr auf der Liste stehen, schließlich gibt es in Deutschland über 30 000 Insektenarten.

Die Folgen sind immens: Viele Vögel, Eidechsen und Frösche haben Probleme genug Nahrung zu finden, Wiesen und Felder verarmen. Schließlich sind mehr als 85 Prozent aller Pflanzen der Welt abhängig von Bestäubung. Auch viele Lebensmittel wie Äpfel, Avocados oder Karotten sind auf Bienen, Schmetterlinge und auch Wespen angewiesen.

Die Ursachen des Insektensterbens sind menschengemacht: Überdüngung, Pestizide, versiegelte Böden und eine allgemeine Verarmung der Landschaft. Die Felder sind größer, Steinmauern oder Bäume sind auf den Feldern kaum noch zu sehen. Das ist freilich in Rosenheim selbst nicht so, aber das Prinzip lässt sich durchaus übertragen: In vielen Gärten und Balkonen wachsen die gleichen Pflanzen – oft auch solche mit gefüllten Blüten wie Rosen, Tulpen oder Geranien. Für Bienen gibt es bei denen nichts zu holen.

Im zweiten Jahr kommt manchmal nichts

An der Mangfall etwa hat das Grünflächenamt zusammen mit der Stadtgärtnerei Nelken und Klappertöpfe gepflanzt. Der Boden hat sie gut angenommen. Auf allen Flächen gibt es standortangepasstes Saatgut. Und das wird genau beobachtet. Eine Biologin macht eine floristische Kartierung und trägt auch – wenn auch nur nebenbei – die Fauna mit ein. So lässt sich feststellen, was funktioniert und was nicht. Ein genaues Monitoring erfolgt nach etwa sieben Jahren.

Dazwischen sieht das auch nicht immer gleich nach blühender Wiese aus: „Zuerst kommt der Klatschmohn, das ist ein Pionier“, erklärt Seeburger, „und die Menschen freuen sich, weil alles so schön rot leuchtet.“ Aber im zweiten Jahr kommt manchmal nichts nach, das dauert etwas.

Die Akzeptanz der Bevölkerung ist groß

„Da gibt es schon manchmal Beschwerden aus der Bevölkerung“, erzählt der Umweltingenieur. Auch weil die Flächen oft ungeordnet und chaotisch aussähen. Aber insgesamt sei die Akzeptanz in der Bevölkerung groß und das Bewusstsein sei da: „Manchmal bekommen wir böse Emails, warum denn eine Fläche gemäht worden sei. Meistens war das dann gar nicht unsere Fläche.“

Mähen ist ein großes Thema. Wird zu früh gemäht, sterben viele Blumen vorzeitig ab. Bei den meisten Wiesen sollte nur einmal im Jahr gemäht werden, wenn bereits alles verblüht ist. Also im September. Gleichzeitig ist eine ungemähte Wiese natürlich kein Aufenthaltsort. „Ich empfehle im heimischen Garten Streifen zu Mähen“, erzählt Seeburger. Damit habe man einerseits einen schönen optischen Effekt, weil es von der Terrasse immer noch nach Blumenwiese aussehe, und gleichzeitig könne man dennoch barfuß durch den Garten gehen.

Viele Prinzipien, die Seeburger und seine Kollegen anwenden, lassen sich auch auf den heimischen Garten anwenden. Pflanzen, die zu unterschiedlichen Zeiten blühen. Oft würden Bienen im Spätsommer verhungern, weil es für sie keine Nahrungsquellen mehr gibt. Linden, Weiden oder Wildrosen blühen spät und bieten viel Nahrung für Bienen, empfiehlt Seeburger. „Natürlich lässt sich die Biodiversität nicht allein im heimischen Garten retten, aber das klein-klein hilft auch.“

Auch Gräber eigneten sich. Salbei etwa erfordere wenig Pflege, blühe schön und sei dazu ein Immergrün. Insgesamt sei aber bei den privaten Flächen schon viel passiert: „Wenn man beim Discounter Insektenhotels kaufen kann, dann ist Artenvielfalt offensichtlich im Trend.“

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